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Clemens Fuest: Die Wirtschaftspolitik der Jamaika-Koalition

Politik
Die Wirtschaftspolitik der Jamaika-Koalition
10/2017
Clemens Fuest
ifo-Institut (Website)

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Mit der AfD ist eine Partei ins Parlament eingezogen, die immer wieder mit rechtspopulistischen Parolen provoziert. Das sorgt für viel Aufregung. Doch es ist Zeit, dass die Politik sich auf die gegenwärtigen Herausforderungen konzentriert.

24.10.2017 | 14:46 Uhr

Wenn Union, FDP und Grüne eine Regierung bilden wollen, müssen sie erhebliche Differenzen überbrücken. Besonders schwierig wird die Einigung auf die künftige Zuwanderungspolitik. Derzeit streiten vor allem CSU und Grüne über das Thema einer Obergrenze für Flüchtlinge. Angela Merkel lehnt ebenso wie die Grünen eine Obergrenze ab. Welche Lösung wäre sinnvoll? Eine Botschaft der Wähler wird die neue Koalition kaum ignorieren können: Der Eindruck, dass der deutsche Staat die Kontrolle über die Flüchtlingszuwanderung verloren hat, darf sich nicht wiederholen. Misstrauen hat außerdem die zur Beruhigung der Bevölkerung verbreitete Behauptung gesät, die Aufnahme der Flüchtlinge würde Deutschland auch noch wirtschaftlich entlasten. All das heißt nicht, dass die neue Koalition sich vom bestehenden Asylrecht und humanitärer Hilfe für Flüchtlinge verabschieden oder dass Deutschland seine Grenzen für Zuwanderung schließen sollte. Im Gegenteil: Deutschland sollte sich aktiv um qualifizierte Zuwanderung bemühen und denjenigen unter den Flüchtlingen, die erfolgreich eine Ausbildung absolvieren oder Beschäftigung gefunden haben, eine Bleibeperspektive bieten. Es ist aber notwendig, die künftige Immigration in einem Zuwanderungsgesetz neu zu regeln. Im Ergebnis muss die Bevölkerung wieder darauf vertrauen können, dass der deutsche Staat steuern kann, wer aus Ländern außerhalb der EU zu uns kommt. Eine Obergrenze, was die Zahl von Zuwanderern oder Flüchtlingen angeht, muss nicht in diesem Gesetz stehen. Gleichzeitig muss deutlich werden, dass das Zuwanderungsgesetz auch ein Gesetz zur Begrenzung der Immigration ist.

Schwierig wird die Einigung auch im Bereich der Klimapolitik. Einigkeit besteht darin, dass Deutschland seine Zusagen zum Abbau von CO2-Emissionen erfüllen muss. Umstritten ist der richtige Weg dahin. Die Grünen möchten beispielsweise, dass ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. Hier sollten die Grünen ihre Position überdenken. Gerade beim Verbrennungsmotor gibt es eine sehr dynamische Entwicklung hin zu emissionsarmen oder gar emissionsfreien Techniken. Inwieweit Elektroantriebe als flächendeckende Lösung funktionieren ist derzeit unklar. Mit welcher Antriebstechnik die Klimaziele zu den geringsten Kosten erreicht werden, muss sich letztlich in einem Wettbewerb zeigen, in dem Umweltbelastung dem Verursacher angelastet wird. Das kann erreicht werden, indem der Verkehr in den Handel von Emissionszertifikaten einbezogen wird. Klimapolitik wird nur dann nachhaltig auf gesellschaftliche Akzeptanz stoßen, wenn sie unnötige Kosten vermeidet.

In der Europapolitik sind Union, FDP und Grüne sich einig darüber, dass Deutschland ein großes Interesse an einer Stabilisierung und Weiterentwicklung der Europäischen Union hat. Klar ist auch, dass die EU den Binnenmarkt weiter vertiefen und neue Felder der Zusammenarbeit erschließen sollte: Die liegen zum Beispiel in der Außen- und Sicherheitspolitik und der Entwicklungshilfe. Durch mehr Kooperation bei der Beschaffung von militärischer Ausrüstung könnten die nationalen Staatshaushalte entlastet werden.

Ein Stolperstein für die Jamaika-Koalition liegt in der Politik der europäischen Währungsunion. Die Grünen haben in ihrem Wahlprogramm der noch amtierenden Bundesregierung vorgeworfen, beim EU-Haushalt zu knausern, auf eine einseitige Sparpolitik zu beharren, Schuldenerleichterungen für Griechenland, Eurobonds und öffentliche Investitionen zu behindern und so die Spaltung Europas zu vertiefen. Entsprechend fordern die Grünen mehr Mittel für EU-Töpfe und eine europäische Arbeitslosenversicherung. Die FDP dagegen pocht auf die Einhaltung von Verschuldungsregeln und schlägt vor, ein Verfahren für Staatsinsolvenzen und einen geordneten Austritt aus der Eurozone zu etablieren, bei dem das austretende Land EU-Mitglied bleiben kann. Die Union vertritt eine mittlere Position: Sie schließt eine Vergemeinschaftung von Schulden aus und will einen Europäischen Währungsfonds schaffen, der die europäischen Schuldenregeln konsequenter überwachen soll, als es die Europäische Kommission bislang getan hat.

Wirklich wichtig für die Zukunft der Eurozone wäre es, dass die Banken künftig weniger Staatsanleihen ihrer eigenen Länder halten und mehr Eigenkapital vorhalten. Statt eines umfassenden Verfahrens für Staateninsolvenzen sollten Accountability Bonds eingeführt werden. Das sind nachrangige Anleihen, mit denen Länder den Teil ihrer laufende Budgetdefizite finanzieren müssen, der die im Fiskalpakt vereinbarte Grenze von konjunkturbereinigt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreitet. Das würde Anreize für solide Finanzpolitik stärken und die Steuerzahler besser davor schützen, für übermäßige Schulden anderer Euro-Länder haften zu müssen. Gleichzeitig würde eine Destabilisierung von Ländern, die in der Vergangenheit hohe Schulden angehäuft haben, verhindert. Diese Reformen sollten für alle Koalitionspartner akzeptabel sein.

Unterschiedlich sind die Vorstellungen auch im Bereich der Steuerpolitik. Um als Standort wettbewerbsfähig zu bleiben, wird Deutschland seine Unternehmensbesteuerung reformieren müssen. Donald Trump will den US-Steuersatz auf Unternehmensgewinne von 35 auf 20 Prozent reduzieren. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, die Vermögensteuer abzuschaffen und die Steuern auf Unternehmensgewinne deutlich zu senken. Die Regierungen Großbritanniens und Schwedens haben ebenfalls Steuerentlastungen für Investitionen angekündigt.

Deutschland wird sich diesem Steuerwettbewerb nicht entziehen können, unabhängig davon ob den politischen Entscheidungsträgern das gefällt oder nicht. Während die FDP die Wettbewerbsfähigkeit des Steuersystems in den Vordergrund stellt, betonen die Grünen eher den Kampf gegen Steuervermeidung. In der Tat sollten die anstehenden Reformen nicht nur Steuerentlastungen bringen, sondern gleichzeitig verhindern, dass bestimmte Sektoren – vor allem Unternehmen der digitalen Wirtschaft – sich ganz der Besteuerung entziehen.

Weniger konfliktträchtig ist das wichtige Thema der Digitalisierung. Derzeit schwankt Deutschland zwischen überzogener Begeisterung für einen landesweiten Glasfaser-Ausbau und Angst vor der Macht neuer Internetfirmen wie Uber und Airbnb. Hier gilt es, Fehler zu vermeiden. Ein flächendeckendes Glasfasernetz wäre teuer und ineffizient. Wichtiger ist ein Ausbau dort, wo diese Infrastruktur wirklich gebraucht wird. Und die Regulierung der digitalen Wirtschaft sollte Missbrauch bekämpfen, aber neue Geschäftsmodelle nicht behindern.

Außerdem ist die Sorge verbreitet, dass durch Digitalisierung und Automatisierung Arbeitsplätze verlorengehen. Als Antwort darauf wird immer wieder die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, eventuell in Kombination mit einer Robotersteuer, genannt. Das wäre ein Irrweg – eine Kapitulation vor den anstehenden Herausforderungen. Statt einen großen Teil der Bevölkerung von Transfers abhängig zu machen, die von anderen erwirtschaftet werden, sollte die Politik darauf setzen, die Beschäftigten durch Aus- und Weiterbildung auf die Berufe der Zukunft vorzubereiten.

Auch in der Rentenpolitik haben die Jamaika-Koalitionäre Gemeinsamkeiten. Alle Beteiligten erkennen an, dass der demographische Wandel die öffentlichen Haushalte erheblich belasten wird, vor allem die Rentenversicherung. Hier sollte man die Zeit nach 2030 in den Blick nehmen. Im Bundestagswahlkampf haben SPD und Union ausgeschlossen, das Rentenalter auf 70 Jahre zu erhöhen, obwohl es triftige Gründe gibt, genau das mittelfristig zu tun. Die Erhöhung des Rentenzugangsalters wird oft als ungerecht gebrandmarkt, weil man gesundheitlich belastende Berufe häufig nicht bis zum Alter von 70 ausüben kann. Das ist ein wichtiges Problem, aber es muss durch höhere Entlohnung und die Erwerbsunfähigkeitsversicherung gelöst werden, nicht durch die Rentenversicherung. Abgesehen davon sollte der individuelle Renteneintritt flexibel sein, allerdings mit entsprechenden Ab- oder Zuschlägen.

Wenn die Jamaika-Koalitionäre zu konstruktiven Kompromissen bereit sind, haben sie die Chance, neue Impulse zu setzen und Deutschland und Europa erheblich voranzubringen.

Clemens Fuest
Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft
Präsident des ifo Instituts

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