Das Landgericht Stuttgart hat einer Anlegerin die Rückzahlung ihrer Investition in den Immobilienfonds „UniImmo Wohnen ZBI“ zugesprochen. Grund ist eine fehlerhafte Anlageberatung der Volksbank Böblingen.
16.05.2025 | 09:30 Uhr von «Peter Gewalt»
Die Klägerin hatte mehrere tausend Euro auf Empfehlung ihrer Bank in den als „risikoarm“ beschriebenen Fonds investiert. Doch die massive Abwertung des Fonds im Juni 2024 führte zu einem massiven Wertverlust für die Klägerin. Das Landgericht Stuttgart urteilte nun, dass das Finanzinstitut ihre Kundin unzureichend beraten hat. Insbesondere habe sie ihr ein Produkt empfohlen, das außerhalb der gewählten Risikoklasse lag. Dies wurde ein klarer Verstoß gegen die Beratungspflicht gewertet. Das Gericht hob hervor, dass die Kundin keine Erfahrung mit Fonds hatte und daher auf die Einschätzung der Bank vertraute.
Claus Goldenstein, der mit seiner Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte die Klägerin vertritt, sieht im Urteil einen wegweisenden Erfolg für viele weitere geschädigte Anleger: „Das ist ein starkes Zeichen für alle, die ähnlich falsch beraten wurden. Der Weg ist nun frei für tausende weitere Klagen“, so Goldenstein. „Tatsächlich könnte dieses Urteil eine Klagewelle auslösen. Schon im Februar hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth in einem ähnlichen Fall entschieden, dass die Risikobewertung des Fonds zu niedrig angesetzt war.“
Das aktuelle Urteil stammt allerdings aus der ersten Instanz, ist daher noch nicht rechtskräftig. Die beklagte Volksbank Böblingen hat bereits erklärt, in Berufung gehen zu wollen. Wie das Oberlandesgericht Stuttgart als nächste Instanz in diesem Fall urteilt, bleibt daher erst einmal offen.
Hintergrund des Rechtsstreits: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte nach dem Kurssturz des Immobilienfonds 2024 Klage gegen die ZBI Fondsmanagement GmbH vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eingereicht, da ihrer Einschätzung nach die Risikoeinstufung des Immobilienfonds viel zu niedrig angesetzt war.
Das LG Nürnberg-Fürth gab der Unterlassungsklage Anfang desJahres statt. Der Fondsmanager ZBI darf das Risiko beim Offenen Immobilienfonds UniImmo Wohnen ZBI nicht mehr mit 2 bzw. 3 angeben. Grund: Diese Risikobewertung entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Das Gericht erklärte, dass die Einschätzung des Risikos, das investierte Geld zu verlieren, für den Verbraucher das entscheidende Kriterium für seine Anlageentscheidung sei. Dabei orientiere sich dieser maßgeblich an der Risikoeinstufung im Informationsblatt. Werde der Risikoindikator zu niedrig angegeben, werde der Verbraucher über sein Risiko getäuscht.
Aber auch ein weiteres Gerichtsverfahren könnte einer Klagewelle die Tür öffnen. Vor kurzem hat erstmals ein Anleger den Emittenten des
Fonds, ZBI, auf Schadensersatz verklagt, berichtet Roland Klaus, Gründer der
Interessengemeinschaft Widerruf. Und im Rahmen der Klage werde zudem ein Antrag
auf Eröffnung eines Musterverfahrens nach dem
Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gestellt, so Klaus. Entspreche
das Gericht diesem Antrag, müssten geschädigte Anleger nicht selbst klagen,
sondern könnten ihre Ansprüche – zu deutlich geringeren Kosten – in dem
Musterverfahren anmelden.
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