Jede Woche veröffentlichen führende Vermögensverwalter weltweit zahlreiche fundierte Einschätzungen zu den Finanz- und Kapitalmarktmärkten. TiAM FundResearch fasst regelmäßig die wichtigsten Aussagen für Sie kompakt zusammen.
10.03.2023 | 12:30 Uhr von «Peter Gewalt»
Bei den Kapitalmarktexperten standen diese Woche neben der positiven Aktienmarktentwicklung die Folgen neuer Inflationsdaten im Vordergrund ihrer Analysen.
So
sieht Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa bei der DWS, die EZB weiter auf
Zinserhöhungskurs
„Die Arbeit der Europäischen
Zentralbank ist bei Weitem noch nicht getan, um ihr mittelfristiges
Inflationsziel zu erreichen. Wie bereits auf der Februar-Sitzung angekündigt,
dürfte sie am 16. März die Leitzinsen abermals um 50 Basispunkte erhöhen. Der
Einlagensatz läge dann bei drei Prozent.
Kommentare von zahlreichen EZB-Mitgliedern deuten darauf hin, dass auch mit
diesem Zinsschritt noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Die
Kernrate der Inflation, die im Februar auf 5,6 Prozent kletterte, dürfte den
Mitgliedern des EZB-Rates Sorgen bereitet haben. Zumal wir von einem weiteren
Anstieg der Kernrate ausgehen. Zudem ist der Arbeitsmarkt robust, die Löhne
werden steigen und auch der Arbeitskräftemangel wird weiter zu Lohnanpassungen
nach oben führen. Allerdings sind auch erste Bremsspuren sichtbar. So verliert
die Konjunktur langsam an Schwung, und die Kreditvergabe, insbesondere im
Immobilienmarkt, geht deutlich zurück.
Dennoch dürfte die Notenbank aktuell die Gefahren für den mittelfristigen
Inflationsausblick höher einschätzen als die zaghaften Bremswirkungen in der
Realwirtschaft. Dies sollte sich auch in den Projektionen für Wachstum und
Inflation widerspiegeln. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Projektion für die
Inflationsrate im Jahr 2025, die aktuell mit 2,3 Prozent veranschlagt wird. Wir
gehen davon aus, dass auch die neuen Projektionen eine Verfehlung des
Inflationsziels zeigen werden. Insofern dürfte die zentrale Botschaft der EZB
lauten, weiter datenabhängig zu bleiben, doch grundsätzlich auf
Zinserhöhungskurs zu bleiben Wir rechnen bis Sommer 2023 mit einer Anhebung des
Einlagensatzes auf vier Prozent.“
Und Robert
Schramm-Fuchs, Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors, kommentiert dazu:
„Die Gesamtinflation in der Eurozone fiel im Jahresvergleich um
weniger als die erwarteten 0,1 Prozentpunkte auf 8,5 Prozent. Der Rückgang war
im Grunde nur auf die sinkende Energieinflation zurückzuführen. Angesichts des
weltweit empfindlichen Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, das durch
die strukturell hohe Angebotsdichte, die wieder steigende Nachfrage Chinas und
die geopolitischen Risiken gefährdet ist, ist diese Entwicklung mit Vorsicht zu
betrachten. Mehr als 60 Prozent des Anstiegs der Kerninflation waren auf die
höhere Dienstleistungsinflation zurückzuführen, die in der Regel recht
hartnäckig ist. Der Beitrag der Wareninflation zur Kerninflation war geringer,
aber der Anstieg selbst war angesichts der jüngsten Rückgänge bei den
Energiepreisen, den Frachtkosten und der allgemein nachlassenden Lieferengpässe
eine positive Überraschung. Die Kerninflation (ohne Energie) in der Eurozone
weist sehr ähnliche Werte wie in den USA auf, doch ist der Zinsunterschied
immer noch recht groß. Wir können daher nur wiederholen, was wir zu den Daten
des letzten Monats gesagt haben – den Zentralbanken gehen die Ausreden, die
ihnen die makroökonomischen Daten liefern, sicher nicht aus, um ihren
geldpolitischen Straffungskurs fortzusetzen. Die nächste Sitzung der
Europäischen Zentralbank in zwei Wochen dürfte wieder von den Falken dominiert
werden, da die Inflationszahlen in fast allen wichtigen Ländern der Eurozone
überrascht haben.
Für die Aktienmärkte bedeutet die anhaltende Inflation und das
Ausbleiben eines Kurswechsels der Zentralbanken unseres Erachtens weiterhin
eine Outperformance von Value-Titeln gegenüber höher bewerteten
Wachstumswerten. Und damit eine anhaltende Outperformance Europas als
wesentlich günstigerem „Value“-Markt gegenüber dem US-Aktienmarkt. Letztendlich
wird die deutliche geldpolitische Straffung angesichts der üblichen
Verzögerungen von bis zu einem Jahr erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft
haben. Dies wird dann der Moment sein, in dem Aktien nicht mehr mit einer
Kehrtwende, sondern mit einer Pause der Zentralbank rechnen können. Dies sollte
ein gutes Risk-on-Signal sein.“
„Bärenmarktrallyes sind nicht ungewöhnlich“, betitelt Robert M.
Almeida, Jr., Portfoliomanager und Globaler Investmentstratege bei MFS
Investment Management, seine Marktanalyse:
„Seit
Mitte Oktober 2022 haben Aktienindizes wie der S&P 500, der NASDAQ
Composite und der MSCI EAFE um etwa 15 Prozent zugelegt. Solche Rallyes sind
nicht selten, und wir meinen, dass man ihnen durchaus mit einer gewissen
Skepsis begegnen sollte. 2022 sind die Kurse dreimal zweistellig gestiegen. Im
März legte der S&P 500 um etwa 11 Prozent zu und im Sommer, bei einem viel
niedrigeren Ausgangsniveau, um 17 Prozent. Insgesamt hat der Index von Anfang
Januar 2022 bis zum Tiefpunkt im Oktober aber mehr als 25 Prozent verloren.
Etwa die Hälfte davon hat er jetzt wettgemacht.
Das
erinnert mich an die schlimme Baisse nach dem Platzen der Dotcom-Blase Anfang der
2000er-Jahre. Viermal sind die Kurse 2001 und 2002 um 19 bis 21 Prozent
gestiegen. Und doch gaben sie in diesen beiden Jahren um insgesamt 49 Prozent
nach. Auch mitten in der internationalen Finanzkrise legten amerikanische Blue
Chips kräftig zu – um über 24 Prozent Ende 2008. Das ändert aber nichts daran,
dass sie von ihrem Kurshoch im Oktober 2007 bis zum Tiefpunkt im März 2009 fast
57 Prozent verloren. Wir können auch noch weiter zurückgehen, bis zum
Schwarzen Freitag 1929. Damals gab der Dow Jones Industrial Average in zwei
Monaten um fast 48 Prozent nach. Bis 1930 hatte er zwar fast die Hälfte dieses
Verlusts wieder wettgemacht, aber die schnelle Erholung war nicht nachhaltig.
Bis Mitte 1932 fiel der Index erneut und verlor am Ende 85 Prozent.
Warum
passiert so etwas?
Kurzfristig
halten wir die Märkte für effizient. Aber längerfristig werden Fehlbewertungen
wahrscheinlicher. In vielen Bärenmarktrallyes hatten Investoren nur die
aktuellen Zahlen im Blick. Oft waren das eine fallende Inflation oder fallende
Zinsen infolge der schwächeren Konjunktur. Jetzt werden die Zinsen zwar nicht
gesenkt, aber die Inflation geht zurück, und am Markt schließt man ein
baldiges Leitzinsmaximum nicht aus. Laut Terminmarkt könnten die Zinsen schon
Ende 2023 fallen. Letztlich reagieren die Märkte darauf, dass die Bewertungen
bei niedrigeren Zinsen steigen können – ein klassischer Auslöser einer
Bärenmarktrallye. Doch meist waren solche Rallyes nur von kurzer Dauer. Schon
bald erkannte man, dass die Konjunktur nachließ und die Gewinne überraschend
stark fielen.
Meist
dauerte es 12 bis 24 Monate, bis die Fundamentaldaten der Unternehmen unter
einer strafferen Geldpolitik litten. Viele Sektoren reagieren erst spät auf
höhere Zinsen, anders als etwa der Immobilienmarkt, wo man die Folgen schnell
spürt. Die meisten Unternehmen haben neben festverzinslichen auch variabel
verzinsliche Kredite, sodass steigende Zinsen ihnen erst sehr viel später
Schwierigkeiten machen. Der Markt reagiert aber auf den Wendepunkt von Inflation
und Geldpolitik.
Das
ist nichts Neues. Im August 2008 rechnete man nur mit einem Gewinnrückgang um
etwa 15 Prozent. Aber die heftige Rezession nach dem Zusammenbruch von Lehman
Brothers schadete den Gewinnen sehr viel stärker. Am Ende halbierten sie sich
fast.
Man
sollte auch nicht vergessen, dass die Zinserhöhungen in den Industrieländern
erst vor knapp einem Jahr begannen und noch längst nicht abgeschlossen sind.
Bis dahin muss noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen.
Jeder
Konjunkturzyklus ist anders, aber laut Goldman Sachs sind die
Unternehmensgewinne in den letzten fünf Rezessionen um durchschnittlich 23
Prozent gefallen. Vielleicht ist der Rückgang diesmal stärker, weil Arbeits-
und Kapitalkosten nicht so stark fallen wie sonst. Vielleicht ist er aber auch
kleiner, weil Konsum und Bankensystem stabiler sind. Ich habe keine Glaskugel,
und im Grunde ist es auch egal. Viel wichtiger sind mir höhere
risikoadjustierte Erträge für unsere Anleger. Ich glaube, dass man sie vor
allem durch Qualitätsaktien erreicht. Hier rechnen wir mit niedrigeren
Gewinnrisiken als beim Benchmarkindex oder schwächeren Wettbewerbern.
Wir
glauben wirklich, dass der Markt kurzfristig hervorragend funktioniert. Doch im
Moment sind Unternehmensgewinne einfach kein Thema. Wenn sich das aber ändert,
kommt es schnell. Noch bevor die Unternehmen davon berichten, werden die
Investoren mit fallenden Gewinnen rechnen. Investoren sollten nicht auf dem
falschen Fuß erwischt werden. Wir sind bereit.“
Und Beat Thoma, CIO bei
Fisch Asset Management in Zürich, meint, dass die Finanzmärkte das
„Anti-Goldilocks“-Umfeld ignorieren:
„In einem klassischen
Goldilocks-Umfeld besteht eine Kombination aus schwachem, aber positivem Wirtschaftswachstum,
tiefer Inflation und deshalb lockerer Geldpolitik. Dies ist äußerst positiv für
die Aktien- und Kreditmärkte und nur moderat zinstreibend. Erstaunlicherweise
verhalten sich die Finanzmärkte wie in Goldilocks-Zeiten, obwohl aktuell genau
entgegengesetzt ein ‚Anti-Goldilocks‘-Umfeld vorherrscht: beispielsweise häufen
sich Rezessionssignale, die Inflation bleibt hartnäckig, Inflationserwartungen
steigen und die Geldpolitik ist historisch restriktiv. Damit nimmt die Spannung
zwischen fundamentalen Realitäten und Markbewertungen weiter zu.
Die restriktive Geldpolitik der vergangenen Monate wurde durch eine Reihe von
liquiditätssteigernden Effekten im privaten Banken- und Kreditsystem
ausgeglichen. Dies ist Geldschöpfung durch Kreditwachstum, Abbau von
Überschussreserven und in den USA eine Verringerung des Treasury General
Account (TGA) bei der Fed. Dies erklärt die bisher sehr moderaten Auswirkungen
der restriktiven Geldpolitik auf die Aktienmärkte und die Wirtschaft sowie die
in letzter Zeit rückläufigen Stresssignale des US-amerikanischen
NFCI-Stress-Index. Alle diese Faktoren haben jedoch begonnen, sich global
abzuschwächen. Die Bankreserven, die Reverse-Repo-Volumen sowie die
Bankeinlagen sinken alle. Auch der TGA-Saldo ist mittlerweile tief und kann die
Bilanzreduzierung der Fed und der anderen Notenbanken nicht mehr vollständig
ausgleichen. Deshalb ist in absehbarer Zeit mit einer wesentlich stärkeren
Wirkung der restriktiven Geldpolitik zu rechnen.
Auffallend sind auch die von den Notenbanken stark beachteten und wieder leicht
steigenden Inflationserwartungen sowohl auf ein Jahr als auch auf fünf Jahre.
Das ist potenziell gefährlich, da die Notenbanken damit länger an ihrem
restriktiven Kurs festhalten. Als Reaktion auf die höheren Inflationserwartungen
steigen die langfristigen Staatsanleihenzinsen in den USA und in der Eurozone
wieder moderat an. Die Abschwächungssignale verschiedener Konjunkturindikatoren
und der sehr schwache Häusermarkt werden dagegen ignoriert. Dementsprechend
fällt zumindest im Moment die normalerweise wirksame Konjunkturstabilisierung
durch tiefere Zinsen weg. Insgesamt ergibt sich damit eine problematische
Kombination aus steigenden Zinsen, auch am langen Ende, bei gleichzeitig
nachgebender Konjunktur.
Abschließend noch zu den Unternehmensgewinnmargen. Diese waren historisch
betrachtet bei fallender Inflation rückläufig. Grund ist eine Kombination aus
stagnierenden Verkaufspreisen bei gleichzeitig hohen Lohnkosten.
Dementsprechend ist die tiefere Inflation in den kommenden Monaten
paradoxerweise negativ für die Unternehmen. Damit ergibt sich ein weiteres
Warnsignal für die Aktien- und Kreditmärkte. Wir halten eine defensive
Positionierung generell für weiterhin angebracht. Staatsanleihen und
Investment-Grade-Unternehmensanleihen etwa sollten vom nur noch moderaten
Zinsaufwärtsdruck profitieren. Und Wandelanleihen sind angesichts der
Unsicherheiten einmal mehr die adäquate Aktienalternative für Investoren, die
den teilweisen Schutz in der Abwärtsbewegung suchen, aber auf mittel- bis
langfristige Sicht von Aktienkurssteigerungen ausgehen.“
Mario Giannini, CEO von Hamilton Lane, analysiert in seinem neuen „Market
Overview 2023“ die Privatmärkte 2022 und gibt einen Ausblick auf das Jahr 2023.
Dabei stützt er sich auf die Datenbank von Hamilton Lane, die fast 17 Billionen
US-Dollar an Assets und 51 Jahrgänge umfasst. Das sind die wichtigsten Themen
des Reports:
Private Märkte schneiden über alle
Marktzyklen und Strategien hinweg besser ab
Inflation und steigende Zinsen haben 2022 die Märkte belastet und auch das
erste Halbjahr 2023 wird wohl schwierig bleiben. Die Daten des Market Overview
zeigen, dass Private Markets auch in früheren Phasen des Abschwungs im
Vergleich zu den Aktienmärkten bessere Ergebnisse erzielt haben und gerade in
angespannten Marktsituationen eine besonders gute Performance zeigen. Obwohl
steigende Zinsen und die Inflation im Jahr 2022 Druck ausübten, zeigen die
Daten per Q3 2022, dass die Privatmärkte insgesamt robuster waren als die
öffentlichen Märkte und sie diese deutlich übertrafen – in einigen Fällen um
mehrere tausend Basispunkte (Stand 3. Quartal 2022). So lag der Buyout-Bereich
fast 2.050 Basispunkte über dem S&P 500, wohingegen Infrastruktur und
Immobilien den FTSE All Equity REITs Index sogar um mehr als 3.400 Basispunkte
übertrafen.
Entgegen der weit verbreiteten
Meinung sind die Bewertungen an den Privatmärkten in der Regel angemessen
Die Daten des Market Overview zeigen, dass die Bewertungen an den Privatmärkten
Anfang 2022 in den meisten Branchen deutlich unter den Bewertungen von
vergleichbar gehandelten Assets lagen. Im Laufe des Jahres näherten sich die
Bewertungsmultiplikatoren für öffentliche und private Assets an. Die operative
Performance war solide und übertraf die vergleichbarer börsennotierter Assets.
Des Weiteren war zu beobachten, dass die Manager beim Verkauf ihrer Investments
tendenziell eine Prämie auf den Buchwert erzielten.
Diese Fakten deuten darauf hin, dass es gegenwärtig weder eine generelle Über-
noch Unterbewertung bei Private Assets gibt, und sie räumen auch mit den
Zweifeln auf, dass Private Markets heute überbewertet sind.
Wo investieren: Private Credit,
Sekundärmarkt und Infrastruktur
Trotz des herausfordernden Investment-Umfelds bieten die Privatmärkte Chancen
für Anleger, so der Market Overview. Besonders interessant sind die Bereiche
Private Credit, Sekundärmarkt und Infrastruktur.
Die Renditen von Private Credit haben sich laut der Daten von
Hamilton Lane in unterschiedlichen Marktzyklen stets robust gezeigt. Da die
meisten Private Credits variabel verzinst sind, profitieren sie in der Regel
von steigenden Zinsen. Hamilton Lane geht davon aus, dass dies auch im
derzeitigen Zinsumfeld der Fall sein wird. Es gibt zahlreiche zyklische und
längerfristige Gründe, die dafür sprechen, dass Private Credit einen
permanenten und wachsenden Anteil am Kreditgeschäft hat, inklusive der
Tatsache, dass sich die Banken mehr und mehr aus der Finanzierung von
Private-Equity-Deals zurückgezogen haben. Gleichzeitig besteht jedoch von Seite
der Private-Equity-Investoren eine enorm hohe Nachfrage nach Fremdkapital.
Im Sekundärmarkt
übersteigt derzeit das Angebot die Nachfrage beträchtlich und die Preise
sinken. Da das Angebot noch zunimmt, wird sich die Situation für Käufer
vermutlich weiter verbessern. In dieser Anlageklasse beobachten die Experten
von Hamilton Lane besonders innovative Ausstiegs- und Liquiditätsoptionen.
Infrastruktur:
Nach Meinung von Hamilton Lane hat kaum ein anderer Investmentbereich so viel
Rückenwind wie Infrastruktur. Weltweit haben Regierungen erkannt, dass der
Wiederaufbau und die Verbesserung ihrer Infrastruktur gesellschaftlich
notwendig und gleichzeitig ein Wettbewerbsvorteil sind. Hamilton Lane erwartet
daher, dass sich für Investoren im Bereich Infrastruktur weiterhin interessante
Anlagemöglichkeiten bieten, vor allem bei Assets, die die Energiewende
beschleunigen. Die Vertragsstrukturen, die für viele Arten von Infrastrukturinvestments
charakteristisch sind, können auch einen Schutz gegen die Inflation bieten –
sollte diese weiter steigen.
Ralph Aerni, Leiter Client Solutions EMEA bei Hamilton Lane, ergänzt: „In der
aktuellen geopolitischen Lage will und muss sich Europa unabhängiger von
russischem Gas und Öl machen. Aus diesem Grund wird sich der Übergang hin zu
erneuerbaren Energien hier schneller vollziehen als in anderen Regionen. Gut
möglich, dass Europa in zwei oder drei Jahren zu einem der weltweit attraktivsten
Standorte für Infrastruktur-Investments wird – auch weil es hier eine
stabilere, zuverlässigere und günstigere Energieversorgung gibt.“
Vermögende Privatanleger entdecken
Privatmärkte
Der Zugang zu den Privatmärkten ist zuletzt deutlich einfacher geworden.
Geholfen haben hierbei Produkte, die speziell für nicht-institutionelle Anleger
konzipiert wurden. Sie lösen einige Probleme im Zusammenhang mit der
Komplexität traditioneller Privatmarktfonds und bieten vermögenden
Privatanlegern einen erweiterten Zugang zu Privatmarkt-Produkten.
Heute dominieren einige wenige große Akteure die Vermögenswerte bzw. den Net
Asset Value (NAV) im Private-Wealth-Bereich. So wurden 2022 mehr als 50 Prozent der
Assets under Management von den drei größten Investment Managern verwaltet.
Dies ist nicht ohne Risiko, da so die Entwicklung dieser semi-liquiden Fonds
vom Erfolg einiger weniger Manager abhängt.
Der Market Overview sieht hier eine Parallele zum Private-Equity-Markt in den
1980er Jahren, in dem es eine ähnliche Dynamik gab. Damals lagen knapp 60 Prozent der
Assets under Management in den Händen der drei größten Investment Manager. Als
Private Equity an Akzeptanz gewann, drängten mehr und mehr Manager auf den
Markt, die Konzentration nahm ab und die Branche erlebte einen Wachstumsschub.
Es ist offen, ob sich diese Entwicklung im semi-liquiden Bereich wiederholt
oder ob es weiterhin einige wenige große Gewinner geben wird.
Sollten Investoren besorgt sein?
Auch wenn der Market Overview 2023 positive Trends in der gesamten Assetklasse
der Private Markets identifiziert, bleibt das gesamtwirtschaftliche Marktumfeld
schwierig und auch die Privatmärkte bekommen das zu spüren. Das Jahr 2021 war
ein Rekordjahr für das Fundraising, 2022 wird jedoch deutlich schwächer sein.
Hinzukommt, dass in den letzten vier Jahren die Mittelbeschaffung nicht in
gleichem Maße gestiegen ist wie die Mittelverwendung.
Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich, darunter der Denominator-Effekt,
der Numerator-Effekt und das was der Report als „Angst-Effekt“ bezeichnet. Bei
letzterem führen fallende Aktienmärkte fast immer zu einem gewissen Rückzug der
Investoren aus illiquiden Anlagen
Auch bei Buyouts und vor allem Immobilien sehen die Verfasser des Reports
einige kritische Anzeichen und empfehlen Investoren umsichtig zu handeln. Das
bedeutet jedoch nicht, dass es in diesen Bereichen keine interessanten
Transaktionen oder erstklassigen General Partner gibt, die neues Kapital
aufnehmen. Der Report weist lediglich darauf hin, dass Investoren 2023
und darüber hinaus mit Bedacht vorgehen sollten.
Fazit
Insgesamt erwartet Hamilton Lane, dass die Volatilität 2023 anhalten wird, da
sich Investoren weiterhin mit einem hohen Inflationsniveau, Zinsbewegungen und
anhaltenden geopolitischen Konflikten konfrontiert sehen. Trotz des
herausfordernden Investment-Umfelds kommt der Market Overview zu dem Schluss,
dass die Privatmärkte die von Investoren gesuchten attraktiven Renditen
geliefert haben und auch 2023 vielfältige Chancen für Anleger bieten.
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