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Expertenanalyse: „Die Inflation ist tot, lang lebe die Inflation!“

EZB erhöht erneut die Zinsen
Analyse

Jede Woche veröffentlichen führende Vermögensverwalter weltweit zahlreiche fundierte Einschätzungen zu den Finanz- und Kapitalmarktmärkten. TiAM FundResearch fasst regelmäßig die wichtigsten Aussagen für Sie kompakt zusammen.

03.02.2023 | 12:20 Uhr

Diese Woche standen bei den Kapitalmarktexperten die Zinsentscheidungen in den USA und Europa sowie die gute Stimmung an den Aktienmärkten im Fokus.

So kommentiert Dr. Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust, die EZB-Entscheidung wie folgt:
-Die EZB hält Kurs: Mit der Anhebung der Leitzinsen um einen weiteren halben Prozentpunkt setzt die EZB ihre Ankündigung um, die Zinsen mit stetigen Schritten deutlich zu erhöhen.
- Der Rückgang der Inflationsrate auf 8,5 Prozent ist alles andere als eine Entwarnung für die EZB. Vielmehr zeigt die unverändert hohe Kerninflation von 5,2 Prozent, die Veränderungen der Energie-, Nahrungs- und - Genussmittelpreise ausblendet, dass noch keine durchgreifenden Fortschritte bei der Rückkehr zur Preisstabilität gemacht wurden.
- Deutliche Entspannungszeichen sind von der Europäischen Zentralbank erst dann zu erwarten, wenn die Kerninflation einige Monate nacheinander zurückgeht.
- Damit werden auch Aussagen zum voraussichtlichen Höhepunkt der Zinsen noch einige Monate auf sich warten lassen.
- Die EZB wird im Vergleich zur Fed, die das Tempo ihres Zinsanstiegs bereits deutlich verlangsamt hat, nun stärker zum Taktgeber für die Kapitalmarktrenditen und die Devisenmärkte.
- Tendenziell steigende Renditen und ein relativ fester Euro sollten die Folgen dessen sein.


Tiffany Wilding, US-Ökonomin, und Allison Boxer, Ökonomin, PIMCO analysiert den Balanceakt der Fed zwischen Inflation und Rezession:
„Auf ihrer ersten Sitzung im Jahr 2023 sah sich die US-Notenbank Fed mit konkurrierenden Prioritäten konfrontiert. Einerseits musste sie den Fortschritten bei der Inflationsbekämpfung Rechnung tragen, andererseits signalisieren, dass die Zinserhöhungen nicht ewig fortgesetzt werden. Gleichzeitig galt es, einen ausreichend restriktiven geldpolitischen Kurs beizubehalten, gemessen an einer breiten Palette von Vermögenswerten. Obwohl der Fed-Vorsitzende Jerome Powell wiederholt die Entschlossenheit der Währungshüter betonte, „nicht aufzuhören, bevor die Inflationsbekämpfung erledigt ist“, verschob sich seine Einschätzung der Risiken, zu viel oder zu wenig zu tun, hin zu einem ausgewogeneren Ton. Er sagte sogar, dass weniger Bedarf an einer restriktiven Politik bestünde, sollte die Inflation schneller sinken als die Fed aktuell prognostiziert. In diesem Fall würde die Fed Zinssätze auch schneller senken als sie derzeit prognostiziert. Diese Botschaften sowie Powells Interpretation, dass die aktuellen Marktpreise eine günstigere Inflationsprognose widerspiegeln als die Fed derzeit erwartet, deuten darauf hin, dass der Fed-Chef nicht die Absicht hatte, die Marktpreise aggressiv an die Prognosen der Fed anzupassen.
Die jüngsten Projektionen der Notenbank deuten darauf hin, dass sie in diesem Jahr noch zwei weitere Zinserhöhungen vornehmen wird - d.h. jeweils 25 Basispunkte auf ihren nächsten beiden Sitzungen im März und Mai.Aufgrund unserer Einschätzung der bisherigen Kommunikation der Fed und unseres Basisszenarios einer moderaten Rezession erwarten wir jedoch eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte im März, bevor die Fed eine Pause einlegt. Irgendwann in der zweiten Jahreshälfte dürfte sie mit schrittweisen Zinssenkungen beginnen.“


Jason Greenblath, Senior Portfolio Manager and Leiter Corporate Credit Research beim Asset Manager American Century Investments, rechnet nun mit zwei weiteren Zinserhöhungen, die das Zielband am Ende auf 5,00 bis 5,25 Prozent bringen:
„Wir sind der Meinung, dass die Fed, sobald sie die „Terminal Rate“ erreicht hat, dieses hohe Niveau halten muss, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Fed-Präsident Powell betonte gestern, dass das FOMC "noch viel zu tun" und "noch einen langen Weg vor sich“ habe und dass "es sehr verfrüht wäre, den Sieg zu verkünden". Der Arbeitsmarkt sei nach wie vor sehr angespannt, und die Verbraucher befänden sich nach wie vor in einer starken Position.
Wir sind der Ansicht, dass die Fed im Mai wahrscheinlich einen Schwenk vollziehen wird, heißt aber nur: die Zinsen auf dem hohen Niveau halten wird. Dies wird wahrscheinlich den fundamentalen Bedingungen für die Wirtschaft schaden; die Wahrscheinlichkeit einer Rezession liegt unseres Erachtens bei etwa 60 Prozent, und sie wird wohl in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 eintreten.
Die Bewertungen in verschiedenen Anlageklassen spiegeln jedoch ein Rezessionsszenario nicht wider. Deshalb sind wir Long in Duration, Short- in Unternehmensanleihen und Long in bestimmten hochwertigen Verbriefungen wie Flugzeugleasing-ABS und MBS positioniert.“


Die Inflation ist tot, lang lebe die Inflation!“, meint Olivier de Berranger, CIO bei LFDE: „Obwohl die Inflation seit Ende 2021 das Hauptgesprächsthema an den Märkten gewesen war, wurde sie zuletzt von der Diskussion über eine bevorstehende Rezession verdrängt. Dennoch kann es durchaus sein, dass sich die Anleger auch mit der Inflation weiter auseinandersetzen müssen.
Grund hierfür ist zunächst einmal, dass (noch) nicht in allen Regionen der Welt ein Rückgang wie beispielsweise in den USA zu beobachten ist. Zwar beginnt die Gesamtinflation in der Eurozone dank des Rückgangs der Energiepreise nachzugeben, die Kerninflation steigt aber weiter. In Japan, dem der Höhenflug der Preise lange Zeit erspart geblieben ist, erreicht die Inflation Rekordwerte, die es seit den 1990er- oder sogar den 1980er-Jahren nicht mehr gegeben hat. Dies veranlasste die Bank of Japan nun, ihre seit Jahren verfolgte ultralockere Geldpolitik infrage zu stellen. Von den großen Volkswirtschaften scheint im Moment allein China verschont zu bleiben.
Doch das Reich der Mitte verfügt über den Kraftstoff, der den weltweiten Inflationsmotor wieder zum Laufen bringen könnte. Die schnelle Wiederöffnung des Landes nach der abrupten Beendigung seiner Null-Covid-Politik wird die Nachfrage nach oben treiben, insbesondere nach Rohstoffen. Für die Rohstoffpreise ist das alles andere als nebensächlich, da doch China im Durchschnitt ein Fünftel des weltweiten Rohöls, mehr als die Hälfte der Kupfer- und Nickelmenge und drei Fünftel des Flüssigerdgases importiert. Im Gegensatz zu den USA, wo Schecks direkt an die privaten Haushalte verteilt wurden, hatte die Volksrepublik keine massiven Konjunkturprogramme zur gezielten Ankurbelung der Nachfrage aufgelegt. Dennoch haben die Chinesen während der langen Lockdowns sehr viel gespart – insgesamt 2,6 Trilliarden Dollar im Jahr 2022. Mit der Öffnung der chinesischen Landesgrenzen steht diese riesige Geldmenge nun zur Ankurbelung der Weltwirtschaft bereit.
Ein derartiger Nachfrageüberschuss dürfte eine positive Wirkung auf das weltweite Wirtschaftswachstum ausüben. Dies betrifft vor allem Europa, wo zahlreiche Unternehmen im chinesischen Konsum tätig sind. Doch er könnte auch zu erneuten Störungen in den Lieferketten führen, die gerade erst allmählich zu einer halbwegs normalen Funktionsweise zurückfinden. Dies ist umso wahrscheinlicher, als dass noch nicht bei allen Produkten eine Normalisierung zu verzeichnen ist. So gibt es an einigen Stellen seit Monaten Überbestände, während andere Produkte weiterhin Mangelware sind.
Sicherlich herrscht Ungewissheit darüber, wie schnell sich die Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft auf die Weltwirtschaft auswirken wird. Die nach wie vor ausgeprägten Sorgen im heimischen Immobiliensektor lassen den Bausektor schwächeln und begrenzen die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen. Die Zurückhaltung beim Konsum, die man sich während der Pandemie angewöhnt hat, wie auch die ungewissen wirtschaftlichen Aussichten könnten die Motivation zum überstürzten Ausgeben der Ersparnisse bremsen.
Wenngleich die Inflation nicht mehr das zentrale Thema der Anleger ist und sich die finanziellen Bedingungen deutlich gelockert haben, sollte man das Risiko einer durch die Wiederöffnung Chinas verursachten neuen Inflationswelle genau im Auge behalten.


Gerit Heinz, Leiter Portfoliomanagement Bellevue AM Deutschland erkennt einen veränderten Kurs an den Aktienmärkten:
„Die große Rotation des Jahres 2022 an den globalen Aktienmärkten war der Favoritenwechsel von Wachstums- in Substanzwerte, nachdem letztgenannte über viele Jahre das Nachsehen hatten. Höhere Zinsen begünstigen insbesondere den lange vernachlässigten Bankensektor. In unserer Szenarioanalyse schließen wir zwar eine Rezession nicht aus, gehen aber auch davon aus, dass der Rückenwind für die Finanzdienstleister durch höhere Zinsen stärker sein wird als der Gegenwind durch mögliche Kreditausfälle. Positiv für den Sektor wirkt daneben, dass Banken nach der Coronakrise nun wieder Dividenden zahlen und eigene Aktien zurückkaufen können.
Der Rohstoffsektor wird von einer Öffnung Chinas begünstigt, nachdem die dortigen Restriktionen und die damit einhergehende Wachstumsabschwächung zuvor zu einem Preisverfall für sogenannte «Industriemetalle» geführt hatten. Rohstoffe wie Kupfer profitieren nicht nur von der wirtschaftlichen Veränderung, sondern erhalten durch den Ausbau «Erneuerbarer Energien» einen weiteren Schub.
Zudem sollte der Energiesektor nicht zu früh abgeschrieben werden. Die Unternehmen profitieren weiter von den hohen Preisen für Energie. Hinzu kommt, dass die Branche insgesamt in den letzten zehn Jahren wenig in die Produktionskapazitäten investiert hat, sodass es bei einem wirtschaftlichen Aufschwung schnell wieder zu einem Nachfrageüberhang kommen könnte, von dem die Branche zusätzlich profitieren könnte. Auch der Energiesektor stellt sich durch den Umbau hin zu erneuerbaren Energien neu auf.
Langfristige Perspektiven bleiben bei der Aktienselektion unverzichtbar und da führt kein Weg am Gesundheitssektor vorbei. Demografie und Alterung der Gesellschaft seien als entscheidende Faktoren genannt. Zudem hat uns die Coronakrise vor Augen geführt, welches Innovationspotenzial in dem Sektor steckt. Kleinere spezialisierte Unternehmen treiben zahlreiche Entwicklungen voran und sind mit den daraus folgenden Gewinnaussichten interessante Anlageziele. Diversifikation ist gerade bei der Investition in kleinere Unternehmen wichtig.
Bei einer Differenzierung zwischen den jeweiligen Regionen zeigt sich, dass europäische Aktien auf Indexbasis gegenüber ihren amerikanischen Pendants weiterhin einen Bewertungsvorteil aufweisen. Die europäischen Aktienindizes enthalten mehr Substanzwerte, was ihnen momentan aufgrund der gestiegenen Renditeniveaus einen relativen Vorteil verschafft. Die Erholung der chinesischen Wirtschaft könnte in diesem Jahr nicht nur für den heimischen Markt ein wichtiges Thema sein, sondern auch für europäische Aktien, die stärker als ihre US-amerikanischen Pendants vom Export abhängig sind.“


„Der Traum vom Goldlöckchen" ist laut Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch, surreal:
„Nach nur einem Monat haben einige Aktienmärkte bereits fast plus 10 Prozent Wertentwicklung erzielt. Auch an den Anleihemärkten wurden bis zur Monatsmitte dank sinkender Zinsen deutliche Kursgewinne erreicht, bevor sie eine kleine Pause einlegten. Technische Treiber waren die hohe Liquidität zu Jahresbeginn und das erneute Einsetzen von FOMO (fear of missing out), der Angst bei den Marktteilnehmern trotz aller Unsicherheiten Kursanstiege zu verpassen. Das klassische „Goldilocks“-Szenario, dem moderates Weltwirtschaftswachstum, niedrige Inflation und niedrige Zinsen zugrunde liegen, werde zwar ebenfalls genannt, sei aber faktisch unwahrscheinlich, so Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch.
Gemessen an den Wirtschaftsdaten und Äußerungen der Notenbanken scheint der Traum vom Goldlöckchen, der laut Böckelmann bei vielen Marktteilnehmern verfestigt zu sein scheint, surreal. Insbesondere die Wertzuwächse bei Aktien niedriger Qualität seien kaum zu rechtfertigen, so der Experte: „Zwar ist die Sorge berechtigt, dass die Notenbanken angesichts sich abzeichnender Wirtschaftsschwäche bei bereits rückläufiger Inflation zu lange auf dem Bremspedal verharren, aber einen Wendepunkt in der Geldpolitik zeitnah zu erwarten und somit einzupreisen erscheint verwegen. Zu tief sitzen die 70er Jahre Traumata bei den Notenbanken, als dass sie sich von einer drohenden Wirtschaftsschwäche beeindrucken ließen.“ Insgesamt zeige sich die Weltwirtschaft trotz Schwächeanfällen in vielen Bereichen noch robust. Vor allem der für die Notenbanken so wichtige Arbeitsmarkt (wegen Gefahr von Lohn-Preis-Spiralen) sei trotz bereits sichtbarem Stellenabbau sehr stabil. Einen möglichen Grund dafür erkennt Böckelmann in der Verzerrung durch die in großer Zahl aussteigenden Babyboomers. Letzteres sei neben der Deglobalisierung und der Dekarbonisierung ein struktureller Inflationstreiber, dessen Ausmaß aber noch zu bestimmen sei.“

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