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Kommentar

Säkulare Stagnation: Die Zinsen sinken seit 500 Jahren

Säkulare Stagnation: Die Zinsen sinken seit 500 Jahren
02/2020
Willem H. Buiter
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Warum der Nullzins Vorbote einer lang anhaltenden Wachstumsschwäche sein könnte und welche Maßnahmen geeignet wären, ein solches Szenario noch abzuwenden.

20.02.2020 | 10:30 Uhr

Die Geschichte globaler Zinssätze muss um ein neues Kapitel erweitert werden. In einer aktuellen Untersuchung verfolgt Paul Schmelzing von der Bank of England die Entwicklung der globalen realen (inflationsbereinigten) Zinsen für den Zeitraum von 1311 bis 2018. Er stellt fest, dass die globalen Realzinsen auf risikofreie Anlagen trotz vorübergehender Stabilisierungen (etwa von 1550 bis 1640, 1820 bis 1850 und 1950 bis 1980) während der vergangenen fünf Jahrhunderte im Trend beharrlich gesunken sind. Und dass negative Realzinsen auf sichere Anlagen seit dem 14. Jahrhundert zunehmend häufiger geworden sind.

Allerdings entkräftet das nicht die Plausibilität der Hypothese von der säkularen Stagnation für 2020 und die Folgejahre.Der Begriff säkulare Stagnation bezeichnet eine unter anderem von Keynes vertretene Hypothese, nach der das kapitalistische System langfristig in einen Zustand ohne wirtschaftliches Wachstum übergeht. Dies entsteht bei relativ hohem Pro-Kopf-Einkommen, wenn mehr gespart wird als investiert.

Die Situation heute

Zu dieser Hypothese passt, dass der natürliche Realzins für die meisten hoch entwickelten Volkswirtschaften auf null oder darunter gefallen ist, wobei ein Grund hierfür sicher in der sinkenden potenziellen Produktionswachstumsrate zu suchen ist. Das heutige schwache potenzielle Wachstum ist auf eine Reihe unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen, darunter die gesellschaftliche Alterung, die Entglobalisierung (seit der Finanzkrise von 2008) und die möglicherweise langsamere Zunahme der Gesamtproduktivität. Der neutrale Realzins liegt bei oder unter null, die nominalen Leitzinsen liegen auf historisch niedrigem Niveau oder in der Nähe davon. Die Inflation ist niedrig und offenbar resistent gegen die Bemühungen der Notenbanken, sie deutlich nach oben zu drücken. Infolgedessen übersteigt der reale Marktzins inzwischen den neutralen Realzins. Dort, wo das noch nicht der Fall ist, wird es beim nächsten zyklischen Abschwung so weit sein.

Wann immer dieser Abschwung kommt: Er könnte zu einem durch Stagnation geprägten Gleichgewichtszustand führen, bei dem Wirtschaftsaktivität und realisierte private Spareinlagen im Einklang mit den schwachen privaten Investitionen fallen. Eine schwache Gesamtnachfrage, Wirtschaftsaktivität und Beschäftigungsentwicklung könnten die potenzielle Produktionsleistung weiter schwächen und den neutralen Realzins noch weiter nach unten drücken. Steigende Vermögens­preise und Spekulationsblasen können die Gesamtnachfrage nicht künstlich in nachhaltiger Weise stützen. Sie werden durch Verleugnung der Risiken und ein verzweifeltes Renditestreben angetrieben, das teilweise daraus resultiert, dass die Notenbanken schon so lange auf ultraniedrige Nominal- und Realzinsen setzen.

Das Rezept zur Wiederherstellung von Vollbeschäftigung und zur Vermeidung einer zyklischen und säkularen Stagnation ist simpel. Die Regierungen sollten eine expansive Fiskalpolitik und angebotsseitige Strukturreformen nutzen, um die Gesamtnachfrage anzukurbeln und den neutralen Realzins so weit in die Höhe treiben, dass er mit dem Marktzins gleichgesetzt werden kann.

Die Maßnahmen für morgen

Die Zusammensetzung des idealen Konjunkturpakets unterscheidet sich dabei von Land zu Land. Die USA mit ihrer jämmerlich schlechten Infrastruktur sollten die öffentlichen Investitionen entsprechend steigern. Öffentliche Ausgaben für Gesundheit, Bildung, Forschung und Entwicklung sind ebenfalls empfehlenswert. Was viele andere Länder betrifft, so könnten dort Konjunkturmaßnahmen zur Ankurbelung des privaten Konsums oder Senkungen der Körperschaftsteuer angemessen sein. Und die europäischen NATO-Mitglieder könnten ihre Zusagen zur Anhebung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP umsetzen.

Natürlich darf man die Auswirkungen von Konjunkturmaßnahmen auf die Staatsverschuldung nicht ignorieren. Doch in den meisten hoch entwickelten Volkswirtschaften übersteigt das BIP-Wachstum den Zinssatz auf Staatsanleihen, weshalb gut konzipierten Konjunkturmaßnahmen keine verbindlichen Grenzen durch mangelnde Haushaltsspielräume gesetzt sein dürften.

Sicher ist es interessant, sich mit Schmelzings Untersuchung zum "suprasäkularen" Rückgang der Realzinsen während der vergangenen fünf Jahrhunderte und dem Wechselspiel zwischen natürlichem Zins und Marktzins in vorindustriellen Gesellschaften zu beschäftigen.

Die heutigen Wachstumsherausforderungen sind nichts im Vergleich zu jenen, denen die vormodernen Sparer, Anleger, Arbeiter, Bauern und Kapitalisten ausgesetzt waren. Eine radikalere demografische Erschütterung als der "Schwarze Tod", die Pest, die Mitte des 14. Jahrhunderts Europa und Asien verheerte, ist kaum vorstellbar. Und doch scheinen seine Auswirkungen auf die Realzinsen minimal gewesen zu sein.

Aber nichts in Schmelzings Untersuchung entkräftet bislang die heutige Hypothese von der säkularen Stagnation.


Willem H. Buiter

Willem H. Buiter war Chefökonom der Citigroup und ist derzeit Gastprofessor an der Columbia University.

Copyright: Project Syndicate

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