„Trotz wieder steigender Fallzahlen schließen Anleger einen erneuten Shutdown aus“, sagt Alexander Roose. „Auch die Aussicht auf einen Impfstoff noch in diesem Jahr beruhigt die Marktteilnehmer“.
05.08.2020 | 10:00 Uhr von «Jörg Billina»
Herr Roose, im ersten Quartal dieses Jahres ging es an den Börsen massiv nach unten, im zweiten Quartal erholten sich die Kurse deutlich. Wird die zweite Jahreshälfte ähnlich volatil?
Alexander Rose: Ich denke nicht. Selten war das Verhalten an den Börsen so sprunghaft wie in den vergangenen zwei Quartalen. Dem massiven Kurseinbruch folgte einer der steilsten Marktanstiege in der Geschichte. In den kommenden Monaten dürfte die Volatilität deutlich geringer ausfallen.
Was macht Sie da so sicher?
Die Stimulierungspakete der Regierungen und die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken sorgen für anhaltenden Optimismus. Investoren gehen davon aus, dass die globale Wirtschaft im kommenden Jahr wieder Fahrt aufnehmen wird. Zudem wächst unter den Marktteilnehmern zunehmend die Einsicht, dass keine Regierung — zumindest in den Industriestaaten — noch einmal die Wirtschaft komplett abschalten werden. Das wäre ökonomischer Selbstmord. Zudem wächst der Optimismus, dass noch in diesem Jahr eine Therapie gegen Covid-19 gefunden wird.
Die Fallzahlen steigen jedoch wieder, insbesondere die USA bekommen die Pandemie nicht in den Griff. Experten warnen bereits vor einer zweiten Welle im Herbst. Kann man neue Lockdown-Maßnahmen wirklich ausschließen?
Diese werden vermutlich nur punktuell erfolgen. Auch sind die Behörden beziehungsweise die Krankenhäuser in vielen Ländern auf eine mögliche zweite Welle gut relativ gut vorbereitet.
Wie würden die Marktteilnehmer reagieren, sollte es doch zu einem erneuten Lockdown kommen?
Schwere Verwerfungen wären die Folge.
Was war Ihrer Meinung nach der wichtigste Trigger, der Anleger im zweiten Quartal dieses Jahres zurück an die Märkte brachte?
Den wichtigsten Anstoß zum Richtungswechsel an den Börsen gab die US-Notenbank mit ihrer Ankündigung, Unternehmensanleihen auch mit schlechter Bonität erwerben zu wollen. Sie signalisierte so den Investoren, dass sie fest entschlossen ist, eine Insolvenzwelle und eine erneute Bankenkrise mit viel Geld zu verhindern.
Sind weitere Maßnahmen seitens der Regierungen und der Notenbanken notwendig, um die Konjunktur anzukurbeln und die Börsenkurse zu stützen?
Die Regierungen haben ihre fiskalpolitischen Möglichkeiten noch nicht vollkommen ausgeschöpft. Die Notenbanken verfügen dagegen über nicht mehr allzu große Spielräume, sie haben ihre Bilanzen durch Anleihekäufe schon stark ausgeweitet. Sie können auch die Zinsen nicht mehr viel tiefer senken. Fortgesetzte geldpolitische Maßnahmen können unter anderem zu Preissteigerungen führen.
An den Maßnahmen der Regierungen und der Notenbanken wächst Kritik. Zu Recht?
Die Kritik teile ich nicht. Auch wenn die Verschuldung kräftig gestiegen ist: Die Corona-bedingte Krise erforderte eine starke Reaktion. Die ist erfolgt.
Der Euro hat gegenüber dem Dollar zuletzt deutlich an Stärke gewonnen. Treibt die Einigung auf den 750-Milliarden-Euro schweren Wiederaufbaufonds die Gemeinschaftswährung?
Das ist sicherlich ein Grund. Auch das Risiko eines Auseinanderbrechens der Staatengemeinschaft ist gesunken. Uns hat das starke Engagement der Bundesregierung beziehungsweise der Kanzlerin für den Aufbaufonds überrascht. Die EU geht gestärkt aus der Krise hervor. Sie entwickelt sich zunehmend in Richtung Fiskalunion. Ausländische Investoren sehen dies positiv und dürften Europa in ihren Portfolios künftig höher gewichten.
Rund 30 Prozent des EU-Konjunkturprogramms sollen für die Umwelt verwendet werden. Wie können Anleger davon profitieren?
Wir denken, dass Dekarbonisierung beziehungsweise Nachhaltigkeit einer der stärksten Börsentrends in den kommenden Jahren sein wird. Neben anderen renditestarken Zukunftsthemen spielen wir diesen Trend im DPAM Invest B Equities NewGems Sustainable.
Ein weiterer Trend ist Digitalisierung. Sind Tech-Unternehmen aber nicht schon zu hoch bewertet?
Die Bewertungen — insbesondere der großen US Player — sind angesichts ihren hohen Innovationskraft und ihres Wachstumspotenzials berechtigt. Die Branche hat zudem durch Corona noch einmal einen kräftigen Rückenwind erhalten,
der auch nach der Pandemie anhalten sollte. Das ist auch ein Grund, warum
wir im Fonds über 60 Prozent der Mittel in US-Werte investiert haben.
Der in den Umfragen führende US-Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, hat sich kritisch gegenüber Tech-Unternehmen geäußert und will Konzerne wie Amazon stärker besteuern. Ist dies für Anleger ein Grund zur Besorgnis?
Ja, der US-Wahlkampf kann durchaus den US-Aktienmarkt in den kommenden Monaten negativ belasten. Äußerungen, die Politiker während eines Wahlkampfes machen, muss man jedoch nicht allzu viel Bedeutung beimessen. Kommen diese ins Amt, ändern sie nicht selten ihre Standpunkte beziehungsweise schwächen ihre Positionen ab.
Alexander Roose ist Chief Investment Officer der belgischen Fondsgesellschaft Degroof Petercam Asset Management und verantwortet den DPAM Invest Equities NewGems Sustainable. Roose studierte angewandte Wirtschaftswissenschaften.
Ausgewählte globale Aktienfonds | Performance seit 1.1.20 (in %) | Performance 3 Jahre (in %) | FondsNote | ISIN |
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DPAM NewGems Sustainable B | 16,8 | 66,6 | 1 | BE0946564383 |
Morgan Stanley Global Opportunity $ A | 15,5 | 67,5 | 1 | LU0552385295 |
Carmignac Investissement A | 9,7 | 15,1 | 4 | FR0010148981 |
Threadneedle Global Focus AU € | 6,0 | 53,3 | 1 | LU0757431068 |
Robeco Global Stars Equities | 4,0 | 38,9 | 1 | NL0000289783 |
DWS Global Growth LD | 3,6 | 40,2 | 1 | DE0005152441 |
Capital Group New Perspective B € | 2,7 | 36,4 | 1 | LU1295551144 |
Pictet Global Megatrend Sel. P € | -0,8 | 28,2 | 2 | LU0386882277 |
UniGlobal | -1,9 | 29,1 | 3 | DE0008491051 |
AB Concentrated Global Equity A $ | -2,1 | 41,4 | 1 | LU1011997381 |
Dirk Müller Premium Aktien R | -4,9 | 5,8 | 2 | DE000A111ZF1 |
iShares Core MSCI World ETF | -6,6 | 24,3 | 2 | IE00B4L5Y983 |
Templeton Growth (Euro) A | -14,4 | -10,8 | 5 | LU0114760746 |
Stichtag: 30.07.2020; Quelle: vwd |
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