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SFDR-Novelle: „Sustainable“, „Transition“ und „ESG-Basics“ statt die Artikel-Ziffern. (AI-Grafik © 2025 by MvA)
Regulierung

Wie die Offenlegungs-Verordnung reformiert wird

Die EU-Kommission hat die Offenlegungsverordnung (SFDR) überarbeitet. Es bleibt bei drei Kategorien. Doch die Namen und konkreten Auflagen ändern sich. Das Ziel: Alles soll einfacher und transparenter werden.

28.11.2025 | 14:00 Uhr von «Matthias von Arnim»

Die Europäische Kommission hat Ende November 2025 einen weitreichenden Vorschlag zur Überarbeitung der Offenlegungsverordnung (SFDR) vorgelegt, der das bisherige Dreiklang-System mit den bekannten Artikel-Ziffern 6, 8 und 9 faktisch ablösen will. Künftig sollen Finanzprodukte, die mit Nachhaltigkeitsmerkmalen werben, in drei klarere Produktkategorien eingeordnet werden: „Sustainable“, „Transition“ und „ESG-Basics“. Die Reform zielt darauf ab, die Regeln zu vereinfachen, Greenwashing-Risiken zu reduzieren und Anlegern eine echte Vergleichbarkeit zu ermöglichen. 

Die Reform im Überblick

Kern der vorgeschlagenen Änderung ist eine formellere und genauere Kategorisierung von Produkten. Die Fonds müssen zu mindestens 70 Prozent des Portfoliobestands die Bedingungen der jeweiligen Kategorie, der sie zugeordnet werden, erfüllen. Die Nachweise dafür – zum Beispiel ein belegbarer ökologischer oder sozialer Nutzen – müssen quantifizierbar sein und durch fachliche Kriterien untermauert werden. Die EU-Taxonomie dient weiterhin als zentrale Orientierung, auch wenn sie nicht jedes einzelne Investment strikt erfassen muss. Zusätzlich gelten umfassende Ausschlussregeln, beispielsweise für kontroverse Rüstungsgüter, Tabakunternehmen und fossile Geschäftsmodelle ohne überzeugende Strategie zum Ausstieg.

Die drei neuen Kategorien „Sustainable“, „Transition“ und „ESG-Basics“ sollen konkret so aussehen: „Sustainable“-Fonds sollen Produkte umfassen, die auf hohe Nachhaltigkeitsstandards ausgerichtet sind und messbare Beiträge zu ökologischen oder sozialen Zielen leisten. „Transition“-Produkte sind solche, die in Unternehmen und Projekte investieren, die sich auf einem glaubwürdigen Pfad der Transformation befinden, beispielsweise dekarbonisierende Unternehmen. „ESG-Basics“ decken Produkte ab, die ESG-Faktoren in die Anlageentscheidung integrieren, jedoch nicht die Anforderungen der höheren Kategorien erfüllen. 

Die Kommission beabsichtigt, diesen Kategorien klare Mindestkriterien, Ausschlusslisten und Schwellenwerte zugrunde zu legen, um die bisherige Unschärfe zwischen Artikel 8 und 9 zu beheben. Die Gesetzesvorlage enthält darüber hinaus zahlreiche technisch-juristische Anpassungen: begriffliche Harmonisierung mit Taxonomie und CSRD, Streichung bestimmter Befugnisse für die ESAs, und die derzeitigen Level-2-Anforderungen werden überarbeitet. Außerdem ist es vorgesehen, dass einige Detailregelungen per Delegiertem Rechtsakt nachgeliefert werden. Die Kommission nennt als zentralen Grund die Erfahrung, dass Artikel 8 und 9 in der Praxis zunehmend „de-facto“ als Label statt als reine Offenlegung genutzt wurden. 

Der Zeitplan: Vom Vorschlag zur Anwendung

Formal ist das Verfahren mit dem Kommissionsvorschlag am 19. November 2025 gestartet. Der Entwurf geht nun in das ordentliche Gesetzgebungsverfahren mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU. Die Kommission selbst sieht in ihrer Begleitdokumentation vor, dass die Änderungen durch weitere technische Regelsetzungen ergänzt werden. Zudem benennt sie einen „Start-Up-Zeitraum“. Gerechnet wird mit einer Legislativphase, die sich mindestens über das Jahr 2026 erstreckt. Nach Annahme des finalen Textes soll die Verordnung 18 Monate später in Kraft treten. Das würde – bei zügigem Gang der Dinge – eine praktische Anwendbarkeit in einem Übergangsfenster 2027 bis 2028 möglich machen. Realistischer ist wohl eher ein Inkrafttreten gegen Ende 2028. 

Das bedeutet die Reform für Fondsmanager und Unternehmen

Für Fondsmanager bedeutet das Projekt konkret: Bis auf Weiteres gelten die bestehenden SFDR-Regeln. Gleichzeitig sollte die Industrie jetzt damit beginnen, Produkte mit den neuen Kategorien zu scannen und Daten- und Reporting-Prozesse vorzubereiten, weil viele technische Vorgaben erst später per Delegiertem Rechtsakt kommen werden. Rechtsberatungen und Branchenanalysten warnen vor einem zweistufigen Prozess: politische Zustimmung 2026, dann detaillierte Level-2-Festlegungen und eine Umsetzungsfrist, deren konkrete Länge die praktische Planbarkeit bestimmt. 

Eine Überarbeitung der Reform der Reform der Überarbeitung ist in Brüssel keine Seltenheit. Fondsmanager sind aber mittlerweile geübt darin, geduldig und flexibel zu bleiben. Entsprechend fallen die Kommentare zur Reform in der Finanzindustrie aus. Verbände der Fondsbranche begrüßen immerhin die Klarheit der SFDR-Überarbeitung. So bewertet etwa Anyve Arakelijan, Senior Policy Advisor von der European Fund and Asset Management Association (EFAMA), den Vorschlag als einen Schritt, der die Kategorien für Endanleger klärt und „die SFDR entschlackt“. Sie betont aber zugleich, dass eine „Neubewertung der Produktklassifizierung in der Praxis sorgfältig erfolgen“ müsse. 

Die EFAMA sieht den Zugang zu vergleichbaren ESG-Daten als zentrale Herausforderung. Tatsächlich lauern hier nach wie vor die größten Herausforderungen: Die Kategorisierung, welche Art auch immer – kann schließlich nur so gut sein, wie es die Datenbasis zulässt, die die Unternehmen liefern. Immerhin soll auch die Erstellung der Daten im Rahmen der Offenlegungspflichten laut EU-Kommission vereinfacht werden. Die bisherige Praxis der PAI-Erklärungen (Principal Adverse Impacts) auf Unternehmensebene und die umfangreichen Website-Darstellungen sollen weitgehend entfallen. Die relevanten Informationen sollen dafür künftig über die CSRD geliefert werden – allerdings nur von Unternehmen, die per Verordnung dazu verpflichtet sind. 

Auf die Fondsgesellschaften kommt Arbeit zu

Für Asset Manager hat die Reform drei unmittelbare Wirkungen. Erstens erfordert die Einführung verbindlicher Mindestkriterien und einer gemeinsamen Ausschlussliste eine Überprüfung der Portfoliokonstruktionen: Produkte, die bislang als Artikel 8-Fonds kategorisiert werden, könnten unter „ESG-Basics“ fallen und damit an Attraktivität für bestimmte Investorengruppen verlieren. Zweitens entstehen neue Daten- und Nachweispflichten: Übergangsprodukte werden konkrete Messgrößen und Übergangspläne verlangen, was zusätzliche Due-Diligence-Arbeit und engere Zusammenarbeit mit Firmen im Portfolio bedeutet. Drittens dürfte die Umstellung in vielen Fällen Anpassungen in Vertriebsmaterialien, KIID/PRIIP-Dokumenten und Mandatsbedingungen erfordern – ein Projekt, das rechtzeitig begonnen werden muss, wenn man die angekündigten 18 Monate Umsetzungsfrist im Hinterkopf behält. 

 Die Reform bietet aber auch Chancen: Wer frühzeitig Produkte sauber in die neuen Kategorien überführt und die Dateninfrastruktur stärkt, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern. Beratungsfirmen raten zu einer „Mapping-Übung“: Welche Fonds fallen klar in welche Kategorie, welche brauchen Umbau, wo sind Datenlücken? Erste Empfehlungen aus der Branche sprechen dafür, jetzt Pilot-Assessments vorzunehmen, um ein Stück Vorsprung zu gewinnen. 

Fazit: Mehr Klarheit – wenn die Details stimmen

Die Novelle der Offenlegungsverordnung ist ein strategischer Kurswechsel: weg von einer Doppelfunktion als Offenlegungstext und implizitem Label hin zu einem expliziten Kategoriesystem. Für Finanzberater und Vermögensverwalter bedeutet das: beobachten, analysieren, vorbereiten. Die wirkliche Wirkung der Reform wird davon abhängen, wie kompromissfähig Parlament und Rat die technischen Schranken gestalten – insbesondere Ausschlusskriterien, Mindestinvestitionsanteile und die Anforderungen an Transition-Nachweise. Für Fondsanbieter gilt es pragmatisch zu planen: bestehende Compliance-Setups weiterlaufen lassen, parallel dazu Produkte gegen die neuen Kriterien testen und die nötigen daten- und prozessseitigen Anpassungen proaktiv angehen.

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