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Honorare und Provisionen bleiben – aber mit Blick auf Fehlanreize.
Anlageberatung

Finanzberatung: Was sich laut Koalitionsvertrag für die Branche ändern soll

Laut aktuellem Koalitionsvertrag sollen honorar- und provisionsbasierte Finanzberatung weiterhin nebeneinander existieren dürfen – vorerst jedenfalls. SPD, CDU und CSU halten sich eine Hintertür für Änderungen offen.

24.04.2025 | 12:15 Uhr von «Matthias von Arnim»

Der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD setzt in der Finanzberatung zunächst auf Kontinuität und moderate Reformen. Explizit hält die Regierung fest: „Die honorar- und provisionsbasierte Finanzberatung werden wir nebeneinander erhalten“. Damit ist ein generelles Provisionsverbot, wie es auf EU-Ebene immer wieder diskutiert wird, vorerst vom Tisch. Stattdessen wird das Nebeneinander beider Vergütungsmodelle als politisch gewollt bestätigt. Gleichzeitig kündigt der Koalitionsvertrag an, zu prüfen, „ob die Instrumente der Missstands-Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) derzeit ausreichen, um Fehlanreize in der Finanzberatung zu verhindern“. Damit bleibt die Tür für eine mögliche Nachjustierung offen – etwa, wenn sich herausstellen sollte, dass Provisionen zu problematischen Anreizen führen.

Mittelfristige Planungssicherheit für die Finanzbranche

Für Banken, Versicherer und Vermittler bringt diese Entscheidung mittelfristige Planungssicherheit. Die parallele Existenz von Honorar- und Provisionsberatung ermöglicht es weiterhin, unterschiedliche Kundengruppen weiterhin bedarfsgerecht zu erreichen. Viele Verbraucher bevorzugen die provisionsbasierte Beratung, da sie kein Honorar vorab zahlen müssen – ein Aspekt, den auch Branchenvertreter betonen. Heiko Hauser, Geschäftsführer der Finanzberatungsgruppe Plansecur, hebt hervor, dass ein Provisionsverbot „Menschen von der Finanzberatung abgekoppelt hätte, die ihren Nutzen auf den ersten Blick für sich nicht erkennen. Das wäre fatal angesichts der gesetzlichen Rentensituation, die eine eigenfinanzierte Altersvorsorge unerlässlich macht“. Plansecur begrüßt daher die Entscheidung der Koalition als „richtige Weichenstellung“, warnt jedoch zugleich davor, dass die angekündigte Prüfung möglicher Fehlanreize nicht in einen Generalverdacht oder eine Überregulierung insbesondere der Provisionsberatung münden dürfe.

Auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW sieht im Koalitionsvertrag ein „starkes Signal“ für die Anerkennung beider Vergütungsmodelle, mahnt aber an, dass die Ausgestaltung der Regulierung fair und ausgewogen sein müsse. In ähnlicher Weise lobt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), dass keine gravierenden Eingriffe in die Berufsausübung der Berater geplant seien. Auch der BVI Bundesverband Investment und Asset Management begrüßt die Klarheit bei der Vergütungsfrage.

Alle Augen auf die BaFin

SPD, CDU und CSU verweisen in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich darauf, die Möglichkeiten und Kompetenzen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu überprüfen. Erstaunlicherweise ignoriert das Papier den Umstand, dass nicht alle Finanzberatungen gleichermaßen überwacht werden. Honorar-Anlageberatungen etwa sind im Honorar-Anlageberater Register der BaFin gelistet und werden von der Behörde auch überwacht. Auch vertraglich gebundene Vermittler, die bei Banken oder Versicherungsunternehmen angestellt sind, unterliegen der laufenden Aufsicht der BaFin, benötigen gemäß § 2 Abs. 10 KWG jedoch keine eigene Erlaubnis. Anders sieht es bei Finanzanlagenvermittlern und -beratern aus, die gewerbsmäßig Finanzanlagen vermitteln oder deren Abschluss vorbereiten (z.B. Investmentfonds, Versicherungen, Beteiligungen). Sie benötigen eine Erlaubnis gemäß § 34f GewO. Diese Erlaubnis wird von der zuständigen IHK erteilt. 

Die BaFin schwebt als oberste Finanzaufsicht zwar theoretisch darüber, spielt in der Praxis aber de facto keine Rolle. Die IHKs übernehmen die Erlaubniserteilung und prüfen die Sachkunde sowie die jährlichen Prüfberichte der 34f-Berater. Der Koalitionsvertrag sieht nun jedoch vor, dass explizit die BaFin-Instrumente auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Mit anderen Worten, auf die Aufsichtsbehörde kommt – falls der Koalitionsvertrag nicht ein reines Lippenbekenntnis bleibt – in den kommenden Monaten die Aufgabe zu, zu prüfen, ob sie über ausreichende Zugriffsmöglichkeiten verfügt, um Beratungs- und Vergütungsmodelle in der Praxis zu überprüfen. Und eingreifen zu können, etwa wenn Berater Produkte empfehlen, die ihnen die höchsten Provisionen bringen, aber nicht unbedingt im besten Interesse der Kunden sind.

Ausblick: Keine Entwarnung für Finanzberater

Es wäre nicht verwunderlich, wenn die BaFin den im Koalitionsvertrag formulierten Auftrag an sie nicht zum Anlass nehmen würde, ihre Kompetenzen auszuweiten. Schließlich liegt solches Handeln im Wesen von Aufsichtsbehörden. So erweitert etwa die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) ihren eigenen Zugriffsbereich bereits kontinuierlich und schränkt die Kompetenzen der BaFin in bestimmten Bereichen deutlich ein. Eine Kompetenzerweiterung im nationalen Bereich wäre deshalb im Sinne der BaFin, um nicht weiter an Bedeutung zu verlieren.

Fazit

Würde der Koalitionsvertrag so umgesetzt werden, wie er im Moment verfasst ist, brächte er für die Finanzberatung in Deutschland keine Revolution. Die Formulierungen setzen auf Stabilität und eine Überprüfung bestehender Aufsichtsinstrumente. Das Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung bliebe zunächst erhalten, während die BaFin als zentrale Aufsichtsbehörde auf mögliche Fehlanreize ein besonderes Augenmerk legen soll.

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