Die Pharmaindustrie kämpft mit hohen Entwicklungskosten und einer drohenden schärferen Regulierung. Trotz der großen Herausforderungen kann es sich für Anleger lohnen, einen Blick auf die Branche zu werfen.
12.08.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»
Anleger, die in Pharma-Aktien investiert haben, brauchten in den vergangenen acht Monaten gute Nerven. Zunächst ging es – gemeinsam mit dem weltweiten Aktienmarkt – zunächst aufwärts und dann steil bergab. Anfang April erholten sich die Aktienkurse auf breiter Basis wieder. Doch als der MSCI World Index auch im Mai und in den Folgemonaten weiter anstieg und zu einer Rally ansetzte, die bis heute anhält, blieben Pharma-Aktien zurück. Unterm Strich ist 2025 bisher für Pharma-Aktionäre ein enttäuschendes Jahr. Während der MSCI World Index seit Jahresanfang rund elf Prozent zulegen konnte, haben Pharmawerte im Durchschnitt vier Prozent an Wert verloren.
Die schwache Performance hat Gründe: Anleger blicken derzeit skeptisch auf die Branche, die zunehmend unter politischem Druck steht. In den USA, dem wichtigsten Pharmamarkt der Welt, hat Präsident Donald Trump seit seiner Rückkehr ins Amt eine konfrontative Gesundheitspolitik eingeschlagen. Im Zentrum steht das sogenannte Most-Favored-Nation-Modell, das die US-Preise für Medikamente an die niedrigsten Vergleichswerte anderer Industrieländer koppeln soll. Eine entsprechende Executive Order wurde im Mai 2025 unterzeichnet, und erste Maßnahmen laufen bereits. Zusätzlich wandte sich die Regierung direkt an die Vorstände führender Pharmaunternehmen mit der Aufforderung, US-Preise zu senken – notfalls durch Preiserhöhungen im Ausland.
Auch handelspolitisch verstärkt sich der Druck: Trump kündigte an, pharmazeutische Importe aus Europa künftig zu besteuern – zunächst moderat, später möglicherweise mit Sätzen von bis zu 250 Prozent. Ziel ist, die heimische Produktion anzukurbeln und Pharmaunternehmen stärker zur Reinvestition in den US-Markt zu bewegen. Für global aufgestellte Unternehmen entstehen daraus neue Unsicherheiten – nicht nur in Bezug auf Margen, sondern auch auf Produktionsstandorte und Lieferketten.
Auch durch neue handelspolitische Maßnahmen gerät die Branche unter Druck. Im Rahmen des jüngsten Zollabkommens mit der Europäischen Union kündigte die Trump-Regierung an, erstmals Zölle auf bestimmte Markenmedikamente einzuführen. Analysten schätzen, dass dies zu Mehrkosten von bis zu 19 Milliarden US-Dollar für die Branche führen könnte. Der Zollstreit könnte den Marktzugang für europäische Hersteller spürbar erschweren. Die langfristigen Auswirkungen auf Handel, Preise und Marktstrukturen bleiben offen.
Trotz der politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen bleibt die strukturelle Wachstumsstory der Branche intakt. Die alternde Weltbevölkerung, der steigende Bedarf an Therapien chronischer Leiden sowie der technologische Fortschritt – insbesondere in der personalisierten Medizin und Biotechnologie – sorgen für anhaltende Nachfrage. Viele Fondsmanager setzen deshalb auf spezialisierte Pharma- und Biotechunternehmen mit hoher Innovationskraft, robusten Margen und soliden Bilanzen. Und sie kennen nicht nur die derzeit viel diskutierten Herausforderungen, sondern sie sehen auch die langfristigen, positiven Entwicklungen und die aktuellen neuen Chancen, die sich zuletzt ergeben haben.
Ein Lichtblick ist etwa die seit Jahren bestehende regulatorische Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA. Die gegenseitige Anerkennung von Inspektionen in der Arzneimittelproduktion – auf Basis des sogenannten Mutual Recognition Agreement (MRA) – ermöglicht es Unternehmen, doppelte Prüfungen zu vermeiden. Das reduziert Kosten und fördert grundsätzlich den transatlantischen Handel. Diese Zusammenarbeit wird auch von der Trump-Administration nicht infrage gestellt. Positiv wird auch der Plan der US-Regierung gesehen, steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung in den USA zu schaffen. Und dann wäre da noch das Thema China - ein derzeit sehr spezieller Markt...
| ISIN | Name | Fondsvolumen in Mio. Euro | Perf. lfd. Jahr | Perf. 3 Jahre p.a. | TER |
|---|---|---|---|---|---|
| LU2305833589 | Invesco China Health Care Eq Z €-h acc | 44,26 | 28,50% | 0,99% | 1,15% |
| LU0247050130 | Lacuna Global Health Plus P | 12,25 | 28,19% | -0,93% | 4,04% |
| LU2305833233 | Invesco China Health Care Eq A €-h acc | 44,26 | 27,78% | 0,06% | 2,00% |
| LU1587985570 | Bellevue Asia Pacific Healthcare B € | 88,04 | 2,78% | -6,70% | 2,09% |
| LU0161986921 | LO Golden Age Syst. Hdg. € P A | 177,17 | 2,51% | 0,46% | 1,85% |
| DE000A1145J0 | nova Steady HealthCare P € dist | 6,49 | 0,73% | -11,68% | 2,34% |
| LU0228344361 | Medical BioHealth € H | 603,72 | 0,45% | 6,23% | 2,09% |
| LU1683285321 | UBS (L) Glo Digital Health Eq BH € acc | 596,35 | -1,84% | -6,92% | 1,90% |
| LU1989506966 | Bellevue Medtech & Services HI € | 1346,25 | -1,94% | 2,36% | 1,46% |
| LU0580275534 | Bellevue Medtech & Services HB € | 1346,25 | -2,12% | 1,76% | 2,20% |
Quelle: FVBS professional
Gesundheit gilt Investoren gemeinhin als eher defensives Thema. Konjunkturelle Entwicklungen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Gesundheit ist für Menschen schließlich immer ein Thema. Und Medikamente gibt es auf Rezept. Die eigentlichen Kunden sind die Krankenkassen. Aus Anlegersicht sind politische Einflussnahmen deshalb wichtiger als die Konsumentenstimmung. Beim Blick in die Rangliste der besten Pharma- und Healthcare-Fonds fällt jedoch auf, dass ausgerechnet Strategien, die sich auf den stark regulierten chinesischen Gesundheitsmarkt konzentrieren, zuletzt besonders erfolgreich waren.
Der Grund: Chinas Gesundheitsbranche setzt gerade zu einem fulminanten Sprint an. 2024 gingen in China über 1.250 neue Medikamente in die Entwicklungsphase, vor allem gegen Krebs und Übergewicht – mehr als in der EU. Nur die USA liegen mit rund 1.440 höher. Besonders bemerkenswert ist die Qualität der chinesischen Innovationen, weshalb FDA und EMA deren Prüfungen beschleunigen. Ein Beispiel ist eine fortschrittliche Zelltherapie gegen Blutkrebs, entwickelt in China und von Johnson & Johnson vertrieben. Chinesische Firmen verbesserten bisher vor allem bestehende Therapien, doch westliche Konzerne kaufen immer öfter ihre bahnbrechenden Entwicklungen – ein Zeichen, dass pharmazeutische Innovationen zunehmend nach Osten wandern. Die Erfolge lassen sich bereits an den Kurstafeln der Börsen in Shanghai und Hongkong ablesen.
Fazit: Die internationale Pharmaindustrie steht unter politischen Druck – besonders durch die neue US-Administration unter Donald Trump, die mit einer Kombination aus Preisdruck und Handelspolitik auf Veränderungen im Markt zielt. Dennoch bleiben Pharmaaktien ein attraktives Investment: Getragen von langfristigen Megatrends und medizinischer Innovation, können gut positionierte Fonds auch in einem schwierigen Umfeld solide Renditen erwirtschaften. Besonders Fonds, die in Asien und dort schwerpunktmäßig in China investieren, haben zuletzt sehr gut performt.
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