TiAM FundResearch veröffentlicht eine vierteilige Serie zu Investments in Immobilien. Teil 3: Welche Chancen und Risiken Immobilienaktien bieten.
15.07.2025 | 14:00 Uhr von «Bernhard Bomke»
Wer nicht gleich ganze Immobilien kaufen kann oder damit unübersichtliche Klumpenrisiken verbindet, findet in Immobilienaktien eine Alternative. Die Kurse der meisten deutschen Immobilien-Aktiengesellschaften haben sich in den vergangenen Monaten weiter berappelt, und Analysten sehen in nach wie vor hohen Abschlägen an der Börse zum Substanzwert der Titel die Chance für erhebliches Aufholpotenzial. Der gerade erst veröffentlichte „Stimmungsindikator Immobilienaktien 1. Halbjahr 2025“ des Hamburger Beratungsunternehmens Kirchhoff Consult gibt diesen Abschlag auf den Substanzwert mit durchschnittlich 39,9 Prozent an.
Marktkapitalisierung der Top 10: 50,5 Milliarden Euro

Der Index speist sich aus Einschätzungen von zehn Immobilienanalysten. Zugleich basieren die Daten auf den zehn größten in Deutschland gehandelten Immobiliengesellschaften, die zum Stichtag 30. Juni 2025 zusammen eine Marktkapitalisierung von 50,5 Milliarden Euro aufwiesen. Mit 24,9 Milliarden Euro steht der Wohnungskonzern Vonovia, zugleich der einzige Immobilientitel im DAX, für fast die Hälfte davon. Sechs der Top 10 konzentrieren sich auf Wohnimmobilien, die übrigen vier Unternehmen auf Gewerbeobjekte, darunter insbesondere Büro-, Handels- und Logistikimmobilien.

Die Experten schätzen Immobilienaktien im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2024 abermals positiver ein. Der Stimmungsindex (Skala von -100 bis 100) stieg von 47,7 auf nun 53,3 Punkte. Wohnimmobilien werden mit 69,7 Punkten deutlich positiver gesehen als Gewerbeobjekte (41,0 Punkte). „Auch im langfristigen Kursvergleich der letzten drei Jahre zeigen Wohnimmobilien eine überdurchschnittliche Performance von +8,4 Prozent gegenüber lediglich +0,7 Prozent im Branchenschnitt“, resümiert Kirchhoff. „Haupttreiber bleibt die nachhaltig hohe Nachfrage nach Wohnraum.“
Immobilienaktien-Analysten sehen bei Wohnimmobilien zudem das attraktivste Chance-Risiko-Profil – vor allem aufgrund der stabilen Ertragslage und der robusten Marktnachfrage. Im ersten Halbjahr 2025 hatte der Gewerbeimmobilienmakler JLL in Deutschland Wohnimmobilientransaktionen im Umfang von 5,48 Milliarden Euro errechnet. Das war ein Plus von 47 Prozent gegenüber den 3,72 Milliarden Euro aus dem ersten Halbjahr 2024.
Stefan Scharff, Managing Partner von SRC Research und einer der Teilnehmer an der Markterhebung, betont ebenfalls die Vorteile von Wohnimmobilienaktien. „Generell sehe ich den Wohnimmobiliensektor leicht positiv, auch wenn noch nicht ganz klar ist, welche Maßnahmen die neue Bundesregierung konkret ergreifen wird.“ Die Vonovia-Aktie, die Anfang 2022 noch über 50 Euro notierte, dann bis Anfang 2023 auf unter 20 Euro rutschte und nun bei knapp unter 30 Euro steht, hält Scharff derzeit für „ganz okay“ bewertet. „Zudem wird ja auch noch Dividende bezahlt.“ Er traue dem Papier eine leicht positive Entwicklung zu, mittelfristig sogar mehr, sofern das Entwicklungsgeschäft wieder in Gang komme. Das könne 2026 oder 2027 der Fall sein. „Durch die Decke“ sieht er Wohnimmobilienaktien derzeit nicht gehen. „Das gibt die konjunkturelle Lage nicht her“, sagt er.
Analyst Scharff: Worauf Sie bei Wohnungstiteln achten sollten
Generell rät Scharff Interessenten dazu, sich die einzelnen Wohnungstitel genau anzuschauen und dabei insbesondere einen Blick auf die Lage der Objekte, die Mieterstruktur, das Mietsteigerungspotenzial, mögliche Sanierungserfordernisse und auf das Debt Maturity Profil zu werfen, also dräuende Anschlussfinanzierungsrisiken.

Steffen Scharff
Gewerbeimmos ohne Büros „ist wie Bayern München ohne Kane“
Deutlich skeptischer ist der Analyst bei Gewerbeimmobilien. Das liegt insbesondere an der Unsicherheit über die künftige Nachfrage nach Büroimmobilien. Stichworte sind hier Homeoffice, New-Work-Konzepte, Flächeneffizienz sowie Flächenüberhänge in vielen B- und C-Lagen. Büroobjekte waren traditionell die am stärksten nachgefragte Nutzungsart, zuletzt aber stießen sie bei Investoren auf weniger Interesse als Handelsimmobilien, zeitweise fielen sie sogar hinter Logistikimmobilien zurück. Scharff: „Solange Investoren bei Büroimmobilien zurückhaltend bleiben, werden wir den Gewerbeimmobilienmarkt nicht flottkriegen. Das wäre wie Bayern München ohne Kane und Coman.“
Gewerbeimmobilienaktien legten im 1. Halbjahr um 3 Prozent zu

Wer sich dennoch für Gewerbeimmobilienaktien und hier insbesondere für Büroobjekte interessiere, könne dann einsteigen, „wenn ein Unternehmen sehr weit unterm Net Asset Value liegt und die Finanzierungsthemen geregelt sind“. Zudem sei die Lage solcher Immobilien „wichtiger denn je“. „Eine Büroimmobilie sollte also zum Beispiel in München stehen und nicht in Dachau oder Aschheim-Dornach.“ Weise ein Bürohaus obendrein eine gute Green Asset Ratio auf, zähle es zu den ersten Immobilien, die von Banken finanziert würden und auf Interesse von Käufern stießen. Scharff hält den Büromarkt zwar weiterhin für schwierig, aber das Ausmaß der Skepsis bei Käufern sei „so nicht gerechtfertigt“.
Der „Stimmungsindikator Immobilienaktien 1. Halbjahr 2025“ stützt diese Einschätzung etwa mit Blick auf die Kursentwicklung in den ersten sechs Monaten. Gewerbeimmobilienaktien zogen im Schnitt um 3 Prozent an, Wohnimmobilienwerte nur um 1,9 Prozent. Die +19,5 Prozent des DAX im gleichen Zeitraum bedeuten für beide Immobiliengattungen: Da geht noch was!
(In Teil 4 unserer Immobilien-Serie lesen Sie kommende Woche, welche Chancen und Risiken Direktinvestments in Eigentumswohnungen zur Kapitalanlage bieten)
Hier geht es zu Teil 1 (Offene Immobilienfonds)
und Teil 2 (Geschlossene Immobilen-Publikumsfonds)
der vierteiligen TiAM-FundResaerch-Immobilienserie.
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