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Rechtsprechung

Wirecard-Klagen: Was Investoren und Fondsgesellschaften holen können

Bilanzskandal: Ob gegen die Wirecard AG, den Ex-Vorstand, die Wirtschaftsprüfer oder die Finanzaufsicht – Zehntausende Aktionäre stellen jetzt Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe.

29.12.2020 | 07:00 Uhr von «Wolfgang Ehrenberger»

In einem der größten Fälle von Wirtschaftsbetrug in Deutschland fordern mittlerweile Zehntausende geprellte Anleger Schadenersatz in Milliardenhöhe. Als Anspruchsgegner kommen nicht nur die Kerngesellschaft Wirecard AG des insolventen Zahlungsabwicklers infrage, sondern auch das Management um den Ex-Chef Markus Braun, die Wirtschaftsprüfer von EY und nicht zuletzt die Finanzaufsicht Bafin. Manche sehen gar das Bundesfinanzministerium in der Verantwortung. Doch schon bei der Frage, ob etwa die Bafin überhaupt für Haftungsansprüche herangezogen werden kann, oder ob es bei EY beispielsweise nicht aussichtsreicher sein könnte, statt zu klagen auf einen Vergleich zu setzen, gehen die Ansichten der Anwälte inzwischen weit auseinander.

Insolvenzverfahren im Fokus

Eine Schlüsselrolle für jeden Aktionär spielt das Ende August eröffnete Insolvenzverfahren um die Wirecard AG, die Kerngesellschaft des zusammengebrochenen DAX-Konzerns. Allein die Fondsgesellschaft DWS, ein Wirecard-Großaktionär, hat in dem Verfahren nach eigenen Angaben Ansprüche von mehr als 600 Millionen Euro geltend gemacht. Union Investment verlangt 243 Millionen. Auf der Gläubigerversammlung im November wurden laut Amtsgericht München Forderungen von 12,5 Milliarden Euro allein gegen die Kerngesellschaft geltend gemacht.

Unter den Anspruchstellern sind nicht nur Gläubigerbanken oder Geschäftspartner von Wirecard, sondern auch Aktionäre, Anleihegläubiger und Derivateanleger. Schadenersatzansprüche ergeben sich dabei aus der Falschinformation des Kapitalmarkts. Bei richtiger Information über die Finanzlage hätten die Anleger wohl nicht in die Aktien investiert. „Das unterscheidet diesen Fall von anderen Insolvenzen“, erläutert Anlegeranwalt Klaus Nieding gegenüber Medien. „Deshalb sollten Aktionäre ihre Schadenersatzansprüche im Insolvenzverfahren stellen.“

Am Ende könnte Insolvenzverwalter Michael Jaffé Forderungen von rund sechs Milliarden Euro als rechtmäßig anerkennen, glaubt Nieding. „Nach meiner Erfahrung aus drei Jahrzehnten Insolvenzrecht könnten Geschädigte im Fall Wirecard mit einer Rückzahlungsquote von etwa zehn Prozent rechnen.“ Bei einem Investment von 100 000 Euro also 10 000 Euro. „Besser als nichts“, meint Nieding.

Parallel zur Haftung der AG könnten Ansprüche aber auch persönlich gegenüber dem Ex-Vorstand um Markus Braun und den Aufsichtsräten eingeklagt werden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Vorstand Bilanzfälschung, schweren Betrug und Kursmanipulation vor. Die Vorstände haften mit ihrem Privatvermögen. Ob auch eine vom Unternehmen abgeschlossene D & O-Versicherung greifen könnte, also die Manager-Haftpflicht, ist laut Nieding unklar — bei strafrechtlichen Tatbeständen wie bei Wirecard allerdings wohl kaum.

„Wir sehen bei EY Vorsatz"

Interessant wird es bei den Wirtschaftsprüfern von EY, gegen die inzwischen auch die Staatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, nachdem die Wirtschaftsprüferaufsicht Strafanzeige gestellt hat. EY hat die Abschlüsse der Jahre 2015 bis 2018 testiert, obwohl sie manipuliert waren. Anleger könnten demzufolge Schadenersatz von EY fordern, weil sie bei richtig testierten Abschlüssen nicht in Wirecard investiert hätten.

„Wir werfen EY vorsätzliches Handeln vor und sehen unsere Klage durch die Staatsanwaltschaft bestätigt“, sagt Maximilian Weiss von der Kanzlei Tilp. „Wie will EY da noch rauskommen?“ Anwalt Nieding dagegen setzt bei EY zunächst auf eine außergerichtliche Einigung — und auf einen Wirecard-Entschädigungsfonds, der von EY und der deutschen Wirtschaft finanziert wird.

„Sowohl der Londoner EY-Konzern als auch der Wirtschaftsstandort Deutschland haben ein Interesse daran, dass EY den Wirecard-Skandal überlebt“, erläutert Nieding die ungewöhnliche Strategie. Der EY- Konzern könne es sich allein aus Imagegründen nicht leisten, seine Deutschland-Tochter zu verlieren. Und die deutsche Wirtschaft brauche mehr als drei große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, um die gesetzlich gewollte Trennung von Beratung und Abschlussprüfung durchzusetzen.

Um Druck aufzubauen, bereite man aber parallel auch eine Klage vor. Neben EY wollen Geschädigte auch die Finanzaufsicht Bafin wegen mangelhafter Aufsicht, manche sogar das übergeordnete Bundesfinanzministerium in die Pflicht nehmen. Für Nieding ist das ein aussichtsloses Unterfangen

Anders sieht das Anwalt Weiss von der Kanzlei Tilp. „Die Bafin hat nach unserer Meinung Anleger ans Messer geliefert, statt sie zu schützen, weil sie Wirecard protegierte, sich mit der Verhängung des Leerverkaufsverbots im Frühjahr 2019 in aller Öffentlichkeit quasi auf die Seite von Wirecard stellte und dazu auch noch aktiv gegen die Wirecard-Kritiker vorging.“


Interview

Der Anleger Anwalt Klaus Nieding über eine Aufsicht, die sich jeder Verantwortung entzieht

Im Wirecard-Bilanzskandal steht neben den Wirtschaftsprüfern von EY auch die Finanzaufsicht Bafin in der Kritik. Sie soll sich vor allem mit dem Anfang 2019 verhängten Leerverkaufsverbot auf die Seite Wirecards geschlagen haben. Können Anleger die Bafin verklagen?

Klaus Nieding: Erst mal zu den Leerverkäufern: Für mich sind sie die Wildschweine des Markts, die Aasfresser. Sie stiften Unruhe, haben aber im System durchaus ihre Berechtigung. Der Bafin wird dagegen vorgeworfen, sie sei ein zahnloser Tiger. Dabei ist sie vom Gesetzgeber bewusst in dieser Form als Behörde aufgestellt worden. Und sie hat — anders als etwa die US-Aufsicht SEC — keine Ermittlungs- oder Vollstreckungsfunktion.

Dennoch werden ihr gravierende Fehler vorgeworfen. Könnte man daraus keine Ansprüche ableiten?

Aus unserer Sicht nicht, weil die Bafin laut Gesetz im sogenannten öffentlichen Interesse handelt. Das kommt nach gängiger Rechtsprechung einer Haftungsbefreiung gegenüber einzelnen Kapitalmarktteilnehmern gleich.

Pflichtverstöße lassen sich nicht nachweisen?

Nein, ein ausreichend qualifizierter Pflichtverstoß kann hier unseres Erachtens nicht nachgewiesen werden. Das gilt in ähnlicher Weise ganz generell für eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland, für einzelne Ministerien, aber auch für fehlende Bilanzkontrolle durch die Wirtschaftsprüferaufsicht DPR, aber zum Beispiel auch für die vermutete fehlerhafte Umsetzung von EU-Richtlinien.

Was raten Sie Wirecard-Geschädigten?


Wir empfehlen geschädigten Anlegern, Forderungen gegen die AG im Insolvenzverfahren anzumelden und parallel dazu auch gegen die frühere Wirecard-Verwaltung und die EY-Prüfer zu stellen.

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