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Stille Lasten: Lebensversicherer schocken Rentner mit Überschusskürzungen

Auszahlungen von Lebensversicherungen unter Druck
Lebensversicherungen

Der rapide Zinsanstieg seit 2022 hat den deutschen Lebensversicherer hunderte Milliarden Euro Kursverluste durch Anleihen beschert. Direkt betroffen sind Anleger, deren Police dieses Jahr ausbezahlt werden. Ihre Berater sollten sie darauf vorbereiten.

25.07.2023 | 12:05 Uhr von «Uli Lohrer»

Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) im vergangenen Jahr die Zinswende im Euroraum eingeläutet hatte, hat sich der Leitzins durch die Anhebungen von 0,00 Prozent mittlerweile auf 4,00 Prozent (Stand Juni 2023) erhöht. Für die Lebensversicherungsgesellschaften, die vorwiegend in Anleihen und andere Zinspapiere investieren, hat dies enorme kurz und langfristige Folgen. Betroffen sind ihre Kunden, die nun ihre Altersvorsorge ausbezahlt bekommen. Denn die private Altersvorsorge älterer Deutscher wird von deren klassische Renten- und Lebensversicherungsprodukten dominiert. Der Ende Juni veröffentlichte „Marktausblick zurLebensversicherung“ der Rating-Agentur Assekurata zeigt die Folgen der Leitzinserhöhung für die Anlagen der Lebensversicherer auf.

„Die gestiegenen Zinsen und die hohe Inflation haben erhebliche Auswirkungen auf die Bilanz- und Geschäftssituation der Lebensversicherer“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata.

Stille Lasten der Lebensversicherer in Höhe von 100 Milliarden Euro

Laut den Daten von Assekurata haben deutsche Lebensversicherungsgesellschaften derzeit noch etwa 70 Prozent ihrer Kapitalanlagen (nach Marktwerten) in festverzinslichen Anlagen investiert. Um ihre Leistungsverpflichtungen dauerhaft sicherzustellen, hatten viele Gesellschaften in Niedrigzinszeiten Anleihen von hoher Qualität und mit langen Laufzeiten gekauft. Langfristig verbessern die von der Europäische Zentralbank ausgelösten Zinserhöhungen zwar ihre Erträge der neu erworbenen Anleihen, die Anleihen im Bestand haben allerdings enorme Kursverluste erlitten. „Die konservative Anlagepolitik der Branche führt in Zeiten steigender Zinsen zu erheblichen stillen Lasten in den Büchern der Lebensversicherer, sprich zu geringeren Marktwerten gegenüber den Buchwerten der festverzinslichen Kapitalanlagen“, erläutert Lars Heermann. Nach der Statistik der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatten alle Lebensversicherer im dritten Quartal 2020 zusammen noch 204,1 Milliarden Euro Bewertungsreserven. Zwei Jahre später – im dritten Quartal 2022 – stand dort ein Minus von 97 Milliarden Euro. Laut den aktuellen Schätzungen von Assekurata belaufen sich die stillen Lasten auf Branchenebene mittlerweile insgesamt auf etwas mehr als 100 Milliarden Euro. Seit Mitte vergangenen Jahres hat die EZB mit ihrer Leitzinserhöhung also mehrere hundert Milliarden Bewertungsreserven vernichtet, die sie zuvor durch ihre langjährige Niedrigzinspolitik mit geschaffen hat. Eine Vorstellung über die Höhe der Kursverluste der Anleihen durch die Leitzinserhöhung gibt der Verlauf des Deutschen Rentenindex REXP seit Anfang vergangenen Jahres (siehe Grafik REXP in Punkten unten).

Verlauf des Deutschen Rentenindex REXP

Neurentner direkt von stille Lasten betroffen

Wie eine Auswertung einer Leserumfrage der Stiftung Warentest vom 14. Februar 2023 zeigt, sind durch die drastische Abschmelzung der Bewertungsreserven vor allem ältere Versicherte betroffen, die nun ihre Lebens- und Rentenversicherungen ausbezahlt bekommen. Selbst im Vergleich zur letzten Standmitteilung, die nur wenige Monate vor Auszahlung bei Versicherten eintraf, fiel die Rente oder Kapitalzahlung oftmals geringer aus als angekündigt. „In der letzten Standmitteilung standen 2025 Euro Beteiligung an den Bewertungsreserven“, schreibt Arndt Marx aufgrund der Leserumfrage der Stiftung Warentest. Bei der Auszahlung drei Monate später war die angekündigte Summe „komplett entfallen“. Der Grund: Der Rückgang der Bewertungsreserven führt zu einer entsprechenden Senkung der Schlussüberschüsse. Diese fallen in der Regel neben den angesammelten Garantieverzinsen und den laufenden Überschüssen am Vertragsende der klassischen Lebensversicherungsprodukte an und können einen beträchtlichen Anteil an der gesamten Ablaufleistung ausmachen. Liegt der Marktwert der Kapitalanlagen der Lebensversicherer unter dem Anschaffungspreis, hat der Versicherer stille Lasten. Dann gibt es nichts. Kunden sollten die angekündigten Reserven in den Standmitteilungen vergangener Jahre also nicht für bare Münze nehmen. Wann genau das Unternehmen die Reserven bei der Auszahlung zuteilt, ist allerdings in den jeweiligen Versicherungsbedingungen geregelt.

Für Finanzberater und Vermittler empfiehlt es sich, ältere Kunden, deren Lebensversicherung oder private Rentenversicherung dieses Jahr ausgezahlt wird, auf die eventuell geringere Ablaufleistung hinzuweisen. Erfahren die Anleger sonst die Hiobsbotschaft gekürzter Überschüsse erst bei der Auszahlung, könnten sie dies dem Vermittler der Police übelnehmen. Die Aussichten, mit den Senioren dann noch Geschäfte zu machen, dürften dann eher gering sein.

Lebensversicherer erwarten baldiges Ende der Zinserhöhungen

Für die Lebensversicherungsgesellschaften sind die mittel- bis langfristigen Folgen der Zinserhöhungen dagegen positiv. So hat der Marktführer Allianz Leben die laufendeVerzinsung von Lebensversicherungen erhöht. Seit 2011 müssen die Lebensversicherer eine sogenannte Zinszusatzreserve (ZZR) bilden, um die Altgarantien von bis zu vier Prozent für die 1995 bis 2000 abgeschlossenen Policen im Niedrigzinsumfeld bilanziell abzusichern. Aufgrund der abrupt gestiegenen Zinsen seit vergangenem Jahr ergeben sich nun sogar Rückflüsse aus der ZZR. Nach Berechnungen von Assekurata belief sich 2022 das Volumen an frei gewordenen ZZR-Mitteln branchenweit auf vier Milliarden Euro, sodass der Gesamtbestand auf nunmehr 92 Milliarden Euro geschmolzen ist. „Die hohen Zinsen führen in Kombination mit der gesetzlich vorgegebenen Berechnungsmethodik zu einem unveränderten Referenzzins für die ZZR“, sagt Lars Heermann. „Dies hat zur Folge, dass die Lebensversicherer ihren ZZR-Bestand auch in den kommenden Jahren weiter abbauen können.“ Dabei können die Gesellschaften auch die frei werdende ZZR-Mittel verwenden, um stille Lasten abzubauen. Weil allerdings die ZZR eben nicht auf einen Schlag abgebaut, sondern sich der Abbau der ZZR noch bis in die 2030er Jahre erstreckt, kommt dies den aktuellen Rentnern kaum zugute.

Aufgrund des mittlerweile hohen Zinsniveaus scheinen viele Lebensversicherer jetzt davon auszugehen, dass nur noch wenige weitere Leitzinserhöhungen anstehen und daher kaum mit weiteren Kursverlusten von Anleihen zu rechnen ist. Die zeigt eine von Assekurata jüngst durchgeführten Befragung unter Kapitalanlegern bei Versicherern. Im Vergleich zu den Vorjahren gaben die meisten Teilnehmer der Befragung an, den Anteil an festverzinslichen Wertpapieren (wieder) stärker ausbauen zu wollen, während Substanzwerte wie Immobilien tendenziell reduziert werden sollen (siehe Grafik 2, Anlageumfrage unter Lebensversicherer).

Anteil Wertpapiere im Lebensversichererportfolio

Anleger sollten die Rentabilität ihre Policen überprüfen

Während die Versicherten am Vertragsende durch die rapide Zinserhöhung durch den Verlust der Bewertungsreserven benachteiligt werden, ist auch keinesfalls sicher, ob Versicherte mit längerer Restlaufzeit von den höheren Zinserträgen profitieren. Sie sollten genau wichtige Informationen zu den Garantie- und Ablaufleistung sowie den Rückkaufswert bei Kündigung aus den von den Lebensversicherungsgesellschaften zugesandten Standmitteilungen für ihre abgeschlossene Policen beachten. Wegen des gestiegenen Zinsniveaus und den gesunkenen Überschüssen sind aktuell auch professionelle Aufkäufer von Policen zurückhaltend

Der Policenaufkäufer Policendirekt veröffentlicht eine Übersicht der Überschussbeteiligungen der Lebensversicherer der Jahre 2020, 2021, 2022 und – sofern bereits bekannt – von 2023 und bewertet auch die Transparenz der Standmitteilungen. Die voraussichtliche Rendite kapitalbildender Lebensversicherungen lässt sich mithilfe des Portals Zinsen-berechnen mit Hilfe der eingezahlten Beiträge und der voraussichtlichen Ablaufleistung laut Standmitteilung ermitteln. Garantiert ist bei klassischen Lebensversicherungsprodukten allerdings nur eine Verzinsung in Höhe des Rechnungszinses. Dieser Garantiezins bezieht sich allerdings nicht auf die gesamt eingezahlten Beiträge, sondern nur auf das Kapital, dass nach Abzug der zum Teil sehr hohen Vermittlungskosten angelegt wird. Der Rechnungszins wurde zudem im Laufe der Jahre mehrfach geändert. Für die Versicherte ist der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Rechnungszins maßgeblich. Während für Ende der 1990er-Jahre abgeschlossene Verträge noch ein Rechnungszins von vier Prozent garantiert wurden, beträgt der Rechnungszins für die seit Januar vergangenen Jahres abgeschlossenen Policen nur noch 0,25 Prozent. 

Bei der aktuellen Inflationsrate um die sechs Prozent ergibt sich aber auch für Policen mit dem höchsten Rechnungszins von vier Prozent nach Inflation noch ein deutlich negativer Realzins. Auch wenn die Inflationsrate weiter in Richtung des von der EZB angestrebten Niveaus von zwei Prozent sinkt, würde sich für die meisten klassische Policen nach Kosten noch eine negative Realverzinsung ergeben. Die Stornosituation der Lebensversicherer ist allerdings trotz gesunkener verfügbarer Einkommen in der Bevölkerung und erhöhter Zinsattraktivität von konkurrierenden Bankprodukten aktuell relativ gering und sehr stabil. Im Gegensatz zu den Versicherten sind sich die Lebensversicherer dieser Nachteile vieler Policen aus Anlegersicht bewusst. „Eine niedrige Stornoquote beziehungsweise eine ausreichende Liquidität ist für viele Lebensversicherer in Zeiten von Bestandsrückgängen und stillen Lasten wichtig“, so Lars Heermann. „Die Lebensversicherer scheinen für dieses Risiko jedoch sensibilisiert zu sein.“

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