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Interview

„Die Nullzins­politik der EZB wird fortgeführt“

2021 wird das Jahr der Erholung, prognostiziert Dr. Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust und Honorarprofessor der Uni Frankfurt. Investoren sollten sich auf anhaltend niedrige und negative Zinsen einstellen – und weiter steigende Kurse am Aktienmarkt.

19.02.2021 | 12:15 Uhr von «Ronny Kohl»

TiAM: Wie sieht Ihr Bild für die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2021 aus?

Dr. Michael Heise: Die wirtschaftliche Entwicklung ist natürlich sehr stark geprägt von der Corona-Pandemie und den politischen Reaktionen darauf. Wir haben 2020 nach dem ersten Einbruch eine kraftvolle Erholung gesehen, die einen großen Teil des Einbruchs wettgemacht hat. Allerdings erleben wir jetzt das Hochschnellen einer zweiten Corona-Welle, was wiederum viele Länder zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens veranlasst hat. Deshalb werden wir eine deutliche Abflachung der wirtschaftlichen Entwicklung im vierten Quartal 2020 und vermutlich auch in den ersten Monaten 2021 sehen.

TiAM: Also erst mal keine Fortsetzung der Erholung?

Heise: Grundsätzlich gilt noch immer, dass 2021 das Jahr der Erholung nach der Pandemie sein wird, aber die jüngsten Entwicklungen sind schon Anlass, die zuvor doch recht optimistischen Prognosen etwas zurückzunehmen. Der IWF hat vor wenigen Wochen noch ein Wachstum um fünf Prozent weltweit prognostiziert, was ich persönlich für etwas zu optimistisch halte.

TiAM: Was erwarten Sie?

Heise: Meine Zahl liegt eher bei vier Prozent, was bei genauerer Betrachtung gut zu erreichen ist – weil wir auf einem relativ hohen Sockel in das Jahr 2021 hinein­gehen. Trotz eines relativ schwachen vierten Quartals werden wir nicht allzu viel Schwung brauchen, um 2021 einigermaßen gute Zahlen zu erreichen.

TiAM: Wie erklärt sich das?

Heise: Nehmen wir China als Beispiel. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte zum Jahresende einen statistischen Überhang von rund fünf Prozent zum Gesamtjahr 2020 haben. Das heißt, selbst wenn 2021 nichts passiert, wird das Wachstum bei fünf Prozent liegen. Aber es wird natürlich Wachstum geben in China, weshalb die Prognosen von bis zu zehn Prozent für 2021 keineswegs überoptimistisch sind. Das lässt sich nicht auf alle Länder übertragen – aber für die Weltwirtschaft im Ganzen werden wir gute Wachstumszahlen sehen.

TiAM: Was erwarten Sie für Deutschland?

Heise: China ist für unsere Konjunktur ein ganz wichtiger Anker. Das Land brachte in den vergangenen Monaten eine über Erwarten starke Nachfrageentwicklung. Das half der deutschen Industrie sehr, sodass wir im vierten Quartal ein sehr deutliches Produktionsplus sehen werden. Der Dienstleistungsbereich hinkt hinterher und wird von Corona jetzt noch einmal getroffen, sodass es auch 2021 zunächst bei einer Spaltung der Konjunktur bleiben wird. Für 2020 rechne ich für Deutschland unter dem Strich mit einem Rückgang um fünf Prozent und 2021 mit einem Zuwachs um rund vier Prozent. Das setzt aber voraus, dass wir nicht in einen neuen umfassenden Lockdown gehen müssen. Letztlich ist die weitere Entwicklung der Pandemie hierfür entscheidend, auch im Ausland, wo ja wichtige Abnehmer deutscher Produkte sind.

TiAM: Könnte die Einführung eines Impfstoffs die ersehnte Entspannung bringen?

Heise: Wenn es zu Beginn des neuen Jahres zu einem Durchbruch kommen sollte, würde das die Lage tatsächlich deutlich entspannen und uns eine größere Herden­immunität erreichen lassen. Die jüngsten Meldungen waren sehr positiv, ob es ein Erfolg wird, bleibt aber abzuwarten.

TiAM: Was bedeutet Ihr Ausblick für Aktien­anleger?

Heise: Die aktuellen Kurse am Aktienmarkt spiegeln schon eine gute Portion Zuversicht über die weitere Entwicklung der Pandemie wider und sie haben auf die Wahl Joe Bidens mit einigen Vorschusslorbeeren reagiert. Kurzfristig könnte vor allem die Corona-Entwicklung Korrekturen herbeiführen. Für langfristig orientierte Anleger gibt es aktuell jedoch Chancen, Bestände aufzubauen.

TiAM: Und die Risiken?

Heise: Die Risiken sind sicher da. Aber die Regierungen werden alles tun, um die Auswirkungen von Corona im Griff zu behalten und die Notenbanken stehen Gewehr bei Fuß, um gegebenenfalls einzugreifen. Daher rechne ich nicht mit einer ausgeprägten Baisse am Aktienmarkt.

TiAM: Welche Branchen würden Sie bevorzugen?

Heise: Die Pandemie dürfte unser Leben 2021 nicht mehr so beherrschen wie in diesem Jahr, vor allem wenn die Impfungen allmählich anlaufen. Daher werden Branchen, die bislang von der Pandemie begünstigt wurden, sich relativ zu anderen eher etwas schwächer entwickeln. Dazu gehören vor allem vielfältige Branchen, die mit der Digitalisierung des ökonomischen und gesellschaftlichen Lebens beschäftigt sind. Deren Kurssprünge sind zwar vielfach nicht unbegründet, weil die Corona-Krise einen langfristigen Trend verstärkt hat, aber kurzfristig, glaube ich, werden sie gegenüber den Branchen mit großem Nachholbedarf eher etwas schwächer abschneiden. Und ein Bewertungsrückstand ist in vielen Industriebranchen festzustellen, die mir derzeit attraktiv erscheinen.

TiAM: Wie sieht Ihr Szenario auf der Zinsseite aus?

Heise: Das ist einfach. Die Null- und Negativzinspolitik der EZB wird fortgeführt. Desgleichen bei der Fed, die schon angekündigt hat, dass zunächst keine Zinsanhebungen kommen werden. Vor allem haben die Notenbanken sehr mächtige Instrumente, um die Anleihezinsen da zu halten, wo sie diese haben wollen.

TiAM: Welche Rolle spielt hier die Inflation?

Heise: Wenn stärkere Inflation aufkäme, würde sich das ändern. Das ist derzeit aber nicht absehbar. Daher werden die Zinsen sehr niedrig bleiben, um es den Staaten zu ermöglichen, die gewaltigen Konjunkturprogramme günstig zu finanzieren.

TiAM: Wie ist Ihr Inflationsszenario?

Heise: In der kurzen Sicht könnte sich etwas bewegen, wenn etwa die Rohstoffnachfrage anzieht. Dann geht das schnell in die Preise. Oder wenn die deutsche Mehrwertsteuer wieder auf die alten Sätze angehoben wird, dann dürfte der Preisindex wohl um mindestens einen Prozentpunkt zusätzlich ansteigen. Und schließlich die ganzen Maßnahmen für den Infektionsschutz – die werden früher oder später auf die Preise gewälzt werden.

TiAM: Das spricht eigentlich für Reaktionen auf der Zinsseite.

Heise: Ich gehe eher davon aus, dass der Markt hindurchschaut, wie man so sagt. Dass er dies als kurzfristige Effekte abtut und nicht nervös wird. Aber es ist eine spannende Frage.

TiAM: In welche Richtung geht Ihr Pendel?

Heise: Meiner Ansicht nach ist Inflation nur in längerer Sicht denkbar. Etwa, wenn die staatliche und die private Nachfrage nachhaltig und stark ansteigen. Im Moment fließt das Geld vor allem in höhere Ersparnis, was die Vermögenswerte begünstigt. Auf Dauer kann die monetäre Staatsfinanzierung, wie wir sie gerade im großen Stil betreiben, aber schon inflationäre Wirkungen entfalten – über mehr Nachfrage, höhere Kredite und höhere Löhne.

TiAM: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit hierfür?

Heise: Die ist letztlich nicht sehr hoch, weil die Politik die nötigen Instrumente hat, um inflationäre Entwicklungen zu stoppen. Bei Inflation müssten die Staaten auf die Bremse treten und die Staatsausgaben zurückfahren oder Steuern erhöhen. Das bremst dann auch die Gesamtnachfrage. Auch die Notenbanken wären gefordert, gegenzuhalten.

TiAM: Immer wieder die Notenbanken. Wie viel Munition haben die denn noch, um all das aufzufangen und um auch für derzeit nicht absehbare Ereignisse gewappnet zu sein?

Heise: Die Möglichkeiten der Notenbanken zur Liquiditätsschaffung sind im Grunde unbegrenzt. Da kann man sich noch viel vorstellen. Die Frage ist aber, ob das für
die wirtschaftliche Entwicklung noch allzu viel bringt.

TiAM: Wenn wir andererseits die Schulden­berge anschauen, die die Staaten auftürmen: Lassen die sich in einer überschaubaren Zeitspanne auch wieder abbauen?

Heise: Da bin ich skeptisch. Das Umfeld ist für Regierungen einfach zu günstig, als dass sie anfangen würden, zu kürzen. Solange die Inflation niedrig bleibt und vorteilhafte Finanzierungsbedingungen vorliegen, ist der Anreiz zur Konsolidierung sehr gering.

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