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Fuest: „Wirtschaftliche Erholung Griechenlands ist möglich“

Clemens Fuest: "In der Währungsunion besteht ein Bedarf an mehr fiskalpolitischer Koordination."
Finanzbranche

Mannheim, ZEW – Den ganzen Tag über klingelt das Telefon von Prof. Dr. Clemens Fuest: Der Rat des 45-jährigen Wissenschaftlers zum Thema Griechenland ist heiß begehrt. Für FundResearch nimmt er sich trotzdem die Zeit, Griechenland, Deutschland und seine persönliche Zukunft zu besprechen.

25.06.2015 | 06:45 Uhr von «Teresa Laukötter»

Herr Prof. Fuest, Griechenland ist pleite, dennoch gibt es dauernd Treffen auf höchster politischer Ebene. Wann hört das auf?

Ich bin der Meinung, dass die letzten Stationen nur einige unter Vielen waren. Die griechische Regierung hat keinen Plan, wie die Wirtschaft wieder auf die Beine kommen soll - und daran ändern die jetzt zugesagten Maßnahmen nichts. Die griechische Regierung hat die Reformauflagen stark verwässert, sodass sie kaum noch sichtbar sind. Ich halte dies für sehr problematisch, da sich für die Zukunft die Frage stellt, ob die Hilfen für die andere Eurostaaten an wirklich ernsthafte Reformen gekoppelt sind.

Josef Stiglitz, Nobelpreisträger und ebenfalls Ökonom, unterstützt in Teilen die sture Haltung der griechischen Regierung…

…und damit liegt er daneben. Es handelt sich nicht um den vorübergehenden Einbruch einer Wirtschaft, sondern um das Ende eines auf Pump finanzierten Wirtschaftsmodells. Das haben die Vertreter solcher Ansichten nicht verstanden: Griechenland hat über seine Verhältnisse gelebt. Dagegen kann man nicht mit neuen Schulden anfinanzieren, sondern man muss sich anpassen. Griechenland steht vor der Frage, ob es zu einem Konsumniveau zurückkehren kann, das es selbst erwirtschaften kann. Das Schlechteste was man jetzt tun kann ist, diese Konsumblase mit neuen Schulden aufrecht zu erhalten. Griechenland braucht keine neuen Schulden. Was Griechenland braucht, sind Reformen, die zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum führen. 

Die griechische Regierung hat ihrer Bevölkerung vor der Wahl etwas anderes versprochen als neue Strukturreformen. Das müsste sie jetzt komplett kassieren? 

Versprechen, die man nicht halten kann, muss man kassieren. Erstens, es geht nicht nur um Strukturreformen, sondern auch um Preisanpassungen. Länder wie Griechenland sind zu teuer, sie müssen also ihre Löhne anpassen. Das ist ein schmerzhafter Schritt, aber notwendig um wettbewerbsfähig zu werden. Man kann natürlich auch besser werden, wenn man zu teuer ist, aber das dauert seine Zeit. Zweitens sollte über die Frage gesprochen werden, ob die Schulden in Griechenland nachhaltig sind. Wir haben bereits mehrere Schuldenschnitte in Griechenland gehabt – offene und versteckte. Im offenen Teil war der private Sektor bereits dabei. In versteckten Schuldenschnitten haben die staatlichen Kreditgeber die Zinsen für Griechenland gesenkt und die Laufzeiten verlängert. 

Kann sich Griechenland aus eigener Kraft erholen? 

Gemessen am BIP ist der Schuldendienst in Griechenland  niedriger als in Portugal. Eine wirtschaftliche Erholung ist also möglich. Solange also die Aussicht besteht, dass sich ein Land erholt, sollte man sich einer Debatte über Schuldenerleichterung nicht verschließen. Wenn aber eine vernünftige Wirtschaftspolitik, sprich Reformen, nicht möglich ist, sondern das Gegenteil passiert - Unternehmen werden verstaatlicht und der öffentliche Sektor ausgeweitet -  dann hilft ein Schuldenschnitt nicht.

Prof. Dr. Clemens Fuest (rechts) im Interview mit den FundResearch-Redakteuren Dieter Fischer und Teresa Laukötter 


Preisanpassung - heißt das, dass Griechenland den Euro verlassen muss?

Nein, das würde ich nicht sagen. Es wäre eine Möglichkeit, durch eine eigene Währung abzuwerten und wettbewerbsfähig zu werden. Aber Griechenland würde dazu erstmal einen Vertrauensvorschuss von Investoren benötigen. Wenn aber niemand der Währung vertraut, droht hohe Inflation. Daher bin ich der Meinung, dass nur aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit kein Austritt nötig ist. Es ist natürlich für ein Land nicht leicht, seine Preise zu senken. Mit der nötigen Entschlossenheit und Unterstützung der Bevölkerung und mit den nötigen Reformen kann Griechenland das jedoch schaffen. 

Staatspleiten sind ökonomisch ja nichts Ungewöhnliches. Wieso gibt es eigentlich noch immer kein wirklich geregeltes Szenario hierfür?

Der IWF hat vor 13 Jahren Pläne zur geregelten Abwicklung von Staaten vorgelegt. Aus Angst, dass Staaten zu schnell eine Insolvenz erklären könnten und daher das Vertrauen der Gläubiger verlieren, hat man das nicht weiter verfolgt. In der Eurozone erleben wir das Gegenteil: Gläubiger haben zu viel Vertrauen gehabt und der Schuldenschnitt in Griechenland ist zu spät erfolgt. Es wäre dringend notwendig, dass die Eurozone ein glaubwürdiges Verfahren für Staatspleiten entwickelt. Wichtig ist dabei jedoch vor allem, dass die Wirtschaft solche Szenarien aushält. Eine Staatspleite bedeutet die Restrukturierung von Schulden - Staatsanleihen verlieren an Wert. Damit man das umsetzen kann, muss der Finanzsektor solide aufgestellt sein. Es kann nicht sein, dass Banken vollgeladen sind mit Staatsanleihen und gleichzeitig kein Eigenkapital vorhalten, wie vor der Krise. Im Falle einer Staatspleite bricht dann der gesamte Bankensektor zusammen. Banken müssen also aus der Finanzierung von Staaten raus oder sie halten so viel Eigenkapital, dass sie die Verluste selbst auffangen können. Ist dies gesichert, sollte man ein Verfahren zu Restrukturierung von Staatschulden  erstellen. Ein solches Verfahren ist unbedingt notwendig, um eine Konkursverschleppung à la Griechenland zu vermeiden.

Sollten Staatsschulden in diesem Zusammenhang deutlicher ausgewiesen werden? Oder ist das bereits für Jedermann transparent genug?

Nein, es gibt jede Menge Schattenhaushalte und implizite Staatsverschuldung, die Sie nicht in den Statistiken finden. In Europa schaffen wir gerade mit dem sogenannten Juncker-Fonds einen neuen Schattenhaushalt. Es ist wichtig, möglichst viel Transparenz  zu erreichen. Schauen Sie sich die implizite Staatsverschuldung an: Verpflichtungen im Pensionssystem, im Rentensystem und für Krankenversicherungen. Dazu eine massive versteckte Staatsverschuldung durch die Subventionierung erneuerbarer Energien: Manche Leute haben das Recht, über viele Jahre hinweg zu hohen Preisen Strom einzupreisen und erhalten dafür Subventionen. All das sind Formen von Staatsverschuldung, und die Wähler können damit nur sehr schwer umgehen. Hier gibt es Nachholbedarf in Sachen Transparenz.

Wenn unsere Politiker nach einer Lösung für Griechenland nun die nationalen Finanzsysteme besser angleichen wollen – droht dann der nächste Austritt: Der Brexit?

Es besteht in der Währungsunion ein Bedarf an mehr fiskalpolitischer Koordination und Zusammenarbeit. Was wir brauchen, ist deshalb ein Europa der zwei Geschwindigkeiten - das wird in Brüssel natürlich nicht gern gehört. Dennoch: Die Währungsunion sollte sich stärker integrieren, während der übrige Teil eher eine große Freihandelszone bleiben kann, wie von Großbritannien gewünscht. Innerhalb der Währungsunion brauchen wir mehr Integration, ich allerdings skeptisch, was eine zentrale Kontrolle der Fiskalpolitik angeht. Denn wenn die Entscheidungen über Schulden in Brüssel getroffen werden, brauchen wir dort ein Parlament mit demokratischer Legitimität. Auf der anderen Seite: Wenn die nationalen Parlamente die Entscheider bleiben, müssen sie auch dafür gerade stehen. Es kann nicht sein, dass dezentral entschieden und dann gemeinschaftlich gehaftet wird. Das funktioniert nicht. 

Lesen Sie morgen den zweiten Teil des Interviews. Darin spricht Fuest über die Konjunkturaussichten in Deutschland und seine persönliche Zukunft. 

(DIF/TL)

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