Die Preise für Gold und Silber sind in den vergangenen Monaten durch die Decke gegangen. Die Frage ist: Ist das eine Preisblase? Oder erst der Anfang einer längeren Edelmetall-Hausse?
28.11.2025 | 10:00 Uhr von «Matthias von Arnim»
Gold galt bisher traditionell vor allem als Krisenwährung. Drohten an den Wertpapier- und/oder Devisenmärkten größere Verwerfungen, schichteten Anleger in den vergangenen Jahrzehnten ihr Kapital gerne in Goldbestände um. Sicher ist sicher. Gold ist ein begrenztes Gut – und damit wertvoll. Ging es mit den Kursen an den Kapitalmärkten wieder bergauf, konnten Anleger ihre Goldvorräte im Depot wieder abbauen und in Anlagen zurückschieben, die Dividenden oder Zinsen versprachen.
Inzwischen scheint sich der Blick aufs Edelmetall jedoch erweitert zu haben: Gold ist nicht mehr nur ein „sicherer Hafen“, sondern es hat sich zu einem strategischen Reserveinstrument entwickelt. Zentralbanken kaufen seit Jahren in großem Umfang Gold und haben damit die strukturelle Nachfrage danach deutlich erhöht — ein Faktor, den der World Gold Council und internationale Medien in ihren Analysen als Schlüsseltreiber identifizieren. Laut World Gold Council haben die Notenbank-Käufe Gold vom reinen Inflationsschutz hin zum Bestandteil aktiver Reserven gemacht. Auf dieser Basis haben große Institute ihre Prognosen kräftig nach oben gezogen.
Die Analysten der Bank of America etwa sehen den Goldpreis im Laufe des Jahres 2026 auf bis zu 5.000 US-Dollar pro Feinunze steigen — eine Zahl, die Marktteilnehmern signalisiert: die Schwelle von 4.000 Dollar war kein Ausreißer, sondern Ausdruck fundamentaler Kräfte. Die Experten von Goldman Sachs rechnen konservativer, erwarten aber ebenfalls nennenswerte Zugewinne: die Research-Teams sehen Gründe für zusätzliche Aufwärtsbewegungen, wenn sich geldpolitische Risiken, insbesondere weitere Zinssenkungen der US-Notenbank Fed und anhaltende Kaufprogramme der Notenbanken, verbinden.
Warum diese Zuversicht? Drei Gründe dominieren die Argumentation: erstens eine länger anhaltende Periode relativ hoher nominaler (und damit perspektivisch auch realer) Unsicherheit, die Anleger in nicht-verzinsliche, liquide Werte treibt. Zweitens die Möglichkeit fallender oder zumindest nicht weiter steigender Realzinsen, die Gold attraktiver machen. Drittens geopolitische Verschiebungen und der Trend zur Diversifikation außerhalb des US-Dollar-Zentrismus — Stichwort „De-Dollarization“. Jeff Currie, lange prägender Kopf in der Rohstoffforschung und seit Jahren Chefanalyst in diesem Bereich bei Goldman Sachs, bringt diese Dynamik auf den Punkt: „Gold profitiert nicht nur von Inflationserwartungen, sondern von einer breiten angelegten Neuordnung von Währungsreserven und Portfolios“ so Currie.
Anleger, die davon überzeugt sind, dass sich die Gold-Hausse auch in den kommenden Monaten oder vielleicht sogar Jahre fortsetzt, können entweder mithilfe von ETCs, die Goldbarren kaufen, direkt von einer möglichen Preissteigerung bei Gold profitieren. Oder sie investieren in Goldminenfonds, die empfindlicher auf Preisbewegungen des Edelmetalls reagieren. Denn Minengesellschaften haben fixe Förderkosten. Dadurch entsteht ein Bewertungshebel bei ihrer Bewertung. Konkretes Beispiel: Wenn ein Minenunternehmen Produktionskosten („All-in Sustaining Costs“) von 1.500 US-Dollar hat, erzielt es bei einem Goldpreis von 3.500 US-Dollar eine Marge von 2.000 US-Dollar. Steigt der Preis jedoch auf 4.500 US-Dollar, dann wächst die Marge auf 3.000 US-Dollar – ein Gewinnsprung um 50 Prozent, während der Goldpreis nur um 28,6 Prozent gestiegen ist. Dieser Hebeleffekt erklärt, warum Goldminenfonds in Boomphasen regelmäßig besser abschneiden als Gold selbst.
Ein Beispiel für einen ETC, der in Gold investiert, ist der iShares Physical Gold EUR Hedged ETC (ISIN IE0009JOT9U1). Bei diesem ETC sorgt eine Währungsabsicherung dafür, dass europäische Anleger auch vor einem Preisverfall des Dollar keine Angst haben müssen. Dies ist beim Thema Gold eine Überlegung wert, denn oft entwickeln sich Gold und US-Dollar entgegengesetzt zueinander.
Ein Beispiel für einen Goldminenfonds, der in den vergangenen Jahren mit seiner starken Performance überzeugt hat, ist der Bakersteel Global Funds SICAV - Precious Metals A (ISIN LU1128909121). Der Fonds war zuletzt auch deshalb so erfolgreich, weil er unter anderem in Minengesellschaften investiert, die Silber fördern. Ähnliches gilt in noch größerem Umfang für den Jupiter Gold & Silver Fund (ISIN IE00BYVJR809). Ned Naylor-Leyland und Chris Mahoney managen diesen Fonds seit Jahren unter der Prämisse, physisches Gold und Silber mit einem Mix aus Minengesellschaften zu kombinieren und unter einem Fondsdach zu vereinen. Der Fonds gehört aktuell zu den erfolgreichsten seiner Vergleichsgruppe.
Und da sind wir auch schon beim Thema Silber. Das Edelmetall wird nicht nur als Wertreserve und zur Herstellung von Schmuck verwendet, sondern spielt auch als Industriemetall eine immer größere Rolle. Rund 60 Prozent des Silber-Verbrauchs gehen laut einer aktuellen Baker Steel-Analyse mittlerweile in die Produktion von Zukunftstechnologien. Photovoltaik allein macht der Studie zufolge fast 20 Prozent aus. E-Autos, 5G, die ganze Elektronik: Überall spielt Silber eine wichtige Rolle. Dazu kommt, dass die Nachfrage relativ preisunelastisch ist. Denn Silber macht oft nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus, ist aber unverzichtbar. Gleichzeitig herrscht seit Jahren ein Angebotsdefizit. Die Minenproduktion stagniert, Recycling hilft nur begrenzt. Und die Lager haben sich zuletzt geleert. Die Bestände in London bei der LBMA, in New York an der COMEX sowie in Schanghai sind auf Tiefständen.
Dass der Silberpreis zuletzt stark gestiegen ist, liegt auch an der Marktmechanik: Physische Knappheit und starkes Anlegerinteresse können am vergleichsweise engen Silbermarkt kurzfristig zu extremen Preissprüngen führen. Edelmetall-Analyst David Jensen von der Bank of America sieht deshalb den Silberpreis im kommenden Jahr bis auf 65 US-Dollar steigen, getrieben von einem knappen physikalischen Markt, ETF-Zuflüssen und Lieferketten-Verwerfungen in London und New York. Für Anleger, die in Silber-ETCs investieren wollen, ist das eine Chance. Gleichzeitig gilt: Wenn eine starke Hausse zu großen Teilen in der Marktmechanik begründet liegt, sind eben auch zwischenzeitlich große Preiskorrekturen möglich.
Ein Beispiel für einen ETC, der in Silber investiert, ist der WisdomTree Silver - EUR Daily Hedged (ISIN JE00B5SV2703). Der Euro-Hedge sei hier empfohlen. Denn auch für Silber gilt: Das Edelmetall wird – wie alle Rohstoffe – in US-Dollar gehandelt. Ein Beispiel für einen performancestarken Silberminenfonds ist der Global X Silver Miners UCITS ETF (ISIN IE000UL6CLP7).
Fazit: Das Jahr 2026 dürfte für Gold und Silber kein Jahr für „Buy-and-Forget“ werden, sondern für aktive Positionsgrößen, Absicherung der physikalischen Lieferung bei Investments in Silber und das strategische Einbauen von Gold als Portfolio-Baustein stehen. Grundsätzlich bleibt es dabei: Edelmetalle können ein strategisches Investment sein – allerdings immer nur als Beimischung. Denn bisher hat noch immer jede Gold- und Silber-Hausse irgendwann ihr Ende gefunden. Wer hier also alles auf eine Karte setzt, segelt nicht in einen sicheren Hafen, sondern in eine höchst ungewisse Zukunft.
Hier gehts zu Teil 1 der Serie TiAMFundResearch Jahresausblick: Aktien
Hier gehts zu Teil 2 der Serie TiAMFundResearch Jahresausblick: Anleihen
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