Hagen Schremmer, CEO von BNP Paribas Asset Management, gibt einen Ausblick auf die Entwicklungen im Bereich ELTIFs und Nachhaltigkeit, die eine zentrale Rolle bei BNP Paribas AM spielen. Auch die Notwendigkeit einer stärkeren privaten Altersvorsorge in Deutschland spricht Schremmer an.
22.05.2025 | 11:18 Uhr
TiAM: Herr Schremmer, der Asset-Management-Markt ist hart umkämpft. Wie entwickeln sich die Geschäfte bei BNP Paribas Asset Management in Deutschland?
Hagen Schremmer: Wir blicken auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurück – 2024 war für uns ein Rekordjahr, und der positive Trend setzt sich auch in 2025 fort. Mit einer Vervierfachung der Assets und einem Wachstum von annualisiert über 30 Prozent in den vergangenen fünf Jahren können wir auf eine nachhaltige Entwicklung zurückblicken, die wir auch in den nächsten Jahren weiter ausbauen möchten. Unsere langfristige Strategie zeigt sich dabei als klarer Wettbewerbsvorteil, und erfreulich ist, dass wir in allen Produktsegmenten Zuwächse verzeichnen.
TiAM: Welche Produktbereiche haben maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen?
Schremmer: Besonders im Liquiditätsmanagement mit Unternehmenskunden haben wir starke Impulse erhalten. In Europa zählen wir zu den führenden Anbietern von Geldmarktfonds, und das Momentum erstreckt sich mittlerweile auch auf weitere Kundensegmente. Die deutlich positiven Zinsen haben dazu geführt, dass Versicherungen und Pensionsfonds vermehrt unsere Fixed-Income-Lösungen nutzen. Zudem verzeichnen wir deutlich positive Zuflüsse im Wholesale-Segment und bei institutionellen Allokatoren im Bereich kostengünstiger, risikokontrollierter quantitativer Aktienfonds und im Bereich ETFs.
TiAM: Welche Trends erwarten Sie in naher Zukunft?
Schremmer: Wir rechnen weiterhin mit robusten Zuflüssen in unseren Liquiditäts- und Rentenlösungen und wollen auch unsere ETF-Plattform insbesondere durch den Ausbau unseres Angebots an aktiven ETFs weiter stärken. Bei Privatanlegern beobachten wir einen klaren Trend im ersten Schritt weg von traditionellen Sparprodukten hin zu attraktiveren Geldmarktlösungen und dann natürlich in langfristige Aktieninvestments, insbesondere über Sparpläne. Zudem wird die Demokratisierung der Private Markets, vor allem im Bereich Infrastruktur und Private Debt, in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen.
TiAM: Stehen ELTIFs bei Ihnen also auch ganz oben auf der Prioritätenliste?
Schremmer: ELTIFs sind für uns eine wichtige Anlageklasse, allerdings ohne eine kurzfristige Euphorie zu erwarten. Wir haben unser Angebot in diesem Segment kontinuierlich erweitert – vor allem in Frankreich sind wir aufgrund steuerlicher Gegebenheiten bereits seit Längerem institutionell und semiinstitutionell präsent. Im Bereich der Privatanleger und Self-directed-Investoren gehe ich allerdings von einer Kennenlernphase aus, bevor sich nennenswerte Zuflüsse einstellen.
TiAM: Wie schätzen Sie den Zeithorizont für eine breitere Akzeptanz ein?
Schremmer: Eine flächendeckende Akzeptanz von ELTIFs dürfte einige Jahre in Anspruch nehmen – vergleichbar mit der Entwicklung Offener Immobilienfonds, die heute auf eine über 60-jährige Historie zurückblicken. Mir ist wichtig, dass wir nichts überstürzen, kontinuierlich unsere Vertriebspartner unterstützen und Produkte anbieten, die den langfristigen Bedürfnissen unserer Kunden entsprechen.
TiAM: Welche ELTIFs bieten Sie bereits in Deutschland an?
Schremmer: Wir haben uns bewusst für einen konservativen Einstieg mit einem breit diversifizierten Private-Debt-ELTIF entschieden. Wenn eine neue Assetklasse eingeführt wird, die eine gewisse Liquidität oder Teilliquidität verspricht, muss das zugrunde liegende Asset diese Erwartung auch erfüllen können – sowohl in Bezug auf Liquidität als auch auf Cashflows. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau und sind optimistisch, dass ELTIFs eine spannende Anlageklasse mit großem Potenzial sind. Wie schnell sie sich durchsetzen und welchen Anteil sie am Gesamtmarkt einnehmen wird, lässt sich heute noch nicht seriös abschätzen. Die Rückmeldungen aus dem Vertrieb sind jedoch äußerst positiv, was uns in unserer strategischen Ausrichtung bestärkt.
TiAM: Nachhaltigkeit spielt bei BNP Paribas AM eine zentrale Rolle. Wie positionieren Sie sich in diesem Bereich?
Schremmer: Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie. Über 90 Prozent unserer Produkte sind gemäß der EU-Offenlegungsverordnung nach Artikel 8 und 9 eingeordnet. Wir bieten sowohl Impact-Produkte als auch benchmarknahe ETFs, um den unterschiedlichen Anforderungen unserer Investoren gerecht zu werden. Unser erweitertes Angebot an nachhaltigkeitsoptimierten ETFs unterstreicht unser Engagement – auch wenn derzeit viele Investoren an klassischen Indizes festhalten.
TiAM: Wie bewerten Sie den Trend zu aktiven ETFs?
Schremmer: Unsere nachhaltigkeitsoptimierten ETFs sind bereits eine Form aktiver ETFs, da sie gezielt anhand von ESG-Kriterien gesteuert werden. Zukünftig werden wir unser Portfolio weiter diversifizieren und verstärkt Produkte entwickeln, die gezielt Alpha generieren. Letztlich glaube ich, dass die Diskussion um aktiv versus passiv zunehmend an Bedeutung verliert – es wird vielmehr eine Konvergenz geben, bei der sich die Produkte sogar in ihrer Kostenstruktur annähern.
TiAM: Bedeutet der Kostendruck bei aktiven Fonds, dass bald nur noch Honorarberatung relevant ist?
Schremmer: Diese Entwicklung ist seit einigen Jahren im Gange und wird sich auch auf den Vertriebs- und Beratungsbereich auswirken. Dennoch bin ich überzeugt, dass eine fundierte Beratung weiterhin unerlässlich ist – insbesondere in einem Umfeld, in dem die private Altersvorsorge, besonders in Deutschland, noch erheblich ausbaufähig ist. Wir müssen weg von der Sparbuchmentalität, denn wer seine Anlagen inflationsbereinigt vermehren möchte, kommt an einer Anlage am Kapitalmarkt nicht vorbei.
TiAM: Haben Sie Hoffnung, dass sich diese Situation bald ändert?
Schremmer: Die Notwendigkeit einer kapitalgedeckten Altersvorsorge in Deutschland ist unbestritten – und es bedarf umfassender Strukturreformen, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Mit Blick auf die Demografie und das überforderte Rentensystem ist es dringend notwendig, die private Altersvorsorge in Deutschland zu unterstützen: mit einfachen Regeln und steuerlicher Entlastung des Ersparten. Darüber hinaus ist ein funktionierender Kapitalmarkt essenziell, um die Finanzierung wichtiger Infrastruktur- und Transformationsprojekte zu gewährleisten.
TiAM: Wird diese Entwicklung auch die Investmentkultur in Deutschland nachhaltig prägen?
Schremmer: Bereits jetzt beobachten wir positive Signale, etwa durch den Aufstieg von Neobrokern und digitalen Plattformen, die insbesondere junge Anleger an den Kapitalmarkt heranführen. Der Trend zu regelmäßigen Sparplänen ist äußerst erfreulich und bietet eine solide Basis für den langfristigen Vermögensaufbau – ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Investmentkultur in Deutschland.
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