TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: drei Strategien, wie Anleger mit Donald Trumps Zollpolitik umgehen.
04.08.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»
Der "größte Deal" war gemacht. Oder auch nicht. Anfang vergangener Woche hatten sich Donald Trump und Ursula von der Leyen darauf geeinigt, dass die USA künftig keine Zölle mehr auf Exporte in die Europäische Union zahlen sollen. Im Gegenzug sollten sich die Abgaben auf EU-Exporte in die Vereinigten Staaten von aktuell zehn auf 15 Prozent erhöhen. Die 50-prozentigen Zölle auf Stahl und Aluminium sollten bestehen bleiben. War nun alles klar geregelt? Mitnichten. Bereits Mitte der Woche stellten die USA und die EU die Ergebnisse der Verhandlungen unterschiedlich dar. Von einem ausverhandelten Deal ist jetzt keine Rede mehr. Was bleibt, sind die Bilder für die Medien und die Öffentlichkeit. Trump und von der Leyen schütteln sich die Hände. Danach der Vorhang. Abgang. Alles wieder auf Start. Die Folge: Der Euro Stoxx 50 Index ist bis zum Freitagnachmittag um fast vier Prozent abgerutscht. Und auch auf der anderen Seite des Atlantiks sieht es nicht viel besser aus. Prompt kündigte Donald Trump an, den Beginn der Zollmaßnahmen noch einmal zu verschieben.
Die Börsianer sind zunehmend genervt. Unternehmen und Investoren lieben stabile, planbare Marktbedingungen. Mit Donald Trump ist jedoch die personifizierte Unzuverlässigkeit ins Weiße Haus eingezogen. Seine Drohungen, Volten und Termin-Aufschübe sind unvorhersehbar. Der Satz, mit dem er seine Politik einmal am besten beschrieben hat, lautete: „Niemand weiß, was ich tun werde“. Wie soll man als Anleger damit umgehen? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Auf dem Börsenparkett haben sich in den vergangenen Monaten nach und nach drei unterschiedliche Anlageansätze etabliert.
Die Mehrheit der Investoren reagiert immer noch sensibel auf die Worte des Mannes im Weißen Haus. Die Angsthasen reduzieren sofort Risiken im Portfolio, wenn mal wieder von neuen, horrend hohen Strafzöllen gegen einen wichtigen Handelspartner der USA die Rede ist. Wenn die Zölle dann durch einen Deal niedriger ausfallen als zunächst angedroht, stocken sie ihre Positionen wieder auf. Das hat dazu geführt, dass die Volatilität an den Börsen seit Donald Trumps Amtsantritt deutlich gestiegen ist.
Eine zweite Gruppe von Börsianern wagt sogenannte TACO-Trades. TACO steht für Trump Always Chickens Out (Trump kneift immer). Robert Armstrong von der Financial Times hat den Begriff in Anspielung auf die Gewohnheit des Präsidenten geprägt, bei Markteinbrüchen von Zöllen zurückzutreten, die Umsetzungsfrist zu verlängern oder einen Deal abzuschließen, der deutlich milder ausfällt als angekündigt. Die TACO-Trader setzen darauf, dass die Preise nach zunächst zollbedingten Abverkäufen wieder steigen werden. Deshalb kaufen sie direkt nach einem durch Trump ausgelösten Kursrückgang. Das hat in den vergangenen Wochen so gut funktioniert, dass immer mehr Investoren diesem Ansatz folgen.
Und dann gibt es noch die Stoiker. Ihnen ist es egal, ob Donald Trump – wie manche Menschen glauben – auf eine clevere Art dreidimensionales Schach spielt und seine Zollankündigungen als Verhandlungsmasse nutzt. Oder ob er ohne Strategie, Sinn und Zweck nur Verwirrung stiftet, einfach deshalb, weil ihm gerade danach ist. Die Stoiker bleiben ihren Anlagestrategien treu und gehen davon aus, dass es so kommt wie immer: Gier und Angst sorgen für die Volatilität. Doch am Ende siegt der, der einfach unbeirrt auf dem Weg bleibt, auch wenn rechts und links die Büsche brennen.
Im Rückblick wird sich in einigen Jahren zeigen, welcher Investmentansatz sich in diesen Zeiten, in denen wir gerade leben, durchgesetzt haben wird. Bisher war es in der Historie immer so, dass die Stoiker am langen Ende die Nase vorne hatten. Es spricht einiges dafür, dass es diesmal auch so kommen wird. Denn immer mehr Angsthasen werden lernen, dass sie Geld verlieren, wenn sie bei jeder neuen Chaos-Volte des US-Präsidenten in Panik verkaufen, um dann später teurer wieder einsteigen zu müssen. Manche werden vielleicht zu TACO-Tradern, um die erlittenen Verluste wieder reinzuholen. Damit sinken allerdings auch die Erfolgsaussichten derjenigen, die weiterhin auf die Panikverkäufe der Angsthasen lauern. Am Ende werden vermutlich beide Gruppen zu achselzuckenden Stoikern.
Weitermachen. Immer weitermachen. So lautet schließlich das alte Erfolgsrezept an der Börse. Geduldige, langfristige Anleger werden in der Regel belohnt. Eigentlich ist das keine Geheimnis. Aber man kann es wohl nicht oft genug immer wieder neu erzählen.
Am Dienstag ist großer Verkündigungstag für Quartalszahlen. Unter anderen geben Fresenius Medical Care, DHL Group, Hamborner REIT, Fraport, Continental, Rational, Hugo Boss und BP die Ergebnisse ihrer Geschäfte für die ersten beiden Quartale bekannt. Außerdem fällt voraussichtlich ein Urteil im Rechtsstreit zwischen Paulaner und Berentzen um das Design einer Spezi-Flasche. Auch das muss ja mal geklärt werden. Prost.
Am Mittwoch besichtigt Julian Fassing, der Projektleiter der Generalsanierung der Bahnstrecke Hamburg-Berlin, seine wohl größte Baustelle. Freitag war Beginn der Modernisierungsarbeiten. Neun Monate lang wird nun zwischen Hamburg und Berlin auf einer Länge von rund 280 Kilometern kein Zug mehr fahren. Das ist der Plan. Immer noch. Obwohl wesentliche Teile der ursprünglichen Sanierungsvorhaben gar nicht mehr umgesetzt werden. Die vollständige Digitalisierung der Strecke mit dem Zugleitsystem ETCS zum Beispiel wurde gestrichen. Und es werden auch weniger neue Weichen und Ausweichstellen für die Züge gebaut als vor Monaten noch geplant. Eigentlich hätte man erwarten können, dass sich diese Änderungen nicht nur auf die Kosten, sondern auch auf die Bauzeit positiv auswirken würden. Doch die Bahn bleibt bei ihrem Neun-Monatsplan. Optimisten glauben, dass die Bahn mit einer dann doch vorzeitigen erfolgreichen Beendigung der Bauarbeiten vor Ende der offiziellen Planungszeit glänzen möchte. Pessimisten halten nicht einmal die neun Monate für realistisch.
Am Donnerstag legt der chinesische Zoll seine Außenhandelszahlen für Juli vor. Die Verlesung der monatlichen Daten für Chinas Im- und Exporte gilt zwar allgemein als Märchenstunde. Doch aus den Zahlen lassen sich trotzdem Trends ablesen. Der Export ist für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt schließlich ein wichtiger Antreiber. Selbst wenn die aktuellen Zahlen der offiziellen Statistik nicht stimmen, sind Veränderungen zu Vormonaten und -jahren als Trendindikatoren interessant.
Am Freitag findet eine außerordentliche Hauptversammlung des Industriekonzerns Thyssenkrupp statt. Es geht um die geplante Abspaltung eines Minderheitsanteils der Sparte Marine Systems (TKMS) der Thyssenkrupp AG. Ziel ist es, das Marine-Unternehmen in die Eigenständigkeit zu überführen und an die Börse zu bringen. Das Rüstungsunternehmen beschäftigt allein in Kiel rund 3.100 Menschen und ist nach eigenen Angaben weltweit führend beim Bau konventioneller U-Boote.
Diesen Beitrag teilen: