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Silber auf Rekordkurs: Wenn Knappheit zum Kapital wird – das Comeback der Silberminen

Silberminenaktien feiern Comeback
Silber

Seit einigen Monaten zieht der Silberpreis kräftig nach. In unserer sechsteiligen Serie gehen wir der Frage nach, inwieweit das „Gold des kleinen Mannes“ vor dem Beginn einer Neubewertung steht. Teil 5: Von Minen bis Fonds – wo Anleger an der Neubewertung des Silbers teilhaben können

10.11.2025 | 14:00 Uhr von «Tim Bröning»

Silber ist knapp, die Nachfrage steigt und das Angebot kann kaum mithalten. Seit Jahren produziert die Welt weniger Silber, als sie verbraucht. Was aus Sicht der Industrie ein Risiko ist, ist für Anleger eine Chance. Silberminen sind die direkten Profiteure des strukturellen Defizits. Aber Unterschiede zwischen den Unternehmen sind erheblich und entscheiden darüber, ob eine Rallye zur Gewinnmaschine oder zum Lehrstück wird.

Primärproduzent, Beiprodukt, Explorer – wie die Silberwelt strukturiert ist

Wer in Silberminen investiert, bewegt sich in einer überraschend kleinen Welt. Nur etwa ein Viertel der globalen Förderung stammt aus reinen Silberminen. Rund 70 Prozent des Metalls entstehen als Beiprodukt bei der Förderung von Zink, Blei, Kupfer oder Gold. Das erklärt, warum das weltweite Angebot auf Preissteigerungen kaum reagiert.

Unternehmen wie Pan American Silver, Hecla Mining, First Majestic Silver oder Fresnillo zählen zu den wichtigsten Primärproduzenten. Sie leben direkt vom Silberpreis – und reagieren damit am stärksten auf Preisbewegungen.

Beiproduzenten wie die schwedische Boliden haben dagegen eine breitere Ertragsbasis. Sie fördern zwar auch Silber, aber ihr Ergebnis hängt stärker von anderen Metallen ab. Das macht sie stabiler, aber weniger auf den Silberpreis gehebelt.

Am anderen Ende der Skala stehen die Developer und Explorer. Unternehmen wie MAG Silver(jetzt im Besitz von Pan American) oder Aya Gold & Silver befinden sich in der Ausbauphase oder erschließen neue Projekte. Sie produzieren (noch) wenig, aber ihr Wert steigt überproportional, wenn ihre Vorkommen mit höheren Preisen bewertet werden. Explorer sind im Grunde „Optionen auf die Zukunft“. Sie bieten das größte Potenzial, aber auch das höchste Risiko.

Diese vier Gruppen bilden zusammen das Anlageuniversum im Silberminensektor. Wer den Zyklus nutzen will, sollte verstehen, dass jede Gruppe ihren eigenen Charakter hat und dass der größte Hebel dort entsteht, wo Risiko und Preisempfindlichkeit am höchsten sind.

Warum hohe Kosten manchmal die größte Chance sind

In einem defizitären Markt ist die Frage nach den Förderkosten zentral. Hier spielt die Kennzahl AISC (All-in Sustaining Costs) die entscheidende Rolle. Sie zeigt, was es kostet, eine Unze Silber nachhaltig zu produzieren – inklusive Abbau, Instandhaltung und Verwaltung.

Der Durchschnitt liegt aktuell laut Unternehmensberichten im Allgemeinen zwischen 14 und 22 US-Dollar pro Unze. Pan American Silver oder First Majestic bewegen sich im Bereich von 19–20 US-Dollar pro Unze , während Hecla mit rund 13 US-Dollar pro Unze zu den kostengünstigsten Produzenten zählt und MAG Silver mit seiner hochgradigen Juanicipio-Mine sogar unter zehn  US-Dollar pro Unze operiert.

Auf den ersten Blick scheinen niedrige AISC ein Qualitätsmerkmal zu sein. Niedrige Kosten bedeuten Sicherheit, Stabilität und solide Margen, selbst wenn der Silberpreis schwankt. Doch je höher die Kostenbasis, desto größer der Gewinnhebel, wenn der Preis steigt.

Ein Beispiel macht das deutlich:
Ein Produzent mit AISC von 20 US-Dollar pro Unze erzielt bei einem Silberpreis von 50 US-Dollar pro Unze eine Marge von 30 US-Dollar. Steigt der Silberpreis um 20 Prozent auf 60 US-Dollar pro Unze , wächst die Marge um 33 Prozent auf 40 US-Dollar. Ein Produzent mit AISC von 40 US-Dollar pro Unze hingegen verdient bei 50 US-Dollar pro Unze zunächst nur zehn US-Dollar – doch bei 60 US-Dollar pro Unze springt der Gewinn auf 20 US-Dollar, also plus 100 Prozent.

Das erklärt, warum „High-Cost-Produzenten“ in Bullenmärkten oft größere Kursgewinne erzielen. Ihre Gewinne explodieren prozentual stärker – während die „Low-Cost-Producer“ stabiler, aber weniger dynamisch laufen. Anleger sollten sich dem beim Portfolio-Aufbau bewusst sein: Sicherheit durch effiziente Produzenten, Hebel durch die kostenseitig sensibleren Minenunternehmen.

Zwischen Sicherheit und Spekulation – die Kunst der Minenauswahl

Wer in einzelne Silberproduzenten investiert, sollte neben Kosten und Reserven immer auch das politische Umfeld, die Abbaumethode und die Finanzierungssituation prüfen.

Die sogenannte Jurisdiction ist dabei oft der entscheidende Risikofaktor. Es ist ein Unterschied, ob eine Mine bspw. in Mexiko oder Kanada liegt. In Mexiko – dem größten Silberproduzenten der Welt – sind neue Tagebauminen („Open Pit“) in mehreren Regionen seit 2022 de facto untersagt. Genehmigungen werden kaum mehr erteilt, Umweltauflagen und lokale Widerstände bremsen Projekte. In Chile und Peru führen Wasserknappheit, Sozialkonflikte und wechselnde Regierungen regelmäßig zu Verzögerungen

Ein warnendes Beispiel liefert die Geschichte von Tahoe Resources. Das Escobal-Projekt in Guatemala gilt als eine der größten unentwickelten Silberlagerstätten der Welt. Doch seit 2017 liegt die Mine still. Nicht wegen technischer Probleme, sondern aufgrund juristischer Auseinandersetzungen mit der indigenen Bevölkerung, die den Abbau ablehnt. Solche Fälle zeigen: Ein Projekt kann geologisch Weltklasse sein und trotzdem wirtschaftlich wertlos werden.

Auch die Abbaumethode beeinflusst das Risiko-Profil. Open Pit-Minen sind kostengünstiger und schnell skalierbar, aber anfälliger für Umwelt- und Genehmigungskonflikte. Underground-Minen sind teurer und technisch anspruchsvoller, dafür meist langlebiger und gesellschaftlich akzeptierter.

Die Finanzierung ist vor allem bei Entwicklern entscheidend. Viele Projekte erfordern nicht nur Kapital für den Bau, sondern auch für Infrastruktur – etwa Stromleitungen, Straßen oder Wasserzugänge. Ein Developer ohne gesicherte Finanzierung steht trotz hoher Ressourcenbasis schnell unter Druck.

Hinzu kommt die Qualität des Managements. Hat das Team bereits erfolgreich eine Mine in Betrieb genommen? Ist das Management selbst investiert? Solche Fragen sind keine Nebensächlichkeit – sie entscheiden in kritischen Marktphasen über Vertrauen und Kapitalzugang.

Fonds und ETFs – Hebel ohne Einzeltitelrisiko

Nicht jeder Anleger möchte sich durch Quartalsberichte, Reservenschätzungen und Explorationsrisiken kämpfen. Für sie bieten Fonds und ETFs einen bequemen Zugang.

Der Global X Silver Miners ETF (SIL) bildet bspw. ein breites Spektrum an Silberproduzenten ab. Der SILJ konzentriert sich auf Junior-Minen. Wer aktiv gemanagten Zugang bevorzugt, findet Alternativen wie den Stabilitas Silber & Weißmetalle Fonds oder den Bakersteel Precious Metals Fund (aktuell 25 Prozent Silber).

Gerade der Stabilitas-Fonds kombiniert solide Mid-Tier-Produzenten mit ausgesuchten Junior-Positionen – ein Ansatz, der in der zweiten Hälfte eines Edelmetall-Bullenmarkts besonders interessant ist. Denn sobald der Markt breiter wird und die Ratio-Kompression (Gold zu Silber) an Dynamik gewinnt, profitieren die kleineren Minen überproportional.

ETFs und Fonds bieten somit die Möglichkeit, am Hebel des Sektors zu partizipieren, ohne Klumpenrisiken einzelner Unternehmen einzugehen. Wer zusätzlich physisches Silber oder ETCs hält, kann mit Minenfonds gezielt den „Turbo“ im Portfolio zuschalten.

Fazit: Eigene Strategie wichtig, um den Hebel zu nutzen

Silberminen sind die Speerspitze des laufenden Bullenmarkts. Sie profitieren nicht nur vom steigenden Metallpreis, sondern auch von der strukturellen Knappheit des physischen Angebots. Unternehmen mit niedrigen Kosten bieten Stabilität, Unternehmen mit höheren Kosten bieten den stärksten Hebel – beide haben ihren Platz in einem intelligent strukturierten Portfolio.

Doch Anleger sollten nicht vergessen: Jurisdiction, Finanzierung und Managementqualität entscheiden mit über den Erfolg. Eine Mine in Kanada mit solider Bilanz und erfahrenem Team kann langfristig mehr Wert schaffen als ein Traumprojekt in politisch unsicherer Region.

Für Investoren heißt das: Wer an das langfristige Defizit glaubt, findet in Silberminen einen operativen Hebel auf den Preis – und in Fonds wie dem Stabilitas eine Möglichkeit, diesen Hebel professionell zu steuern.

Ausblick: Der strategische Silberanteil

Im letzten Teil dieser Serie geht es um den strategischen Aufbau eines Silberportfolios. Wie viel physisches Metall, wie viel Minen-Exposure und wie viel Fondsanteil machen Sinn? Welche Gewichtung passt zu welchem Anlegerprofil? Und wie lässt sich das Gold-Silber-Ratio gezielt für Rebalancing und Timing nutzen?


Zum Autor: Tim Bröning ist Diplom-Ökonom und Betriebswirt und bereits seit über 30 Jahren an der Börse und im Finanzmarkt aktiv. Er arbeitete viele Jahre bei der Siemens AG sowohl im Energiebereich als auch für den Zentralvorstand in der Strategie- sowie M&A-Abteilung, wo er sich früh mit Marktanalysen, strategischer Ausrichtung und Unternehmensbewertung beschäftigte. Die letzten 15 Jahre war er ausschließlich in hohen Führungspositionen im Finanzdienstleistermarkt tätig, wo er sich u.a. auf makroökonomische Fragestellungen, die Fondsanalyse und Fondsauswahl fokussierte. Einer besonderer Fokus gilt seit Jahren dem Rohstoffmarkt.  Tim Bröning ist heute selbständig. Mehr unter www.broening-investment.de.

Hier geht es zu Teil 1 der TiAM-Serie zu Silber: Silber auf Rekordkurs: Anpfiff zur zweiten Halbzeit

Hier geht es zu Teil 2 der TiAM-Serie zu Silber: „Silber auf Rekordkurs: zwischen Energiewende und Anlegerhunger – wo die echte Nachfrage herkommt“

Hier geht es zu Teil 3 der TiAM-Serie zu Silber: „Silber auf Rekordkurs: Warum selbst hohe Preise kein neues Angebot schaffen"

Hier geht es zu Teil 4 der TiAM-Serie zu Silber: Silber auf Rekordkurs: Ist das Edelmetall nun teuer oder günstig?


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