Carmignac: Alles wie gehabt - Die Welt ist eine Scheibe!

„Keine Volkswirtschaft kann für sich in Anspruch nehmen, gegen die Auswirkungen der globalen Komplexität immun zu sein“, sagt Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees.

10.03.2014 | 13:42 Uhr

Auf den ersten Blick ist alles ganz einfach. Den Industriestaaten, und insbesondere Europa, geht es zunehmend besser. Diese uns nahe liegende und verständliche Welt hat ihre systemischen Risiken abgebaut und ist dabei, sich aus der Rezession zu befreien. Gleichzeitig türmen sich in der Welt der Schwellenländer – von Argentinien bis China, von Venezuela bis zur Ukraine – immer mehr Risiken auf, während Japan, das sich den Abenomics verschrieben hat, auf der Stelle tritt. Warum also das höhere Risiko eingehen und weltweit investieren? Ebenso ließen sich alle Anlagen auf das so nahe liegende Europa konzentrieren, wo zudem die Kurse weit weniger heftig ausschlagen.

Diese gängige Ansicht scheint dem gesunden Menschenverstand zu entspringen. Jeder Konsensmeinung hängt jedoch der Verdacht an, sich nur deshalb durchzusetzen, weil sie dem Wunsch der Mehrheit entspricht. Wer aber der Versuchung erliegt, für wahr zu halten, was wünschenswert erscheint, läuft Gefahr, es sich zu einfach zu machen. Unsere einfach gestrickten Wahrheiten zerreiben sich angesichts der Komplexität der Wirklichkeit nur allzu schnell. Zu glauben, auf ein globales Anlagemanagement, das dieser Komplexität gerecht würde, ließe sich heute verzichten, erscheint uns eine Illusion. Die gegenseitige Abhängigkeit der Finanzmärkte und die ungleiche Entwicklung in den großen Wirtschaftsräumen sprechen mehr als sonst für eine geographische Diversifizierung, für die Berücksichtigung aller Anlageklassen und für ein besonders aufmerksames Risikomanagement.

Die beispiellosen Eingriffe der Fed, der EZB, der Bank of England und zuletzt der Bank of Japan und der meisten Zentralbanken der Schwellenländer in die Finanzmärkte haben in allen Ländern den Konjunkturzyklus massiv beeinträchtigt. Das Beenden einer Kreditkrise ist nie eine leichte Aufgabe – doch die aktuelle Krise, die die Mehrheit der Länder betrifft, ist außergewöhnlich komplex. Die großen Volkswirtschaften der Welt befinden sich derzeit an sehr unterschiedlichen Stufen des Konjunkturzyklus – zum Teil weil sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten von der Krise getroffen wurden, zum Teil weil ihre Geldpolitiker unterschiedlich drastisch reagierten. So zieht das Wachstum in den USA bereits wieder an, während sich die Eurozone gerade erst wieder stabilisiert. China befindet sich bereits im Stadium des Wachstumsrückgangs, während Mexiko ziemlich genau den Zyklus in den USA verfolgt und Indien kurz vor der Erholung steht. Diese Vielschichtigkeit wird von den meisten Beobachtern übersehen, die lediglich eine entwickelte Welt am Beginn und ein einheitliches Schwellenländeruniversum am Ende der Wachstumsphase erkennen wollen.

Das Zusammenspiel zwischen den Volkswirtschaften einer globalisierten Welt verstärkt die Komplexität zusätzlich. So haben die umfangreichen geldpolitischen Maßnahmen, mit denen die Fed die Erholung der US-Wirtschaft unterstützte, in vielen anderen Ländern zu erheblichen Verwerfungen geführt. Diese müssen nun auf die jetzt wieder rückläufige Liquiditätsschwemme sehr umsichtig reagieren. Ländern mit einem Leistungsbilanzdefizit bleibt keine andere Wahl, als die Zinsen zu erhöhen, um eine Kapitalflucht zu vermeiden, die eine überzogenen Abwertung ihrer Währung nach sich ziehen könnte. Eine derartige, von außen „auferlegte“ geldpolitische Straffung trifft zwangsläufig die schwächsten Länder, die mit derartigen Maßnahmen Gefahr laufen, ihre wirtschaftliche Erholung weiter zu verzögern. Dies gilt beispielsweise für die Türkei, für Südafrika oder auch für Brasilien.

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