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Das neue, heimliche Mandat der EZB

Das neue, heimliche Mandat der EZB
Geldpolitik
Das neue, heimliche Mandat der EZB
01/2021
Melvyn Krauss
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat während der Pandemie einen sonderbaren Wandel durchlaufen. Statt Preisstabilität scheint die Bank bei ihrer Gesamtstrategie ein anderes Ziel zu verfolgen, was nahelegt, dass sie sich ein neues Mandat zu eigen gemacht hat, ohne dies öffentlich bekanntzugeben.

04.01.2021 | 08:00 Uhr

Seit Beginn der COVID-19-Krise hat die EZB erfolgreich die Lücke bei den Kreditkosten zwischen den nördlichen und südlichen Mitgliedstaaten geschlossen und die Renditeaufschläge zwischen dem Norden und dem Süden der Eurozone auf historische Tiefststände gedrückt. Und angesichts der zahlreichen Bedrohungen für die europäische Einheit – von der Regierung Donald Trumps und Wladimir Putins revanchistischem Kreml bis zu einem zunehmend selbstbewussten China und Populisten im Inneren – haben die Entscheidungsträger die Verringerung der Risikoaufschläge faktisch zu ihrer neuen Aufgabe gemacht.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Kollegen scheinen begriffen zu haben, dass die Gewährleistung der europäischen Einheit und Solidarität das wichtigste Ziel ist, das eine Einrichtung wie die EZB in dieser kritischen Zeit verfolgen kann. Obwohl vermutlich niemand in der Bank es zugeben würde, besteht kaum Zweifel, dass sie die Risikoaufschläge inzwischen gezielt niedrig halten.

Durch Ankauf enormer Mengen von Anleihen der Mitgliedsstaaten aus der Peripherie im Rahmen der quantitativen Lockerung und des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) treibt die EZB die Nachfrage nach stärker risikobehafteten Anleihen an den Märkten nach oben. Infolgedessen sind die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen aus Portugal und Spanien auf unter null gefallen, und die italienischer Anleihen sind auf den niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnts gesunken.

Lagardes Führungsteam ist erheblich erfolgreicher dabei, das Zinsgefälle zwischen Nord und Süd zu verringern, als bei der Erfüllung des EZB-Mandats der Preisstabilität auf „knapp unter 2%“ jährlicher Inflation. Womöglich spiegelt dies die Erkenntnis des EZB-Rates wider, dass das Inflationsziel ohne zusätzliche fiskalische Impulse nicht zu erreichen ist.

Doch selbst wenn die EZB in Bezug auf das Inflationsziel nach dem Motto „Welchen Sinn hätte das?“ agiert, erklärt dies angesichts einer der größten Erschütterungen der Wirtschaftsaktivität seit Menschengedenken nicht ihre beharrliche Weigerung, den Diskontsatz zu senken. Der EZB-Rat hat es auf seiner jüngsten Sitzung abgelehnt, diesen von derzeit -0,5% weiter herunterzusetzen, und damit faktisch eine kontraproduktive Zinserhöhung erzeugt. Insgesamt hat dieser Ansatz den Euro auf seinen höchsten Stand seit 2018 katapultiert und dazu geführt, dass die Inflation in der Eurozone noch weiter unter den Zielwert der EZB gefallen ist – und zwar inzwischen das vierte Quartal in Folge.

Der unausgesprochene Grund für diese Strategie liegt klar zu Tage: Die EZB konzentriert sich darauf, die Lage für die Banken in den Peripherieländern der Eurozone zu verbessern, und glaubt, dass eine Senkung des Diskontsatzes die Probleme dieser Banken verschärfen würde. Trotz deutlicher Verbesserungen ihrer Finanzlage sind die Banken in den Peripherieländern weiterhin sehr besorgt über die Folgen der aktuellen Krise. Doch sollte sich dieses Problem bei einer Erholung der südlichen Volkswirtschaften von selbst lösen.

Für den Augenblick lautet die kluge Reaktion auf die Vernachlässigung ihres Inflationsmandats seitens der EZB: „Na und?“ Die Verringerung der Renditeaufschläge zwischen Nord und Süd ist viel wichtiger für Europas Überleben und künftigen Wohlstand als ein paar Ticks auf einem Preisindex.

Man sehe sich nur die Ergebnisse an. Das neue Mandat, dessen Existenz keiner anzusprechen wagt, hat verhindert, dass der Euro infolge der Pandemie auseinanderfällt – eine Möglichkeit, die viele anfangs befürchteten. Es hat die Eurozone auf ein grundsolides Fundament gestellt und die europäische Finanzintegration und Solidarität gerade rechtzeitig vor der zweiten Infektionswelle vertieft (was die Anleihen der schwächsten Mitgliedsländer für internationale Anleger zunehmend attraktiv gemacht hat).

Die Schritte zur Verringerung der Risikoaufschläge waren die vielleicht wichtigsten Maßnahmen, die der EZB-Rat in der letzten Woche ergriffen hat. Er leitete eine neue Runde von Konjunkturimpulsen ein und versprach, durch Ausweitung des PEPP von 1,35 Billionen auf 1,85 Billionen Euro weitere Anleihen im Volumen von 500 Milliarden Euro zu kaufen. Während sie ihren Fokus von ihrem Inflationsziel weg verlagert, handelt die EZB, was die Stabilität der Zinsaufschläge angeht, zielgerichtet und konsequent.

Lagardes eigene Rolle bei der neuen Ausrichtung der EZB ist etwas unklar. Im März erklärte sie auf einer EZB-Pressekonferenz, es sei nicht Aufgabe der Bank, die Kluft bei den Kreditkosten zwischen den stärkeren und schwächeren Volkswirtschaften der Eurozone zu verringern. Doch löste diese Bemerkung einen Ausverkauf an den Rentenmärkten aus, der den Chefökonomen der EZB, Philip Lane, zwang, sich ans Telefon zu hängen und führende Finanzinstitute anzurufen, um sicherzustellen, dass bezüglich der EZB-Politik keine Missverständnisse aufkämen.

Heute ist Lagardes Position eine deutlich andere als zu Jahresbeginn. Tatsächlich klingt sie viel weniger wie die Lagarde vom März und mehr wie der französische Präsident Emmanuel Macron, für den die Unterstützung der Peripherieländer und die Integration von Nord und Süd immer eine Angelegenheit höchster Bedeutung war.

Ganz gleich, was ihre ursprüngliche Haltung war: Lagarde hat sich rasch gefangen und zu der Präsidentin entwickelt, die die EZB braucht. Egal, wie sehr Macron bei der neuen faktischen Strategie zur Verringerung des Zinsgefälles die Finger im Spiel hat: Es sind nun nicht länger kurzsichtige Technokraten, die die ausschließliche Kontrolle über die Politik der EZB ausüben. Politiker mit einem klaren Verständnis davon, was Europa braucht, haben inzwischen einen greifbaren Einfluss, und die Gesamtergebnisse sind mehr als zufriedenstellend.

Über den Autor

Melvyn Krauss ist Senior Fellow an der Hoover Institution der Universität Stanford.

Copyright: Project Syndicate

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