Am Freitagvormittag der TiAM Investment-Konferenz in Berchtesgaden wurde es noch einmal spannend. Die Experten überzeugen mit detaillierten Analysen und überzeugenden Investmentlösungen.
04.07.2025 | 11:50 Uhr von «P. Gewalt und J. Kränicke»
Die TiAM Investment-Konferenz in Berchtesgaden ist auch im Juli wieder ein Highlight der Finanzberater- und Vermögensverwalterszene. Das Redaktionsteam von TiAM FundResearch begleitet die Veranstaltung und stellt die Beiträge der Experten vor. Die Vorträge vom Donnerstag finden Sie hier. Weiter geht´s an dieser Stelle mit den Präsentationen ab Freitagvormittag…
Zum Auftakt des zweiten Tages der Investment-Konferenz in Berchtesgaden gaben Oliver Schäfer und Bernhard Wenger von 21Shares im komplett gefüllten Vortragssaal vor der mächtigen Kulisse des Untersberg einen fundierten Überblick über die aktuellen Entwicklungen im spannenden Kryptomarkt. 21 Shares hat 40 Prozent Marktanteil und bietet 52 physisch gedeckte Krypto-ETPs. Verteilt auf einzelne Kryptowährungen, Baskets und Staking-ETPs. Schäfers und Wengers zentrales Thema: Die Rolle von Bitcoin als potenziell „einzig wahre Alternative“ in einem zunehmend fragmentierten digitalen Anlageuniversum – und warum digitale Vermögenswerte mittlerweile fester Bestandteil in jedem Portfolio sein sollten.
Wenger zeigte auf, dass sich Bitcoin seit dem jüngsten Halving-Zyklus stabil als Anlageklasse etabliert hat. Die strukturelle Angebotsverknappung auf 21 Millionen Coins, kombiniert mit dem zunehmenden Angebot durch physisch hinterlegte ETPs, stützt die These vom „digitalen Gold“.
In den USA halten laut Wenger die neuen Spot-Bitcoin-ETFs bereits über 500.000 BTC – ein klares Signal institutionellen Vertrauens. Makroökonomische Trends wie erwartete Zinssenkungen, geopolitische Spannungen und Liquiditätsmaßnahmen könnten zusätzlich für Rückenwind sorgen. Prognosen sehen neue Allzeithochs deutlich jenseits der aktuellen 100.000 US-Dollar in Reichweite. So erwartet Starinvestorin Cathie Wood bis 2030 einen Preis von 1,5 Millionen US-Dollar.
Bitcoin sei laut Wenger jedoch nicht die einzige Story im Krypto-Kosmos: Ethereum etabliert sich als Rückgrat der Web3-Ökonomie mit Anwendungen in DeFi, Tokenisierung und dezentraler Infrastruktur. Solana wiederum punkte mit Geschwindigkeit, niedrigen Kosten und steigender Aktivität – insbesondere im Bereich Gaming, NFTs und Finanztransaktionen.
Solana hat laut Wenger Ethereum in puncto Nutzerzahlen übertroffen – und wird bereits als „Nasdaq der Blockchains“ bezeichnet. Die Währung ist skalierbarer und schneller. Viele große Firmen wie Paypal oder Visa nutzen die Solana Plattform. Aber auch andere Kryptowährungen nutzen Solana zur Abwicklung. Beide Netzwerke gelten als Basislayer für digitale Innovationen und konkurrieren um die Vorherrschaft im Infrastruktursegment. Solana hat Ethereum inzwischen auch in der Kursperformance übertroffen. Solana ist laut Wenger mit Apple zu vergleichen und Ethereum mit Microsoft.
Trump will, dass die USA das Zentrum der Krypto-Welt bleiben und nicht China oder Russland ihnen den Rang ablaufen. 12 Bundesstaaten der USA haben daher bereits verabschiedet, etwa Bitcoin als Währungsreserve zu verwenden. Die norwegische und Schweizer Zentralbank kaufen Kryptos und auch die großen Banken wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley bieten sie ihren Kunden an. Auch US-Pensionsfonds sind schon eingestiegen. Im Kanton Zug können laut Wenger die Bürger ihre Steuern mit Bitcoin und Ethereum bezahlen und in Lugano akzeptieren alle Geschäfte Kryptos als Zahlungsmittel. Insgesamt wächst also die Akzeptanz weltweit rasant an.
Bernhard Wagner, 21shares
„Gold und Bitcoin haben eine geringe Korrelation. Sie ergänzen sich hervorragend"
Ein zentrales Argument für digitale Assets bleibt ihre Korrelationseigenschaft: Bitcoin weist nur eine geringe Korrelation zu klassischen Anlageklassen auf – etwa 0,20 zu Gold und 0,40 zum Nasdaq. „Durch die geringe Korrelation von Gold und Bitcoin untereinander ergänzen sie sich ideal“, sagte Schäfer. Wenger wies zudem drauf hin, dass eine Beimischung von fünf Prozent laut Studien das Sharpe-Ratio von Portfolios signifikant verbessert – ohne, dass exaktes Timing nötig wäre. Für interessant hielten die beiden 21 Shares Experten auch strukturierte Lösungen wie den BOLD-ETP, der aus 30 Prozent Bitcoin und 70 Prozent Gold besteht und somit einen risikooptimierten Zugang zu Kryptowelt bietet.
Schäfer und Wenger wiesen darauf hin, dass Anleger keine Angst vor der Zukunft haben sollten: „Blockchain und Digital Assets sind spannende, innovative und bahnbrechende Technologien und sollten daher grundsätzlich in keinem Portfolio fehlen“, so Schäfer. Wenger ergänzte: „Spätestens nach der Bitcoin Spot ETF Zulassung in den USA haben sich die Themen Blockchain, Digitale Assets und Krypto als ernstzunehmende Assetklassen etabliert.“ Schäfer machte deutlich: Bitcoin bleibt der bekannteste Vertreter – mit hoher Liquidität, Knappheit und wachsender institutioneller Relevanz. Doch die Kryptoökonomie sei mehr als nur Bitcoin: Plattformen wie Ethereum und Solana stünden für ein dynamisches, sich entwickelndes Ökosystem.
Oliver Schäfer, 21shares
„Solana gilt als Nasdaq der Blockchains"
Die Relevanz von Gold in Zeiten der Unsicherheit
Im Anschluss beleuchtet Ned Naylor-Leyland, Fondsmanager des Jupiter Gold & Silver Fund, in seiner Präsentation „Die Relevanz von Gold in Zeiten der Unsicherheit“ die Rolle von Gold und Silber als Anlageklassen in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und stellt zudem die Strategie sowie die aktuellen Entwicklungen des Fonds dar. „Gold erlebt derzeit eine Trendwende: Nach einem 43-jährigen Bärenmarkt gegenüber dem US-Dollar befindet sich Gold nun in einem Bullenmarkt,“ stellt Naylor-Leyland klar. Inflationsbereinigt wurde zuletzt ein neues Allzeithoch erreicht. Und trotz steigender Preise liegen die Bestände physischer Gold-ETFs noch 25 Prozent unter dem Höchststand von 2020, was auf eine zurückhaltende Beteiligung institutioneller Investoren hindeute. Spannend auch die Entwicklung bei den Minenwerten, die Nachholeffekte erwarten lassen. „Die Margen der Goldminenunternehmen sind stark gestiegen, dennoch bleibt die Beteiligung der Aktienmärkte bislang gering“, stellt Naylor-Leyland fest. Ebenfalls auffällig: Obwohl der Goldpreis von Rekord zu Rekord jagt, sei das Volumen von ETF, die auf physisches Gold setzen, 25 Prozent niedriger als noch 2020.
Ned Naylor-Leyland, Jupiter
„Das Marktdefizit bei Silber wird bis 2030 auf 125 Prozent steigen."
Silber: Angebotsdefizit und industrielle Nachfrage
Silber könnte von einer stark steigenden Nachfrage profitieren, insbesondere durch seine Bedeutung für grüne Technologien und Elektronik. Die industrielle Nachfrage – speziell aus den Bereichen Solar, Batterietechnologie und Elektronik – mache inzwischen 86 Prozent des jährlichen Minenangebots aus. Das führe zu einem strukturellen Angebotsdefizit, das sich weiter verschärfen dürfte, so Naylor-Leyland. „Das Marktdefizit bei Silber wird bis 2030 auf 125 Prozent steigen." Die erwartete Nachfrage werde dann mehr als doppelt so hoch sein wie das Minenangebot. Die Silberbestände an den Börsen sinken seit Jahren, und in Indien machten die Silberimporte 2024 bereits ein Drittel der weltweiten Minenproduktion aus.
Im Anschluss hob Naylor-Leyland die Vorteile des Jupiter Gold & Silver Fund hervor. Diese biete gegenüber einer reinen Investition in physisches Gold einen höheren Beta-Effekt: Soll heißen: Goldminenaktien und Silber reagieren stärker auf Kursbewegungen des Goldpreises, was bei steigenden Märkten zu überproportionalen Gewinnen führen kann. Der Fonds nutzt laut Naylor-Leyland eine flexible Allokation zwischen Gold- und Silberminen, physischem Metall und Streaming-/Royalty-Unternehmen, um angemessen auf Marktveränderungen zu reagieren. Die flexible Allokation und das aktive Risikomanagement sollen es ermöglichen, sowohl in Bullen- als auch in Bärenmärkten attraktive Erträge zu erzielen.
Die Asset Allocation ist dynamisch, betonte Naylor-Leyland. Mindestens 15 Prozent werde in physischen Edelmetallen investiert (maximal 50 Prozent möglich), der Rest verteilt sich auf Minenaktien und Royalty-Gesellschaften. Letztere sind spezialisierte Firmen, die Bergbauunternehmen im Austausch für einen Anteil an ihrer zukünftigen Produktion finanzieren. Die Gewichtung zwischen Gold und Silber sowie zwischen physischen Metallen und Aktien werde anhand von Momentum-Indikatoren regelmäßig angepasst, um das Rendite-Risiko-Profil zu optimieren. Derzeit liegt der Schwerpunkt bei 46 Prozent Goldaktien, 37 Prozent Silberaktien und 17 Prozent physischem Metall.
Stock-Picking und Auswahlkriterien
Die Titelauswahl erfolgt Naylor-Leyland zufolge in einem mehrstufigen Prozess: Zunächst würden die Unternehmen nach geografischen, bilanziellen und operativen Kriterien sowie ESG-Faktoren gefiltert. Anschließend erfolge eine detaillierte Fundamentalanalyse. Die Unternehmen würden nicht nur auf ihre soliden Finanzen durchleuchtet, sondern auch in Bezug auf ihre operativen und geologischen Potenziale intensiv analysiert. Naylor-Leylands Fokus liegt auf einer sorgfältigen Auswahl von mittelgroßen Unternehmen, die nicht nur über profitable Minen verfügen, sondern auch potenziell von Fusionen und Übernahmen profitieren können. Die größten Positionen im Fonds sind laut Naylor-Leyland international diversifizierte Minenunternehmen, darunter Discovery Silver Corp, First Majestic Silver Corp. und Agnico Eagle Mines.
Wie Deutschland aus der Krise kommt?
Zum Abschluss des zweiten Konferenztages erklärt Prof. Dr. Jens Südekum in seinem Vortrag "Deals mit Trump, XXL-Finanzpaket und Sondervermögen: Was muss die Merz-Regierung nun tun, um die deutsche Wirtschaft international wettbewerbsfähiger zu machen?" die dringend nötigen Hilfsmaßnahmen für Deutschlands schwächelnde Wirtschaft. "Im Bezug aufs Wirtschaftswachstum belegt Deutschland den letzten Platz unter G7--Staaten, sagt Südekum. "Am Besorgnis erregendsten ist aber der Anstieg bei den Verlusten an Arbeitsplätzen durch die De-Industrialisierung." Ein Problem: Wachsende Exportprobleme in China und den USA. Nun müsse man daher die Inlandsnachfrage stärken, so Südekum.
Und Südekum kennt sich aus. Ist er doch Universitätsprofessor für Internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. In seiner Forschung befasst er sich mit internationalem Handel, den Arbeitsmarkteffekten von Globalisierung und Digitalisierung, Fiskalpolitik, Staatsverschuldung sowie mit Stadtökonomik und Regionalpolitik in Zeiten des Strukturwandels.
"Am Besorgnis erregendsten ist der Anstieg der Verluste an Arbeitsplätzen durch die De-Industrialisierung"
Prof. Dr. Jens Südekum, Universitätsprofessor für Internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Berater der Bundesregierung
Sein politischer Einfluss ist groß: So hat Südekum mit vier weiteren anderen Ökonomen der neuen Regierung das 500 Milliarden Euro schwere Schuldenpaket schmackhaft gemacht, das starke Wachstumsimpulse für Deutschlands Wirtschaft geben sollte. Inzwischen ist Südekum Berater von Finanzminister Lars Klingbeil. Er macht in seinem Vortrag deutlich, dass Geld allein nicht reiche, um Deutschlands Probleme zu lösen. Auch die Strompreisreduzierung für die Industrie, weniger Bürokratie, ein höheres Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, sowie ein höheres Potenzialwachstum durch mehr Erwerbspersonen in produktiveren Jobs seien wichtig, um die Wirkung des Finanzpakets zu entfesseln, lautet Südekums Resumee.
Südekums Vortrag war der angemessene Schlusspunkt der an Höhepunkten nicht armen TiAM Investment-Konferenz in Berchtesgaden. Als die Teilnehmer den Veranstaltungsort verließen, hatten sie nicht nur außergewöhnliche visuelle Eindrücke aus den bayerischen Alpen, sondern auch viel Stoff zum Nachdenken für den Nachhauseweg im Gepäck.
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