Vor dem Hintergrund steigender Kurse und fallender Renditen bei deutschen Bundesanleihen müssen sich Anleger Gedanken darüber machen, wann das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Die auf Anleihen spezialisierte Legg Mason-Tochtergesellschaft Western Asset Management hat die aktuelle Lage analysiert.
19.06.2019 | 13:10 Uhr von «Christian Bayer»
Vor dem Hintergrund steigender Kurse und fallender Renditen bei deutschen
Bundesanleihen müssen sich Anleger Gedanken darüber machen, wann das Ende der
Fahnenstange erreicht ist. Investoren fürchten, dass aus dem risikolosen Zins
ein zinsloses Risiko geworden ist.
Die auf Anleihen spezialisierte Legg Mason-Tochtergesellschaft Western Asset
Management hat die aktuelle Lage analysiert. Gordon S. Brown, Co-Head of Global
Portfolios bei Western Asset Management, sieht die deutschen Bundesanleihen als
Blitzableiter für die Ängste des Marktes. Durch die fundamentalen Daten sind
die hohen Kurse der Anleihen aus seiner Sicht nicht gerechtfertigt: „Seit der
Finanzkrise sind Anleger darauf gefasst, mit dem Unerwarteten zu rechnen. Doch
als langfristig orientierter Value-Investor sind wir fest davon überzeugt, dass
sich letztendlich die Fundamentaldaten durchsetzen und der entscheidende Faktor
für die Bewertungen sind.“ Der Experte hält weiter steigende Kurse bei
Bundesanleihen für möglich, allerdings seien diese von den fundamentalen Daten
abgekoppelt und würden die übertriebenen Ängste des Marktes widerspiegeln.
Brown macht weltweit unterschiedliche Quellen der
Unsicherheit aus, wie z. B. die zunehmenden Spannungen im globalen Handel.
Flankiert wird diese Problematik von einem wahrscheinlicher werdenden No
Deal-Brexit und den ausufernden Schulden Italiens. Der Experte beurteilt die
Lage allerdings besser als die Stimmung: „Das zweite Halbjahr 2018 war sowohl
für die Eurozone als auch für Deutschland schwach. Seitdem hat sich das
Wachstum jedoch erholt – und zwar deutlich mehr, als vom Markt erwartet. Denn
die negativen Faktoren in einigen Industriesektoren – allen voran der
Automobilbranche – klingen langsam ab“, erläutert Brown. Aus seiner Sicht
bleiben die inländischen Wachstumstreiber der Eurozone, die auch für
Deutschland gelten, robust und würden damit eine gewisse Widerstandsfähigkeit
gegenüber den Schwächen im Produktionssektor beweisen.
Der private Konsum wird
nach Auffassung des Investment-Strategen von einem soliden Arbeitsmarkt gestützt.
„Fasst man die harten Daten sowie die vorwärts gerichteten Indikatoren
zusammen, erwarten wir nach unseren Berechnungen ein Wachstum für die Eurozone
von rund einem Prozent. Das ist zwar nicht spektakulär, bleibt aber dennoch nur
leicht hinter den Erwartungen für die Region von 1,3 Prozent zurück. In jedem
Fall ist aus unserer Sicht eine solche Wachstumsrate stark genug, um die Sorgen
vor einer Rezession zu zerschlagen.“
Trotz der eher positiven Wachstumsperspektive behält
Brown die Risiken wie z. B. eine Eskalation des Handelskonfliktes zwischen den
USA und China im Blick. „Alles in allem sind Anleger unserer Meinung nach
jedoch zu pessimistisch was den Ausblick für die Eurozone und das weltweite Wirtschaftswachstum
angeht“, so Brown. Wenn kein Worst Case-Szenario mit einer Verschlechterung der
Handelsbeziehungen zwischen China und den USA eintritt, würden die Renditen der
Staatsanleihen aus den Industrienationen zu viel Pessimismus widerspiegeln.
Am
stärksten überwertet hält der Value-Investor Brown die deutschen Staatspapiere:
„Deutsche Bundesanleihen rentierten noch im vergangenen Oktober bei über 0,5
Prozent – in einer Zeit, als sich die deutsche Wirtschaft zusammenzog. Wenn wir
mit unserem Basisszenario „robust“ aber „unspektakulär“ für das weltweite
Wachstum richtig liegen, sollten die Zinsen der Bunds wieder im positiven
Bereich rentieren – oder zumindest auf dem Niveau vom Ende vergangenen Jahres
bei etwa 0,2 Prozent“, so Brown.
Der Bantleon-CEO Stephan Kuhnke hält deutsche
Bundesanleihen trotz negativer Renditen für interessant, wie er in einem
Interview mit dem „Euro fondsxpress“ anmerkte: „Als Einzelinvestment sicherlich
nicht. Im Portfoliokontext ist die Bundesanleihe als Stabilisator unserer
Meinung jedoch unabdingbar. Mit ihr lassen sich Schwankungen in einem
ausgewogenen Depot kompensieren.
Egal wo die Rendite ist: Ohne Bundesanleihe
lassen sich vernünftigerweise keine Aktienrisiken eingehen.“ Hochverzinsliche Anleihen
mit höheren Renditen sind aus seiner Sicht keine Alternative, da bei einer
abflauenden Konjunktur die Ausfallraten zunehmen und die High-Yield-Anleihen
stark mit den Aktienmärkten korreliert sind.
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