Volker Zenk, Trainer des Teams der SJB FondsSkyline, hat eine umfassende Standortbestimmung der Kapitalmärkte vorgenommen. In seinem Ausblick zeichnet er ein differenziertes Bild – skeptisch bei US-Techwerten, optimistisch bei europäischen Aktien und mit wachem Blick auf die Potenziale von Frontier-Märkten.
18.06.2025 | 13:30 Uhr
Technologieaktien: Bewertungsdruck statt Crash
Ein zentrales Thema bleibt dabei die Entwicklung von Technologiewerten – insbesondere aus den USA. Zenk sieht hier eine gewisse Ernüchterung am Horizont: „Angesichts der hohen Bewertung sind wir für viele Technologietitel, insbesondere aus den USA, kurz- und mittelfristig eher skeptisch.“ Der Kursrücksetzer, der Anfang April viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischte, kam für ihn nicht überraschend.
Ein Ausverkauf oder gar ein Tech-Crash sei jedoch nicht zu erwarten. Vielmehr rechnet Zenk mit einem allmählichen Rückgang der Bewertungen auf ein vernünftigeres Niveau. Die fundamentalen Treiber – etwa Digitalisierung und der wachsende Einsatz von KI – blieben seiner Ansicht nach intakt und würden die Branche langfristig stützen. Die Korrektur verlaufe daher eher strukturell als panisch.
Kryptoaktien bleiben hinter dem Bitcoin zurück
Ein interessantes Phänomen zeigt sich im Bereich der Kryptowährungen: Während der Bitcoin selbst nahe an seinem Allzeithoch notiert, zeigen viele Aktien aus dem Krypto- und Blockchain-Umfeld noch deutlichen Abstand zu ihren historischen Höchstständen. Für Zenk liegt die Ursache dieser Diskrepanz in der aktuellen Anlegerpräferenz: „Investoren konzentrieren sich momentan stark auf Unternehmen, die bereits positive Erträge erzielen – und das trifft auf viele Blockchain-Titel eben noch nicht zu.“
Dennoch sieht er auch hier Potenzial für eine Erholungsbewegung – allerdings mit Zeitverzögerung. Sobald sich Kryptowährungen, insbesondere Bitcoin, stärker als legitimer Portfoliobestandteil bei institutionellen Investoren etablieren, dürften auch Unternehmen, die Dienstleistungen für die Blockchain- und Kryptoökonomie anbieten, wieder verstärkt in den Fokus rücken und vom positiven Momentum profitieren.
Small Caps: Unterbewertet, aber vernachlässigt
Ein weiteres Sorgenkind an den Märkten bleiben die Small Caps. Die erhoffte Erholung in diesem Segment ist 2025 bislang ausgeblieben – auch zur Enttäuschung von Zenk selbst: „Wir sind enttäuscht, dass die oft angekündigte und von uns selbst erwartete Kurserholung der Small Caps in diesem Börsenjahr bislang ausgeblieben ist.“
Dabei gebe es durchaus stichhaltige Gründe für eine positive Bewertung: Viele kleinere und mittlere Unternehmen verfügten über hochwertige Geschäftsmodelle, überzeugende Wachstumszahlen und seien fundamental unterbewertet. Das Hauptproblem sieht Zenk aktuell in der Marktwahrnehmung. Der Fokus institutioneller Investoren liege stark auf großen Standardtiteln – was zur Folge habe, dass kaum noch fundiertes Research zu Nebenwerten publiziert werde. Dadurch bleibe viel Potenzial im Verborgenen.
US-Zölle als Inflationsmotor
Auch geopolitische und wirtschaftspolitische Themen lässt Zenk nicht außen vor – insbesondere mit Blick auf die US-Zollpolitik. Die jüngsten Signale, etwa aus dem Trump-Lager, deuteten auf eine Rückkehr zu protektionistischen Maßnahmen hin. Für Zenk steht fest: „Dass die höchst sprunghafte, tendenziell auf höhere Einfuhrabgaben ausgerichtete US-Zollpolitik zu einem Anstieg der US-Inflation führen wird, ist für uns ausgemachte Sache.“
Der Umbau globaler Lieferketten sei weder kurzfristig noch ohne hohe Kosten umsetzbar. Unternehmen könnten nicht in der Geschwindigkeit, wie sie von der Politik verlangt wird, neue Produktionsstätten in den USA aufbauen. Die Konsequenz: US-Verbraucher würden zwangsläufig höhere Preise für importierte Güter zahlen. Ob dieser Inflationsimpuls global abstrahle, sei derzeit aber noch offen.
USA: Börsenprimat unter Druck
Ein struktureller Wandel scheint sich auch bei der globalen Kapitalverteilung anzudeuten. Zenk beobachtet erste Anzeichen dafür, dass die jahrzehntelange Vormachtstellung der US-Börsen allmählich ins Wanken gerät. „Die jüngst verstärkten Kapitalflüsse in europäische Aktien sind ein klares Indiz dafür“, so seine Einschätzung. Gleichzeitig warnt er vor zu schnellen Schlüssen: Gemessen an der langen Phase der Dominanz sei die aktuelle Umkehrbewegung noch relativ schwach ausgeprägt. Eine echte Wachablösung sei fraglich – realistischer sei eine moderate Abschwächung bei insgesamt diversifizierteren Präferenzen globaler Anleger.
Frontier- und Schwellenmärkte als Überraschungskandidaten
Besonders optimistisch zeigt sich Zenk mit Blick auf die sogenannten Frontier Markets und einzelne Schwellenländer. In der zweiten Jahreshälfte 2025 erwartet er dort überdurchschnittliche Kursentwicklungen – teils sogar stärker als in etablierten Märkten. Besonders Vietnam steche durch regulatorische Reformen hervor: „Die jüngst beschlossenen Erleichterungen beim Börsenzugang für ausländische Investoren wirken dort klar unterstützend.“ Auch in Lateinamerika – etwa in Brasilien und Peru – sieht Zenk attraktives Kurspotenzial.
Rentenmärkte: Divergenz zwischen USA und Europa
Nicht zuletzt liefert Zenk auch eine klare Positionierung für die Anleihemärkte. Die expansive Ausgabenpolitik unter Trump dürfte sich seiner Einschätzung nach negativ auf die US-Staatsverschuldung und Bonität auswirken – mit der Folge weiter steigender Renditen, insbesondere am langen Ende der US-Zinskurve. Für europäische Rentenmärkte erwartet er hingegen stabile bis leicht fallende Renditen. Hintergrund ist die jüngste Zinssenkung der EZB, mit der sich die Notenbank dem Ende ihres geldpolitischen Lockerungszyklus nähert. „Wir präferieren hier klar kurzlaufende Euro-Anleihen“, betont Zenk.
Blick auf das zweite Halbjahr: Europa im Vorteil
Für das verbleibende Börsenjahr 2025 positioniert sich Zenk klar zugunsten europäischer Aktien. Hier sieht er spürbares Aufholpotenzial gegenüber den USA. Während europäische Märkte aus seiner Sicht attraktiv bewertet sind, erwartet er bei US-Werten eher eine volatile Seitwärtsbewegung. „Auch angesichts schwieriger innenpolitischer Bedingungen sehen wir dort keine großen Zugewinne mehr“, sagt Zenk.
Insgesamt sei davon auszugehen, dass die Märkte kurzfristiger denn je auf politische Aussagen oder mediale Schlagzeilen reagieren – ein Phänomen, das sich in einer anhaltend hohen Volatilität niederschlagen dürfte.
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