Eric Bernbaum, Portfoliomanager des JPMorgan Investment Funds - Global Income Fund, erklärt im Interview wieso er wachstumsstarke US-Aktien nur selektiv kauft – und weshalb Europa aus seiner Sicht vor einem Comeback steht. Auch über Schwellenländer, KI im Portfoliomanagement und die Zukunft von Multi-Asset-Fonds spricht er.
31.07.2025 | 09:45 Uhr von «Jörn Kränicke»
TiAM FundReserach: Herr Bernbaum, in den vergangenen Jahren war die Performance Ihres Global Income Fund schwächer als in der Langfristbetrachtung. Woran lag das?
Eric Bernbaum: Die Performance war in den letzten beiden Jahren tatsächlich wieder sehr stark. Aber 2022 war sehr herausfordernd, weshalb wir mittelfristig nicht so gut aussehen wie über längere Zeiträume hinweg. Das liegt vor allem an unserem ausgewogenen Risikoprofil. Wir verfolgen nicht das Ziel, mit den Aktienmärkten in Sachen Gesamtrendite Schritt zu halten, da wir bewusst weniger Risiko eingehen. Gerade im US-Markt, insbesondere bei Wachstumsaktien, gab es zuletzt enorme Kursgewinne – diese haben wir aus Risikogründen nur begrenzt mitgemacht.
Worin bestehen die Hauptgründe für die relative Schwäche auch im Vergleich zu anderen Fonds?
Bernbaum: Dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe: Einerseits haben die USA den Rest der Welt deutlich outperformt, während unser Portfolio international breit aufgestellt ist. Andererseits liegt unser Fokus auf regelmäßigen Erträgen. Daher meiden wir viele wachstumsorientierte Titel, die keine Dividenden zahlen. Und zu guter Letzt hat die hohe Inflation die Schutzwirkung von Anleihen beeinträchtigt. Inzwischen entwickelt sich der Fonds wie gesagt wieder erfreulich – sowohl im laufenden Jahr als auch auf Sicht der letzten beiden Jahre.
Wie sieht die jüngste Performance konkret aus und was hat zur erfreulichen Entwicklung beigetragen?
Bernbaum: Die Gesamtrendite unseres Portfolios liegt auf Sicht von zwölf Monaten bei knapp sechs Prozent und sind damit im Wettbewerbsvergleich wieder fast in den Top 10 Prozent der Vergleichsgruppe angekommen. Wir sind nicht an eine Benchmark gebunden und können daher flexibel agieren. So haben wir beispielsweise unsere Gewichtung bei den US-Growth-Aktien erhöht. Zudem nutzen wird dabei eine Covered-Call-Strategie, um zusätzliche Erträge zu erzielen – aktuell erzielen wir damit Renditen von zwölf bis 13 Prozent allein aus diesen Positionen.
Wie schätzen Sie europäische Märkte im Vergleich zu den USA ein?
Bernbaum: Europa ist aus Bewertungssicht deutlich günstiger. Zwar war das oft so, doch aktuell ist der Bewertungsabschlag besonders ausgeprägt. Gleichzeitig dürfte sich die Wachstumslücke zur US-Wirtschaft verringern – unter anderem durch geldpolitische Lockerungen und fiskalische Impulse, wie sie Europa seit Langem nicht mehr erlebt hat. Das schafft strukturelle Anlagechancen.
Gibt es bestimmte Sektoren in Europa, die Sie bevorzugen?
Bernbaum: Wir gehen hier differenziert vor. Sowohl in Europa als auch in den USA sehen wir Chancen im Finanzsektor. In den USA sind wir auch im Technologiesektor investiert. Die konkrete Allokation erfolgt über unsere spezialisierten Portfoliomanager, etwa Sam Witherow im Bereich globale Dividendenaktien. Er setzt beispielsweise auf Unternehmen wie Microsoft oder Meta, die zwar keine hohen Dividenden zahlen, aber dafür mit starkem Dividendenwachstum überzeugen und insgesamt für die Gesamtrendite attraktiv sind.
Wie reagieren Sie auf geopolitische Themen wie die US-Zölle?
Bernbaum: Wir haben keine strategische Neuausrichtung vorgenommen, wohl aber taktisch reagiert. Angesichts gestiegener Volatilität und eingetrübter Wachstumserwartungen haben wir das Aktienrisiko leicht reduziert und die Duration erhöht – also stärker in länger laufende Anleihen investiert.
Wie gehen Sie mit Investitionen in Schwellenländern um?
Bernbaum: Wir sind dort selektiv engagiert. Es gibt spannende Themen, etwa in China im Bereich künstlicher Intelligenz. Zudem verbessern sich die Rahmenbedingungen durch stärkere Binnenkonjunkturprogramme und weniger handelspolitische Spannungen.
Wo konkret sind Sie in den Emerging Markets investiert?
Bernbaum: Etwa ein Drittel unseres EM-Exposures entfällt derzeit auf China. Darüber hinaus ist unser Portfolio gut diversifiziert, da bei uns die Einzeltitelauswahl im Vordergrund steht. Wir bevorzugen aktives Management gegenüber einem breiten EM-Index, da dieser häufig unerwünschte Klumpenrisiken mit sich bringt.
Viele Unternehmen zahlen mittlerweile hohe Dividenden und steigern sie regelmäßig. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Bernbaum: Ich bin überzeugt davon. Gute Unternehmensführung und die Ausschüttung nachhaltiger Gewinne an Aktionäre gewinnen weiter an Bedeutung. Auch viele Technologiekonzerne, die derzeit noch im Investitionsmodus sind, könnten künftig stärker Dividenden ausschütten – vor allem in den USA. In Europa ist die Ausschüttungsquote historisch gesehen noch eher niedrig, hier sehe ich weiteren Spielraum.
Ziehen Sie auch alternative Anlagen wie Private Equity in Betracht?
Bernbaum: Nicht im Rahmen des Global Income Fund. Dieser ist täglich handelbar und muss entsprechend liquide bleiben. Private Markets passen nicht zu diesem Profil. Wir nutzen aber andere weniger liquide Segmente wie Hochzins- und Schwellenländeranleihen oder nicht staatlich besicherte Hypothekenpapiere. Auch hybride Instrumente wie Preferred Securities und Wandelanleihen spielen eine Rolle.
Hat sich die Anlagestrategie des Fonds seit der Auflegung 2008 verändert?
Bernbaum: Unsere Grundphilosophie ist konstant geblieben. Aber wir haben unsere Instrumente und Anlageklassen erweitert. Heute nutzen wir beispielsweise auch Covered Calls oder europäische AT1-Anleihen. Unsere Aktienausrichtung ist inzwischen ausgewogener zwischen Value und Growth. Insgesamt sind wir flexibler geworden.
Nutzen Sie Absicherungsstrategien zur Volatilitätssteuerung?
Bernbaum: Selbstverständlich. Wir sichern den Großteil unseres Währungsrisikos gegenüber dem Euro ab. Das war in der langen Aufschwungsphase des US-Dollars nicht immer hilfreich, kommt uns aber momentan zugute und sollte vor allem auch zukünftig helfen. Daher halten wir Fremdwährungen wie den US-Dollar oder bestimmte EM-Währungen nur in begrenztem Umfang zur Diversifikation. Zusätzlich setzen wir gezielt Derivate ein, etwa Futures auf EuroStoxx, S&P 500 oder EM-Indizes, um Risiko, Duration oder die regionale Allokation effizient zu steuern.
Nimmt dadurch die Umschlagshäufigkeit im Portfolio zu?
Bernbaum: Im Gegenteil. Der Einsatz von Derivaten erlaubt es uns, das Beta zu steuern, ohne unsere bevorzugten Titel oder Sektoren verkaufen zu müssen. Das senkt auch die Transaktionskosten.
Wie sehen Sie die Zukunft von Multi-Asset-Fonds?
Bernbaum: Der Trend geht klar in Richtung ergebnisorientierter Strategien, weg von Benchmark-basierten Ansätzen, bei denen es lediglich darum geht, einen Index leicht zu schlagen. Künftig werden Multi-Asset-Lösungen noch stärker auf konkrete Anlegerziele wie stabile Erträge oder Volatilitätskontrolle zugeschnitten. In einem zunehmend komplexen Marktumfeld werden sie an Bedeutung gewinnen – nicht zuletzt durch technologische Fortschritte.
Setzen Sie künstliche Intelligenz bereits im Portfoliomanagement ein?
Bernbaum: Aktuell noch nicht explizit. Aber unser Haus investiert massiv in diesen Bereich. Auf unserer Investment-Plattform Spectrum, die mit BlackRocks Aladdin vergleichbar ist, nutzen wir bereits KI-basierte Tools zur Entscheidungsunterstützung und Risikoeinschätzung. Auch unser Team beobachtet diese Entwicklungen sehr genau. Derzeit wird unsere Strategie aber weiterhin aktiv von Portfoliomanagern gesteuert. Dabei obliegt die Entscheidung für die Einzeltitel in den einzelnen Anlageklassen den Portfoliomanagern aus dem jeweiligen Segment und meine Co-Manager Michael Schoenhaut, Gary Herbert und ich managen die Gesamtallokation und sind für das Risikomanagement verantwortlich.
Wird es in Zukunft dann überhaupt noch menschliche Portfoliomanager geben?
Bernbaum: Davon bin ich überzeugt. KI kann dabei helfen, Informationen schneller zu analysieren, Risiken zu steuern und Prozesse zu automatisieren. Doch menschliche Erfahrung und Urteilsvermögen bleiben unverzichtbar – etwa bei der Einschätzung politischer Risiken oder komplexer Marktdynamiken.
Zur Person: Eric Bernbaum, Executive Director, ist Portfoliomanager im Multi-Asset Solutions Team von J.P. Morgan Asset Management mit Sitz in New York. Seit 2008 im Unternehmen, ist Eric für die Auswahl von Managern und den Portfolioaufbau verantwortlich. Sein Schwerpunkt liegt auf dem Portfoliomanagement sowie der Interpretation und Umsetzung taktischer Asset-Allokationsstrategien über verschiedene Anlageklassen hinweg, mit einem besonderen Fokus auf Einkommensstrategien. Eric hat einen Bachelor of Science in Angewandter Volkswirtschaftslehre und Management mit Schwerpunkt auf Betriebswirtschaft und Finanzen von der Cornell University und ist CFA-Charterholder.
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