Das Thema „Sustainable Finance“ wird die Marktteilnehmer zweifellos auch 2020 beschäftigen. Kurz vor Jahresende 2019 haben die Finanzaufsichtsbehörden Weichen gestellt.
27.12.2019 | 15:02 Uhr von «Christian Bayer»
Anfang
des Monats wurde von der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA („European Banking Authority“) mit dem „Action Plan on Sustainable Finance“ ein Wegweiser zum Thema Nachhaltigkeit vorgestellt. Das
Papier umfasst unterschiedliche thematische Schwerpunkte wie geschäftliche
Strategien, Risikomanagement und Szenarioanalysen. Geplant ist, dass
beispielsweise in den Stresstests der Banken Klimawandel-Risiken mit einbezogen
werden. Weitere europäische Finanzaufsichtsbehörden wie die ESMA („European Securities and Markets Authority“) und die EIOPA („European
Insurance and Occupational Pensions Authority“) haben im Dezember Studien
vorgelegt, die sich mit der Umsetzung nachhaltigen Handelns an den
Finanzmärkten beschäftigen. Ein wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist die
erwünschte Abkehr von einem eher kurzfristig ausgerichteten Handlungshorizont und
die Stärkung langfristiger und nachhaltiger Aktivitäten der
Finanzmarktteilnehmer.
In einer Taxonomie-Verordnung sollen in der EU Kriterien festgelegt werden, die
wirtschaftliches Handeln erfüllen müssen, um als ökologisch nachhaltig
eingestuft zu werden. „Im Rahmen der informellen Trilog-Verhandlungen auf
EU-Ebene ist nach einigem Hin-und-Her eine grundsätzliche Einigung zur
Taxonomie-Verordnung erzielt worden. Diese steht allerdings insbesondere noch
unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch das Plenum des Europäischen
Parlaments; die Abstimmung wird voraussichtlich im Januar 2020 stattfinden“, so
Dr. Markus Lange, Financial Services Tax & Legal und Partner bei
PricewaterhouseCoopers (PwC). Nach Angaben des PwC-Experten gibt es
Erweiterungen im Anwendungsbereich der Verordnung. So soll beispielsweise die
Taxonomie-Verordnung nicht nur auf Finanzprodukte anzuwenden sein, die als
unter Umweltgesichtspunkten nachhaltige Investments angeboten werden, sondern
auf alle bereitgestellten Finanzprodukte im Sinne dieser Verordnung. Allerdings
blieben auch strittige Fragen wie beispielsweise das Thema Kernenergie
ungeklärt. „Der gefundene Kompromiss scheint darin zu bestehen, dass die Frage
vorerst offenbleibt. Der Text der Verordnung wurde entsprechend angepasst, d.h.
wirtschaftliche Aktivitäten im Zusammenhang mit Kernenergie sollen weder
ausdrücklich ausgeschlossen noch ausdrücklich einbezogen sein. Das Thema dürfte
damit im weiteren Rechtsetzungsprozess alsbald wieder auf der Tagesordnung
stehen,“ erläutert Dr. Lange.
Auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat sich kurz vor Jahresende mit dem „Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken“ noch zum Thema geäußert. Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne der BaFin sind Risiken aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, „deren Eintreten tatsächlich oder potenziell negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie auf die Reputation eines beaufsichtigten Unternehmens haben können“. Das Merkblatt wurde im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf, der auch auf Kritik gestoßen ist, überarbeitet. „Insbesondere wurde die Unverbindlichkeit stärker betont („Die in diesem Merkblatt aufgezeigten Grundsätze und Prozesse sind als sinnvolle, aber unverbindliche Verfahrensweisen (Good-Practice-Ansätze) zu verstehen, an denen sich die Unternehmen bei der unternehmensindividuellen Behandlung von Nachhaltigkeitsrisiken orientieren können; dies auch im Hinblick auf den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess“), auch mit Blick auf etwaige künftige Prüfungshandlungen“, so Dr. Lange. Die BaFin verfolge nach Einschätzung des Experten zunächst nicht das Ziel, konkrete Prüfungsanforderungen zu formulieren. Entsprechende, später auch prüfungsrelevante Vorgaben würden jedoch in Umsetzung von europäischen Verordnungen, Richtlinien und Leitlinien auf die beaufsichtigten Unternehmen zukommen.
Diesen Beitrag teilen: