Mit Blick auf die Verbraucherpreisindizes der Eurozone bewegt sich die Inflationsrate kaum. Anders sieht die Entwicklung aus, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung der Vermögenspreise lenkt.
26.02.2020 | 14:00 Uhr von «Christian Bayer»
Das Research Institute des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch (FvS)
berechnet einen eigenen Vermögenspreisindex, der die Preisentwicklung
verschiedener Assets wie beispielsweise Grundstücke und Immobilien
berücksichtigt. Der FvS-Vermögenspreisindex für Deutschland ist zwischen Ende 2018 und 2019 um
7,6 Prozent gestiegen. Deutlich geringer war der Anstieg der Verbraucherpreise
im vergangenen Jahr. Dieser lag bei vergleichsweise niedrigen 1,2 Prozent. Auch
auf längere Sicht lässt sich diese Entwicklung ablesen. Mit Blick auf die
vergangenen fünfzehn Jahren liegt der Anstieg der Vermögenspreise bei jährlich
3,2 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie der Preisanstieg der
Verbraucherpreise, der 1,4 Prozent betragen hat.
Unter den einzelnen Vermögensklassen konnten Immobilien mit einem Preisanstieg
von 6,3 Prozent im vergangenen Jahr noch einmal deutlich zulegen. „Das
historisch niedrige Zinsniveau führt trotz eingetrübter Konjunkturaussichten
weiterhin zu einer hohen Nachfrage nach Immobilien“, so das Flossbach von
Storch Research Institute. Mit einem Preisanstieg von 23,5 Prozent ist das
Betriebsvermögen in der Hand der deutschen Haushalte allerdings noch deutlich
stärker gestiegen. Auch Aktionäre konnten mit einem Plus von 18,4 Prozent
deutliche Vermögenszuwächse verzeichnen. Kaum überraschend haben die
wohlhabendsten Haushalte am stärksten von der Entwicklung profitiert. 2019 hat
das Vermögen dieser Bevölkerungsgruppe um 9,1 Prozent zugelegt, einer der
Gründe war der überdurchschnittlich hohe Anteil an Betriebsvermögen. „Da der
relative Anteil an Betriebs- und Immobilienvermögen bestimmend für die
Vermögenspreisinflation ist, nimmt die Inflation für diese Haushalte mit steigendem
Nettovermögen zu“, so die Experten des Flossbach von Storch Research Institute.
Die DWS beobachtet aktuell Entwicklungen, die die Inflation weiter beflügeln
können. „Dabei reden wir nicht von den erratischen, oder schwer zu steuernden,
Preisen, wie etwa denen für Energie (werden auf dem Weltmarkt gebildet),
Nahrung (wetterabhängig) oder auch Mieten (hängen an Regulierung). Sondern wir
reden von Löhnen, die bei den Dienstleistungspreisen (ohne Mieten) eine
wichtige Rolle spielen. Sie steigen seit 2018 mit einer Jahresrate von mehr als
2,5 Prozent,“ so die DWS. Aus Sicht der Experten ist es nur eine Frage der Zeit
bis die Unternehmen den Lohndruck an die Verbraucher weitergeben werden. „Auch
wenn diese Ausgaben nur rund ein Drittel des Warenkorbs ausmachen, haben sie
doch die Abwärtsrisiken für die Inflation erheblich reduziert. Die
Führungsriege der Europäischen Zentralbank (EZB) sieht sich jedenfalls
bestätigt, dass ihre Geldpolitik – wenn auch langsam – auf die
Inflationsentwicklung wirkt“, erläutert die DWS.
In ihrer „Überprüfung der geldpolitischen Strategie“ analysiert die EZB, ob der Warenkorb, mit dem die Inflation gemessen wird, den Preisanstieg korrekt widerspiegelt. Die DWS weist auf eine vergleichsweise geringe Gewichtung der Mieten in der offiziellen Statistik hin. „Im Verbraucherpreisindex (HVPI) der Eurozone fließen sie nur mit 6,5 Prozent ein. In Spanien, mit einer Wohneigentumsquote von 77 Prozent, mit nur 3,1 Prozent. Wohneigentumsrelevante Kosten (Kauf, Renovierung, Zinsen) fallen für die Inflationsberechnung unter den Tisch“, so die DWS. Die Experten der Fondsgesellschaft plädieren dafür, auch die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum in den Preisindex aufzunehmen. „Ein solcher Index würde also die Preisrealität der Verbraucher besser abbilden, er hätte aber über die vergangene Dekade nicht zwingend zu einer anderen Geldpolitik geführt“, so DWS-Volkswirtin Ulrike Kastens.
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