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Analyse

„Albtraum Stagflation"

Jede Woche veröffentlichen führende Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften weltweit zahlreiche fundierte Einschätzungen zu den Finanz- und Kapitalmarktmärkten. Um einen Überblick zu erhalten, stellt TiAM FundResearch regelmäßig die wichtigsten Aussagen für Sie kompakt zusammen.

22.07.2022 | 12:20 Uhr von «Peter Gewalt»

Diese Woche standen der Zinsentscheid der EZB sowie die Anlagechancen im Aktien-und Anleihebereich im Mittelpunkt der Analysen.

Andy Mulliner, Head of Global Aggregate Strategies bei Janus Henderson Investors, kommentiert die Auswirkungen die ersten Zinserhöhung der EZB seit Jahren wie folgt: „Negative Zinssätze sind in Europa nun Geschichte. Die EZB überraschte den Markt heute mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte statt der zuvor angekündigten 25 Basispunkte. Gleichzeitig kündigte sie (wie erwartet) ein neues Instrument gegen die Fragmentierung an, das Transmissionsschutzinstrument (Transmission Protection Instrument, TPI). Die EZB relativierte ihren über den Erwartungen liegenden Schritt, indem sie ihre Prognosen für die September-Sitzung abschwächte und betonte, dass es sich bei diesem Schritt eher um eine Vorverlegung als um eine schrittweise Erhöhung der Zinssätze handele. Die EZB bestätigte auch das herausfordernde Umfeld, in dem sie sich befindet, mit offensichtlich höherem Inflationsdruck, aber auch einem schwächeren Wachstumsumfeld. Diese Kombination deutet darauf hin, dass sich die EZB sehr wohl bewusst ist, dass der vor ihr liegende Weg für die Geldpolitik tückisch ist, und dass auch die von den Mitgliedern der EZB veröffentlichten optimistischen Wachstumsprognosen auf der Kippe stehen dürften.

Während die Märkte zunächst von dem Umfang dieses Schrittes überrascht waren, wirkte die Reduzierung der Prognosen für die September-Sitzung beruhigend auf die Märkte. Die Bestätigung der schwierigen Wachstumsaussichten zusammen mit den Inflationsprognosen stellt eine nuanciertere Sichtweise dar, als dies vielleicht bei früheren Pressekonferenzen der EZB zu beobachten war. Wir sollten bei der nächsten Prognoserunde mit erheblichen negativen Korrekturen seitens der EZB-Mitglieder rechnen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass eine Stagflation für eine Zentralbank, die für 19 verschiedene Länder zuständig ist, ein Albtraum ist.“


Prof. Dr. Jan Viebig, CIO ODDO BHF AG, analysiert ebenfalls in Kombination mit den Folgen möglicher Neuwahlen in Italien:
„Damit endet die Zeit der Negativzinsen: der Zinssatz für die Einlagefazilität steigt von -0,50 Prozent auf 0,00 Prozent. Gleichzeitig hat die EZB ein Instrument zur Absicherung der geldpolitischen Effekte beschlossen, das als Transmission Protection Instrument oder kurz TPI bezeichnet wird. Es zielt darauf ab, eine Fragmentierung in der Eurozone, also einen hohen Anstieg der Zinsen in den hochverschuldeten Mitgliedstaaten in der Eurozone zu verhindern.

Die Verbraucherpreisinflation in der Eurozone ist auf 8,6Prozent gestiegen – die höchste Inflation seit den 1980er Jahren. Nach der sogenannten Taylor-Regel, die man verwendet, um kurzfristige Zinsen zu schätzen, hätte die EZB rascher handeln müssen, da die Inflation mit 8,6Prozent deutlich über der Zielinflation von 2 Prozent liegt und die Volkswirtschaft stark ausgelastet ist, was sich u.a. an niedrigen Arbeitslosenzahlen zeigt. Es ist mit mehreren weiteren Zinserhöhungen in der Eurozone zu rechnen. Am 8. September 2022 wird die EZB die Leitzinsen vermutlich um weitere 50 Basispunkte erhöhen. Aufgrund der anstehenden Zinserhöhungen ist weiterhin die Duration von Anleihen nach unserer Einschätzung kurz zu halten.

In Zeiten steigender Zinsen wird die Refinanzierung für hochverschuldete Staaten und Unternehmen schwieriger. Italien weist eine Verschuldung von 151Prozent zum Bruttoinlandsprodukt auf. Das neue Transmission Protection Instrument (TPI) könnte sich als stumpfes Schwert entpuppen, wenn in Italien die rechtsextreme Partei „Brüder Italiens“ um Giorgia Meloni größeren Einfluss bei den anstehenden Wahlen gewinnen sollte. Die Bindung des TPI an Kriterien ist zu begrüßen. Die EZB könnte geldpolitisch überfordert werden, wenn sie versuchen sollte, mit Hilfe des neuen TPI-Verfahrens Risikoprämien zu steuern, die aus gestiegenen politischen Risiken in einzelnen Mitgliedstaaten und einer hohen Verschuldung resultieren. Wir meiden Investments in Anleihen Italiens und in den anderen südlichen Peripheriestaaten der Eurozone.“


Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter BKC Asset Management, berwertet die „Fragmentierungsbekämpfung“ der EZB kritisch:
„Mit dem jetzt angekündigten Transmission Protection Instrument (TPI) steht zu befürchten, dass die Ankaufprogramme der EZB wieder beginnen, bevor sie richtig geendet haben. Die „Fragmentierungsbekämpfung“ ist in den Verträgen aber nicht als Aufgabe der EZB genannt, sondern einzig die Sicherung der Geldwert-, also Preisstabilität. Die Selbstermächtigung der Notenbank zu anderen als den ihr aufgetragenen Zielen ist eine Anmaßung, die umso verzweifelter verfolgt wird, je stärker sie in Konflikt mit den Realitäten gerät.

Darüber hinaus stellt sich die Frage: Woher soll die EZB – gerade im Vergleich zum Markt – wissen, wo der „richtige“ Spread für Italien, Spanien oder Frankreich liegt? Versucht die EZB nun, mit den Spreads eine Größe zu steuern, die sie dauerhaft nicht steuern kann, werden Verzerrungen und wachsende Schäden aus der Fehlallokation von Kapital immer größer.

Möglicherweise besteht das Paradox, dass die EZB mit ihrem Antifragmentierungsprogramm genau das beschleunigt, was sie eigentlich vermeiden will: Unter ungünstigen Umständen werden die resultierenden fiskalischen Fliehkräfte letztendlich so hoch, dass eine Gesamtabwägung von Kosten und Nutzen die Euro-Beteiligung für einzelne, gerade neuere Mitglieder (z.B. in Ost- und Mitteleuropa) nicht mehr lukrativ erscheinen lässt.“


Natixis Investment Managers veröffentlichte die Ergebnisse einer Umfrage unter Marktstrategen, Portfoliomanagern und Ökonomen::
- Unter den 34 Chefvolkswirten, CIOs und Portfoliomanagern von Natixis, Natixis Investment Managers und von 15 ihrer angeschlossenen Vermögensverwalter hält ein Viertel der Befragten (24 Prozent) eine Rezession im 2. Halbjahr für unvermeidlich, 64 Prozent halten sie für durchaus möglich.
- Neun von zehn Strategen sind der Meinung, dass die Politik der Notenbank im 2. Halbjahr der wichtigste Markttreiber sein wird.
- Sieben von zehn Befragten sehen die Inflation als größtes Marktrisiko. Dabei sind die Energiepreise (76 Prozent), die Lebensmittelpreise (64 Prozent) und Lohnerhöhungen (61 Prozent) die wichtigsten Preistreiber.
- Vor dem Hintergrund steigender Zinsen und anhaltender Volatilität haben an den Aktienmärkten zuletzt Value-Strategien besser abgeschnitten als Growth-Strategien. Rund sechs von zehn Befragten (58 Prozent) glauben, dass diese Entwicklung noch einige Monate anhalten wird, während nur ein Viertel (24 Prozent) der Meinung ist, dass Value-Strategien noch einige Jahre an der Spitze stehen werden.


Norman Villamin, Chief Investment Officer (CIO) Wealth Management und Head of Asset Allocation der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP) rät Aktien- und Anleiheinvestoren aufgrund der sich abschwächenden Gewinndynamik zu Vorsicht. „In ihrer Rhetorik priorisierte die Fed zuletzt die Bekämpfung der Inflation gegenüber wachsender Arbeitslosigkeit und nährte damit die Sorge, dass Europa und die USA in eine Rezession schlittern“, schreibt Norman Villamin, Chief Investment Officer (CIO) Wealth Management und Head of Asset Allocation bei UBP, in einem aktuellen Marktkommentar.
Die Märkte gäben sich zuversichtlich, dass die EZB umfangreiche Maßnahmen zur Vermeidung einer Fragmentierung in der Eurozone beschließen werde. Dennoch preisten die Euro-Hochzinsmärkte noch nicht ausreichend das Risiko einer Rezession ein. Vor diesem Hintergrund setzt die UBP auf alternative Anleihestrategien, bis die Bund-Renditen sich näher Richtung 2 Prozent bewegen und sich die Credit-Spreads so ausweiten, dass sie das sich eintrübende Konjunkturbild besser einpreisen. Dies- und jenseits des Atlantiks sinkt das Kurs-/Gewinn-Verhältnis bei Aktien. „Die Konsenserwartungen sind aber immer noch zu optimistisch und reflektieren nicht die wirtschaftliche Verlangsamung, die von einigen vorlaufenden Indikatoren angezeigt wird“, warnt Villamin.
Nach dem Ausstieg aus dem chinesischen Aktienmarkt zum Ende des vergangenen Jahres hat UBP erstmals wieder Positionen im Land der Mitte aufgebaut. „Chinaarbeitet sich langsam aus der Rezession heraus. Wir haben also das Aktienexposure aus entwickelten Industrieländern vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Konjunkturaussichten zugunsten von chinesischen Aktien reduziert, wo sich der Binnenmarkt gerade stabilisiert“, erläutert der CIO. Daneben habe man direktionale Aktienstrategien durch asymmetrische Profile ersetzt. „Wir sind nach wie vor vorsichtig bei Aktien, und Anleger sollten ihren Blick auf Qualitätsunternehmen richten, die eine gute Visibilität im Hinblick auf die zukünftigen Erträge ermöglichen und stabile Dividendenerträge liefern.“


Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers, gibt Tipps, wie man sich für die verschiedenen Inflationsphasen als Investor positioniert:
Zu Beginn des Inflationszyklus sollten Anleger idealerweise Rohstoffe und inflationsgebundene Anleihen halten. In der Abwärtsphase des Inflationszyklus ist es schwieriger. Unternehmen, die weniger stark fremdfinanziert sind, werden die schlimmsten Folgen höherer Zinsen vermeiden. Firmen mit soliden Marktanteilen in weniger zyklischen Sektoren dürften in Sachen Umsatzwachstum und Ertrag besser abschneiden. Am Aktienmarkt haben die in Bezug auf Umsatzwachstum und Eigenkapitalrendite besten Unternehmen bereits eine enorme Bewertungsanpassung nach unten erfahren. Wenn das Geschäftsmodell robust bleibt, sollten sie sich in einer Welt mit begrenztem Wachstum besser entwickeln. Im Allgemeinen passen sich die Preise von Vermögenswerten negativ an, wenn die Inflation steigt, so dass qualitativ hochwertige, günstigere Unternehmen mit geringem Fremdkapitalanteil eine gute Ausgangsposition sind, wenn die Inflationsspirale durchbrochen ist. Das könnte bald der Fall sein.

Bei Anleihen hat die Möglichkeit einer Zinserhöhung um 100 BP kaum Wellen geschlagen. Der Anleihemarkt ist seit einiger Zeit der Ansicht, dass die Fed genug tun wird, um die Inflation zu senken. Zinssenkungen sind in den USA für später im Jahr 2023 vorgesehen, was darauf hindeutet, dass eine Rezession bevorsteht, die den Namen vielleicht gar nicht verdient. Die Breakeven-Inflationsraten sind jetzt so niedrig wie seit September vergangenen Jahres nicht mehr und wieder auf einem Niveau, das dem vorherigen Inflationsziel der Fed entspricht. Der Tiefststand des US-Treasury-Total-Return-Index entspricht immer noch dem Niveau vom 14. Juni und seither liegt die Gesamtrendite bei fast drei Prozent. Wir gehen davon aus, dass die Renditen zehnjähriger Anleihen bis zum Jahresende sinken werden, wobei die Kerninflation in Richtung vier Prozent und dann 2023 weiter zurückgehen wird. Seit dem Höchststand der Renditen hat der Index für US-Unternehmensanleihen 2,5 Prozent gebracht und selbst der Markt für Hochzinsanleihen hat sich seitwärts entwickelt. Nicht überall auf dem Anleihemarkt in den entwickelten Märkten gab es im vergangenen Monat gute Nachrichten. Es sieht aber so aus, als hätten hochwertige festverzinsliche Wertpapiere die Wende geschafft (europäische Staatsanleihen +4,7 Prozent, britische Gilts + 2,4 Prozent, Euro-Investment-Grade-Unternehmensanleihen +2,6 Prozent).

Die heutigen Inflationsraten geben Aufschluss darüber, was mit den Preisen im vergangenen Jahr geschehen ist. Die Inflation ist sehr dynamisch, so dass wir wissen, dass sie langsam zurückgehen wird. Allerdings gibt es auch volatile Elemente und es ist wichtig, was im Bereich Lebensmittel und Energie passiert. Die Abwärtsphase im Inflationszyklus sollte Anlegern Chancen bieten, da viele Vermögenswerte im Preis gefallen sind (Deflation der Vermögenspreise gegenüber Inflation der Warenpreise). Wir fokussieren uns auf Anleihen mit längerer Duration, US-Hochzinsanleihen – wo der Spread derzeit 550 BP beträgt und Spreads von über 500 BP in der Vergangenheit starke künftige Gesamterträge und starke relative Renditen signalisiert haben – und qualitativ hochwertige Unternehmen mit starkem Gewinnwachstum. Unsere Botschaft lautet jedoch vor allem, geduldig zu sein.


Dieter Wermuth, Economist und Partner bei Wermuth Asset Management, geht der Frage nach, weshalb die Produktivität in den Volkswirtschaften schrumpft:„Die goldenen Jahre des Wirtschaftswunders, vom Ende des zweiten Weltkriegs bis zum 16. Oktober 1973, als die OPEC ihr erstes Ölembargo verkündete, sind vorbei und werden nie mehr zurückkehren, so der Produktivitätsguru Robert Gordon von der Northwestern University. Die durchschnittliche jährliche pro-Kopf-Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts der USA lag von 1950 bis zu diesem Ereignis bei 2,7 Prozent, in Deutschland sogar bei 5,0 Prozent.. Seitdem hat die Dynamik deutlich und, wenn Gordon recht hat, auch dauerhaft nachgelassen: In den 48 folgenden Jahren lag der Durchschnitt in Amerika bei 1,7 Prozent, in Deutschland bei 1,5Prozent, Tendenz: weiter fallend. Seit Ende 2019, unmittelbar vor Beginn der Coronakrise, hat die Arbeitsproduktivität in den beiden Ländern sogar nur um jährlich 1,2 Prozent und 1,1 Prozent zugenommen.

Der Rückgang des trendmäßigen Produktivitätswachstums in den vergangenen Jahrzehnten ist weniger dramatisch als es auf den ersten Blick erscheint. Wie die beiden Nobelpreisträger Banerjee und Duflo in ihrem 2019 erschienenen Buch „Good Economics for Hard Times“ berichten, lag das pro-Kopf Wachstum des Westens in der vorindustriellen Zeit, von 1500 bis 1820, bei dürftigen 0,14Prozent pro Jahr, beschleunigte sich dann im Verlauf der industriellen Revolution bis 1900 auf 1,24Prozent, dann auf 2,00 Prozent in der Zeit danach (S. 152). Mit anderen Worten: Das verlangsamte Wachstum seit 1973 ist im Grunde nur die Rückkehr zu früher üblichen, sehr geringen Zuwachsraten.

Warum die Produktivitätsschwäche? Es hat in den vergangenen Jahrzehnten keine Innovationen gegeben, die mit der allgemeinen Einführung der Elektrizität oder des Verbrennungsmotors gegen Ende des 19. Jahrhunderts vergleichbar gewesen wären. Facebook, Computerspiele, künstliche Intelligenz, GPS oder 3D-Drucker? Nichts wirklich Bahnbrechendes. Gordon glaubt übrigens, dass die Social Media mitverantwortlich sind für die aktuelle Produktivitätsflaute – die Leute verplempern zu viel Zeit im Internet, auch wenn sie dadurch vielleicht glücklicher werden. In die Berechnung des BIP gehen bekanntermaßen nur Aktivitäten ein, die über den Markt laufen, also Preise haben. Aber so zynisch es klingen mag, bisher hat noch niemand eine gute Alternative zum BIP als Wohlstandsmaß entwickelt.“

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