Die Anlageklasse Immobilien bleibt ein wichtiger Anker in den Portfolios der Deutschen. Für das kommende Jahr lohnt sich ein kritischer Blick auf die unterschiedlichen Immobilien-Trends in Deutschland und Europa.
12.12.2025 | 14:00 Uhr von «Matthias von Arnim»
Der europäische Immobilienmarkt hat turbulente Jahre hinter sich. Nach sehr niedrigen Zinsen, einem abrupten Zinsanstieg und deutlichen Preisrückgängen steht 2026 nun im Zeichen der vorsichtigen Erholung. Doch diese Erholung trifft nicht überall gleichzeitig ein. Während in manchen Regionen die Preise wieder anziehen, kämpfen andere Märkte noch mit Leerstand, hohen Sanierungskosten und Zurückhaltung der Banken. Und so sieht es derzeit aus…
In Deutschland zeigt sich der Immobilienmarkt 2026 zwar insgesamt etwas stabiler als noch in den Vorjahren – allerdings nicht in allen Segmenten. So bleibt im Wohnsegment zwar die Nachfrage groß, während zu wenig gebaut wird. Analysten erwarten deshalb, dass sich die Mieten und Kaufpreise in den Metropolen leicht nach oben bewegen. Viele Fondsmanager sprechen von verlässlichen Einnahmen und vorsichtig steigenden Preisen. Ganz anders sieht es jedoch bei Gewerbeobjekten aus. Das vergleichsweise kleine Segment der modernen Logistikzentren und gemischt genutzten Quartiere sind gefragt. Insgesamt bleibt der deutsche Büroinvestmentmarkt aber weiter unter Druck. Mit einem Transaktionsvolumen von rund 1,9 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2025 liegt das Ergebnis rund 78 Prozent unter dem zehnjährigen Durchschnitt.
Der Rückgang verweist nicht nur auf eine weiterhin verhaltene Nachfrage, sondern zunehmend auch auf ein strukturelles Ungleichgewicht: ein wachsender Verkaufsüberhang bei gleichzeitig unzureichender Preisanpassung auf Verkäuferseite. „Für Eigentümer bedeutet das: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zu handeln und realistische Preisniveaus zu akzeptieren. Wer zu lange zögert, riskiert schlechtere Konditionen im wachsenden Verkaufswettbewerb“, sagt Karsten Nemecek, Deutschland-Chef des Immobilienhauses Savills.
Insbesondere ältere Bürogebäude, die hohe Sanierungskosten verursachen oder nicht mehr in moderne Arbeitswelten passen, gerieten zunehmend unter Druck. Ratingagenturen warnen, dass viele dieser Gebäude ohne große Umbaumaßnahmen ab 2026 kaum noch vermietbar sein werden. „Wir stehen vor enormen Herausforderungen bei Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Gebäudesektor. Insbesondere Bestandsobjekte müssen rasch und nachhaltig modernisiert werden, sonst drohen Wertverluste“, warnt Stefan Klepzig, Strategic Sales Director Real Estate bei Schneider Electric.
Laut einer aktuellen PwC-Studie präsentiert sich Europa aktuell als Immobilienmarkt der vielen Geschwindigkeiten: In Nordeuropa und den Benelux-Staaten läuft die Erholung demnach am rundesten. Dort wurden die Preisrückgänge der vergangenen Jahre schneller verarbeitet, und viele Investoren kehren zurück. Südeuropa bleibt vor allem als Wohn-, Tourismus- und Logistikstandort interessant. Länder wie Spanien und Portugal profitieren von starkem Wirtschaftswachstum und hoher Nachfrage – auch von Käufern aus Deutschland, Frankreich und den USA. Schwieriger ist die Lage in Großbritannien und Frankreich, besonders in London und Paris. Beide Städte leiden immer noch unter hohen Leerständen im Bürobereich. Gleichzeitig ergeben sich zunehmend interessante Chancen für Investoren, die gezielt in sanierungsbedürftige oder günstig bewertete Gebäude einsteigen wollen. In Osteuropa zeigen Städte wie Warschau oder Prag weiterhin eine stabile Nachfrage. Außerhalb solcher Metropolregionen bleibt der osteuropäische Markt jedoch eher schwach – vermutlich auch aus Gründen, die in der unsicheren geopolitischen Entwicklung zu suchen sind.
Wer 2026 investieren will, schaut vor allem auf die sogenannten „Prime-Yields“ – also die Renditen für die besten Objekte in Toplagen. In Deutschland liegen diese Werte aktuell in folgenden Bereichen: Für Wohnimmobilien in Großstädten erwarten Research-Häuser wie CBRE, JLL oder Knight Frank eine Rendite von durchschnittlich 3,3 bis 3,5 Prozent, für Logistikimmobilien etwa 4,4 bis 4,5 Prozent und für moderne Büroimmobilien in Toplagen 4,5 bis 5 Prozent per annum, je nach Stadt. Die Analysten rechnen damit, dass hochwertige Objekte in guten Lagen etwas teurer werden könnten – und die Renditen entsprechend leicht sinken. Ältere und unsanierte Immobilien müssten im Gegensatz dazu weiterhin höhere Renditen bieten, um Käufer zu finden.
Der europäische Vergleich zeigt ein breiteres Spektrum: Skandinavische Länder bieten oft nur niedrige Renditen, weil das Angebot knapp und die Nachfrage hoch ist. Großbritannien und Frankreich hingegen bieten im Bürobereich zum Teil höhere Renditen.
Die Zahl der Immobilientransaktionen in Europa war in den vergangenen Jahren deutlich eingebrochen. Laut MSCI lagen die Volumina 2024 bei knapp 189 Milliarden Euro – deutlich weniger als in den Boomjahren. 2025 zeigte sich eine leichte Stabilisierung, aber große Schwankungen. Für 2026 gehen CBRE, PwC und MSCI davon aus, dass wieder etwas mehr gekauft und verkauft wird. Der Grund: Banken sind wieder etwas großzügiger bei Krediten, und Käufer und Verkäufer kommen sich bei den Preisvorstellungen langsam wieder näher.
Fazit: 2026 wird wohl kein Jahr der breiten Erholung, sondern eher das Jahr eines selektiven Aufschwungs. Wohnimmobilien in Deutschland und Nordeuropa führen den Markt in eine stabile Phase. Anlageberater, die in diesem Bereich über ausgewiesene Expertise verfügen, können ihren Kunden guten Gewissens Direktinvestments empfehlen. Gewerbeimmobilien sind im Gegensatz dazu derzeit eher ein schwieriges, komplexes Thema. Nur Teilsegmente, wie etwa moderne Logistik-Immobilien, entwickeln sich sehr positiv. Märkte wie Großbritannien oder Frankreich bieten aufgrund zuletzt gesunkener Preise enorme Chancen – aber nur für Investoren mit langem Atem, die bereit sind, Risiken aktiv zu managen und Transformationskosten einzukalkulieren.
Hier gehts zu Teil 1 der Serie TiAMFundResearch Jahresausblick: Aktien
Hier gehts zu Teil 2 der Serie TiAMFundResearch Jahresausblick: Anleihen
Hier gehts zu Teil 3 der Serie TiAMFundResearch Jahresausblick: Gold und Silber
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