Es gibt noch viel Platz nach oben. Nachhaltige Fonds und Mandate kamen in Deutschland im vergangenen Jahr nur auf einen Marktteil von 4,5 Prozent.
16.09.2019 | 15:00 Uhr von «Christian Bayer»
Laut einer aktuellen Umfrage zeigen sich 87 Prozent der befragten Banken und Finanzdienstleister davon überzeugt, dass nachhaltige Investments vor einem starken Boom stehen und daher viele Portfolios neu ausgerichtet werden.
In der im August von der VÖB-Service GmbH und dem Beratungsunternehmen Cofinpro
durchgeführten Studie „Nachhaltige Geldanlagen 2019“ wurden 160 Finanzexperten
befragt. Jeder dritte Befragte erwartet, dass der Marktanteil für
Nachhaltigkeits-Investments bei institutionellen Investoren bis 2025 auf
mindestens 40 Prozent ansteigen wird. Unter Privatkunden erwarten die Experten
noch einen geringeren Anstieg. „Es sind die institutionellen Anleger, die
verstärkt auf nachhaltige Geldanlagen setzen und dieser Produktpalette zum
Durchbruch verhelfen“, sagt Gerald Prior, Vorstandsvorsitzender der auf Banken
spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro. „Gründe dafür sind einerseits
strengere Auflagen für Fonds, die vermehrt an Nachhaltigkeitskriterien
ausgerichtet sein müssen. Andererseits findet in der Branche auch ein Umdenken
statt.“
Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit könnte das Regulierungsdickicht verstärken.
Experten befürchten, dass nach MiFID II die EU-Nachhaltigkeitsverordnung die
Finanzindustrie vor weitere Regulierungsprobleme stellen könnte. Über die
Verordnung könnten Nachhaltigkeitslabel für Investmentprodukte eingeführt
werden. Das führt möglicherweise zu einer aufwendigen Kategorisierung von
Produkten und weiteren Vorgaben im Beratungsprozess. Vor dem Regulierungs-Hintergrund
stellt sich die Frage, ob Anleger bei nachhaltigen Investments auf Rendite
verzichten müssen. Zwei von drei Profis sehen in der Studie „Nachhaltige
Geldanlagen 2019“ bei nachhaltigen Investments keine Rendite-Nachteile. „Der
Mehraufwand für diese Produkte schlägt sich in höheren Kosten nieder, und das
belastet die Gesamtrendite“, gibt allerdings Cofinpro-Vorstand Prior zu
bedenken.
Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit macht sich auch im Anleihesegment bei der
Emission von Green Bonds bemerkbar. „Bei sogenannten Grünen Anleihen handelt es
sich um Kapitalmarktinstrumente, die zur Finanzierung von Projekten genutzt
werden, welche einen positiven Einfluss auf die Umwelt und das Klima haben. Den
Green Bond Principles zufolge muss der Emittent nachweisen, wo und wie die
Erlöse eingesetzt werden, wie einzelne Projekte bewertet und ausgewählt werden
und wie effektiv diese Investitionen hinsichtlich der CO2 Reduktion sind“,
erläutern David Zahn, Chef für Europäische Anleihen, und ESG-Anleiheanalystin
Gail Counihan von Franklin Templeton. Teilweise sind Green Bonds nach
Auffassung der Bond-Profis bei einigen Anlegern auf Skepsis gestoßen, weil diese
die Gefahr sehen, dass sich Unternehmen durch die Emissionen umweltfreundlicher
darstellen als sie tatsächlich sind. Vor diesem Hintergrund halten die Franklin
Templeton-Experten bei Investments in diesem Segment eine breitere Beurteilung
der Strategie und des Verhaltens der Unternehmen für nötig.
Auch Dachfondsmanager reflektieren zunehmend das Thema Nachhaltigkeit. So
weitet der Kölner Dachfonds-Manager Sauren seinen Grundsatz „Wir investieren
nicht in Fonds – wir investieren in Fondsmanager“ auf Nachhaltigkeits-Aspekte
aus. Die Experten von Sauren berücksichtigen beispielsweise, ob ein
Fondsmanager mit Ausschusslisten arbeitet oder alle Investments hinsichtlich
ESG-Aspekten analysiert: „Dabei wird auch bewertet wie aktiv ein Fondsmanager
seine Rolle als Investor wahrnimmt und ob er sogar versucht, Veränderungen
anzustoßen.“ Fondsmanager sollen dazu ermutigt werden, positive ökologische,
soziale und ethische Rahmenbedingungen zu unterstützen. Bestimmte Kriterien
oder Instrumente will Sauren jedoch nicht vorschreiben. Peter Buck,
Vertriebsvorstand bei Sauren, ist überzeugt: „Nachhaltigkeit wird zukünftig ein
unerlässlicher Bestandteil jeder Beratung sein.“
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