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Teil 1 - Eine Chronik der Sparpolitik

Volkswirtschaft
Eine Chronik der Sparpolitik
07/2019
Kenneth Rogoff
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Das von den Ökonomen Alberto Alesina, Carlo Favero und Francesco Giavazzi in Austerity: When It Works and When It Doesn’t erreichte zentrale Fazit ist eines, das den meisten heutigen Keynesianern und Progressiven gar nicht gefallen dürfte. Von Kenneth Rogoff

27.09.2019 | 07:40 Uhr

Die Verfasser zeigen, dass, wenn die Umstände Länder zu Haushaltseinsparungen zwingen, für Produktion und Beschäftigung eine Senkung der Staatsausgaben mit geringeren Kosten verbunden ist als Steuererhöhungen.

Leser sollten wissen, dass es sich dabei nicht um eine ideologische Polemik handelt. Alesina, Favero und Giavazzi haben eine hochkarätige empirische Untersuchung zu 16 hochentwickelten Ländern durchgeführt, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die man aus der Analyse eines einzelnen Landes oder einer einzelnen Episode für sich betrachtet nicht hätte ableiten können. Austerity ist eine überragende wissenschaftliche Leistung, die Jahrzehnte wissenschaftlicher Forschung verkörpert und der es bestimmt sein dürfte, künftigen Untersuchungen – sowohl seitens jener, die auf dieser Arbeit aufbauen wollen, als auch jener, die versuchen werden, sie einzureißen – als Maßstab zu dienen.

Bereits in der allerersten Zeile ihres Buches wachsen Alesina, Favero und Giavazzi über vielen zum Thema Sparpolitik verfasste Schrotschüsse hinaus, indem sie den Begriff tatsächlich definieren. „Sparpolitik“, so schreiben sie, „bezeichnet eine Politik des deutlichen Abbaus staatlicher Defizite und der Stabilisierung der Staatsverschuldung durch Ausgabensenkungen, Steuererhöhungen oder beides.“

Das mag, was Anfangszeilen angeht, nicht an Anna Karenina oder Moby Dick heranreichen. Doch es ist eine frische Brise verglichen mit den wütenden Polemiken, die leichtfertig mit dem Wort „Sparpolitik“ um sich werfen und damit eine schwindelerregende Palette von Wirtschaftsproblemen bezeichnen, die von Haushaltseinsparungen unter dem Druck der Märkte bis hin zu Maßnahmen reichen, die den Vormarsch des Sozialismus aufhalten sollen.

Ich sollte noch erwähnen, dass Giavazzi und ich am MIT beide von dem verstorbenen Rüdiger Dornbusch als Doktorvater betreut wurden, und dass Alesina und ich Kollegen an der Universität Harvard sind.

Schwieriges Thema, unbequeme Wahrheiten

Ich stimme den Verfassern von Austerity nicht in allen Punkten zu. Zunächst einmal bin ich der Ansicht, dass das Buch heterodoxe Ansätze zur Bekämpfung nicht nachhaltiger Schulden, wie etwa Schuldenschnitte, Inflation und Finanzrepression, in umfassenderer Weise hätte diskutieren sollen. Wie meine Kollegin von der Universität Harvard Carmen M. Reinhart und ich in unserem Buch This Time Is Different gezeigt haben, können diese Optionen für Länder mit schweren Schuldenproblemen manchmal attraktiver sein als Haushaltseinsparungen, und sogar viele hochentwickelte Volkswirtschaften haben sie in jüngerer Zeit genutzt als allgemein angenommen. Genauso wichtig ist, dass diese Maßnahmen nicht dasselbe sind wie die Sparpolitik, obwohl einige Journalisten und andere Kommentatoren sie häufig so behandeln.

Natürlich kann kein Buch das volle Spektrum der Probleme allein abdecken, insbesondere wenn sein Zweck in der Durchführung einer hochkarätigen empirischen Analyse liegt. Zudem wollen die Politiker in stark verschuldeten Ländern, bevor sie heterodoxe Maßnahmen in Betracht ziehen, in den meisten Fällen zunächst einmal wissen, was ihre besten Optionen im Rahmen einer orthodoxen Haushaltskonsolidierung sind. Und das ist die Frage, die Alesina, Favero und Giavazzi zu beantworten suchen.

Die Frage ist nicht zuletzt deshalb kontrovers, weil der Begriff „Sparpolitik“ häufig polemisch als pauschale Bezeichnung für nahezu jede Form der Fiskalpolitik verwendet wird, die den Risiken und Realitäten im Zusammenhang staatlicher Haushaltsbeschränkungen Rechnung trägt. Und leider kann im aktuellen illiberalen geistigen Klima der bloße Vorschlag von Alternativen zum etablierten progressiven Dogma die sparfeindliche Gedankenpolizei auf den Plan rufen.

Es ist also sicher zu erwarten, dass man Alesina, Favero und Giavazzi teeren und federn wird, weil sie es wagen, vorzuschlagen, dass in Ländern mit großem, ineffizientem Staatsapparat zeitgerechte und gut konzipierte finanzpolitische Einsparungen manchmal wachstumsfördernd wirken. Tatsächlich sagt ihnen bereits ein „flüchtiger Blick auf die Daten“, dass dies „in den 1980er Jahren in Österreich, Dänemark und Irland“ sowie „in den 1990er Jahren in Spanien, Kanada und Schweden“ der Fall war. Trotzdem wurde Alesina von Leuten wie Paul Krugman in New York Times und dem Politikwissenschaftler Mark Blyth in Austerity: The History of a Dangerous Idea scharf kritisiert, weil er in seinen früheren Arbeiten ähnliche Punkte aufgeworfen hat.

Das Pöbeln der Dogmatiker

Gesamtwirtschaftliche Fragen sind per se komplex, was bedeutet, dass es in diesem Bereich naturgemäß schwierig ist, irgendetwas abschließend zu beweisen. Da ich selbst keine ernsthaften empirischen Untersuchungen zu einer wachstumsfördernden Sparpolitik angestellt habe, habe ich diesbezüglich keine allzu ausgeprägte vorgefasste Meinung (und Krugman sollte aus demselben Grund auch keine haben). Trotzdem stehe ich für das Recht von Wissenschaftlern ein, ihre Ideen ungehindert zu verfolgen und zum Ausdruck zu bringen, ohne persönlichen Angriffen von Kollegen ausgesetzt zu sein, weil sie es wagen, engstirnigem keynesianischen Dogma zu wiedersprechen.

Keynesianische Konjunkturimpulse waren während der Finanzkrise von 2008 eindeutig das Gebot der Stunde. Doch ist es seltsam, dass die Dogmatiker ergänzende Ideen wie Forderungsverzichte auf Subprime-Schulden (wie die Ökonomen Atif Mian und Amir Sufi sie in ihrem herausragenden Buch House of Debt vorgeschlagen haben) und die Aussetzung von Inflationszielen derart kurz abfertigen.

Schlimmer noch: Wer beim Policy-Mix nicht in genau dieselbe Kerbe schlägt wie die Dogmatiker, wird sofort als Verfechter einer „Sparpolitik“ abgetan. So hat etwa Robert Skidelsky, auch wenn es schwierig ist, seiner Logik zu folgen, die Idee, dass Regierungen (zur Verringerung langfristiger Refinanzierungsrisiken) die Laufzeiten ihrer wachsenden Schulden verlängern könnten, als Argument für eine „Sparpolitik“ beschrieben. Obwohl ein berühmter Biograph von John Maynard Keynes, neigt Skidelsky, wie Reinhart bei früherer Gelegenheit festgestellt hat, gelegentlich dazu, einige von dessen wichtigsten Schriften zu diesem Thema zu ignorieren.

Zudem haben, wie Alesina, Favero und Giavazzi aufzeigen, einige der besten Kandidaten für eine wachstumsfördernde Sparpolitik nach 2008, insbesondere Italien, diese noch nicht einmal ausprobiert. Zugleich stellen sie fest, dass „die beiden Länder, die sich mit einer Sparpolitik besser entwickelten, Irland und das Vereinigte Königreich waren“, und das trotz Irlands enormer Bankprobleme. Insbesondere belegen Alesina, Favero und Giavazzi empirisch, dass sich das Wirtschaftswachstum im Vereinigten Königreich von -1% im Jahr 2011 (zwei Punkte unter EU-Durchschnitt) auf 3,5% im Jahr 2013 (vier Punkte über EU-Durchschnitt) erhöhte, und das, obwohl der Internationale Währungsfonds und viele Keynesianer darauf beharrten, dass das Königreich auf eine zweite Rezession zusteuere.

Ich vermute, dass viele Rezensenten auf Amazon den Titel von Alesinas, Faveros und Giavazzis Buch lesen und zu dem Schluss kommen werden, dass es von irgendwelchen finsteren Lords des Neoliberalismus verfasst wurde, die die Sparpolitik um ihrer selbst willen lieben. Aber das wäre in etwa so, als würde man behaupten, dass Ärzte, die sich mit Pandemien beschäftigen, die Pest lieben. Leser, die solange durchhalten, stoßen dann auch schon im zweiten Absatz auf folgenden zentralen Satz: „Wenn Regierungen die meiste Zeit über eine angemessene Haushaltspolitik verfolgen würden, bräuchte man eine Sparpolitik beinahe nie.“

Anders ausgedrückt: Wenn Regierungen grundlegenden fiskalpolitischen Rezepten nicht folgen, können sie in Umstände hineingezwungen werden, in denen es kaum oder gar keine Alternativen dazu gibt, den Gürtel enger zu schnallen. „Unterm Strich steht“, so die Verfasser, „dass politische Sparmaßnahmen aufgrund vergangener politischer Fehler oder einer Kombination aus vergangenen politischen Fehlern […] und unerwarteten negativen Schocks manchmal nötig sind. Letzeres kommt zum Glück relativ selten vor; daher ist eine Sparpolitik fast immer das Ergebnis fehlender Voraussicht und im Verhältnis zu den Steuereinnahmen übertrieben hoher Ausgaben.“

In Teil 2 dieses Artikels werden Fragen von Ursache und Wirkung und der Bereinigung um geldpolitische, Deregulierungs- und sonstige Faktoren, die die letztlichen Ergebnisse beeinflussen würden, behandelt.

Kenneth Rogoff

Kenneth Rogoff war Chefökonom des IWF und ist heute Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Harvard.

Copyright: Project Syndicate

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