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Interview

Das Coronavirus-Tagebuch: Thomas Seppi, FPM AG

Die Spielplätze sind leer, die Restaurants geschlossen und der DAX im freien Fall. Finanzprofis sitzen in halbleeren Büros oder im Homeoffice. FundResearch dokumentiert den nicht alltäglichen Alltag von Menschen in der Finanzbranche. Heute: Thomas Seppi, Vorstand der FPM AG in Frankfurt.

18.03.2020 | 07:30 Uhr

Thomas Seppi, FPM AG

Herr Seppi, wie sieht Ihr Tag aus?

Thomas Seppi: Ich habe eine Tasse mit Ronnefeldt Pfefferminztee vor mir stehen und blicke in unser weitläufiges Büro. Außer mir sind aktuell noch zwei weitere Kollegen da. Auf 330 Quadratmetern Fläche verteilt sich das gut. Den empfohlenen Mindestabstand zu Kollegen können wir jedenfalls problemlos erfüllen.

Das klingt nach Endzeitstimmung.

Thomas Seppi: Ganz und gar nicht. Vielleicht wird das in ein oder zwei Wochen so sein. Im Moment fühlt es sich noch sehr entspannt an. Es hat etwas von angenehmer Entschleunigung. Und es gibt auch noch so genug zu tun. Im hektischen Alltag bleibt ja immer eine Menge liegen. Jetzt widme ich mich gerade der Abarbeitung der zunehmenden administrativen Auflagen, die es zu erfüllen gilt. Außerdem klingelt das Telefon nur noch selten. Das ist nicht unangenehm. Wir haben ja quasi keine privaten Anleger als Kunden. Bei Vermögensberatern und -verwaltern sieht das natürlich ganz anders aus. Die verbringen ihre Zeit im Moment vor allem mit Kundengesprächen.

Schreibtisch Von Thomas Seppi. Ruhe bewahren: Mit einer Tasse Tee durch den Tag

Weil die Anleger nur noch verkaufen wollen?

Thomas Seppi: Ich kann nur von uns sprechen: Wir haben keine außergewöhnlichen Mittelabflüsse in unseren Fonds. Im Gegenteil: Ein großer Spezial-Kunde hat gerade kräftig nachgeordert. 

Ist das Motto „kaufen, wenn die Kanonen donnern“ denn jetzt angebracht?

Thomas Seppi: Natürlich ist die aktuelle Situation schon sehr besonders für dieses Land. Wann wurden in der Bundesrepublik schon mal solche Maßnahmen verhängt? Und vermutlich wird es noch drastischer kommen. Ich habe heute in Frankfurt Cafés gesehen, in denen die Menschen dicht gedrängt saßen. Das geht eigentlich gar nicht mehr. Das sagt einem die Vernunft. Aber die ist leider nicht gleichmäßig in allen Köpfen verteilt. Deshalb wird der Gesetzgeber wohl weitere Schritte zur Durchsetzung der Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung gehen müssen. Das wird die Stimmung im Land nicht aufhellen und vielleicht auch nicht ohne Wirkung auf die Börsenkurse bleiben. Aber vermutlich nur kurzfristig. Wir sind bei der Bewertung deutscher Aktien mittlerweile an einem Punkt, an dem es sich lohnt, zuzugreifen.

Trotz einer drohenden Rezession?

Thomas Seppi: Die Angst vor einer Rezession ist die eine Sache, die aktuelle Bewertung der Unternehmen eine andere. Das Kurs-Buch-Verhältnis bei DAX-Aktien liegt im Moment knapp über eins. Das hat es zuletzt in den Jahren 2003, 2009 und 2011 gegeben. Jedes Mal war das der Beginn einer DAX-Rally.

Haben Sie schon gekauft?

Thomas Seppi: Privat bin ich gut dabei. Unsere Fonds haben etwa zehn Prozent Liquidität und damit noch Luft, bei nächster Gelegenheit in die passenden Aktien zu investieren.

Was sind die passenden Aktien?

Thomas Seppi: Das sind insbesondere solche Werte, deren Geschäftsmodelle von der aktuellen Corona-Krise nicht bedroht sind oder die sogar davon profitieren können. Telekommunikationsdienstleister wie die Deutsche Telekom gehören dazu. Oder auch Biotech- und Medizin-Unternehmen beispielsweise Fresenius. Deren Kurse sind völlig ohne Grund unter Druck geraten – vielleicht, weil ihre Aktien in vielen passiven Fonds stecken. Meine Erwartung ist: Wenn sich die Lage wieder entspannt, werden die Anleger wieder vermehrt auf Fakten achten und sich weniger von der allgemeinen Panik treiben lassen.

Wie lange wird das noch dauern? Was glauben Sie?

Thomas Seppi: Das ist schwer zu sagen. Mein Kollege dort drüben, am anderen Ende des Büros, war gestern im Bürgerhospital, um sich auf Corona testen zu lassen. Das hat nicht geklappt. Das Krankenhaus schafft nur 120 Tests am Tag. Danach kommt die Polizei und löst die Warteschlange auf, die sich nach draußen staut. Ich nehme an, so bleiben noch viele Fälle unentdeckt. Es kann also noch eine Weile dauern, bis wir das ganze Ausmaß sehen. Den Zeitpunkt, wann wir das Virus besiegt haben werden, kann ich deshalb natürlich nicht vorhersagen. Aber irgendwann wird das Alles Vergangenheit sein. So viel steht fest. Und dann möchte ich erstens investiert sein und zweitens meinem Kollegen dort hinten nicht nur zuwinken müssen, sondern wieder gemeinsam mit ihm essen gehen.

Herr Seppi, vielen Dank für dieses Gespräch.

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