Aktiv gemanagte ETFs sind offenbar das neue große Ding. In den vergangenen Monaten hat die Branche eine ganze Reihe dieser Produkte auf den Markt gebracht. Einige davon sind besonders interessant.
17.12.2025 | 14:00 Uhr von «Matthias von Arnim»
Über viele Jahre hinweg war die Fondswelt klar unterteilt: auf der einen Seite die aktiv gemanagten, klassischen Investmentfonds. Auf der anderen Seite passive ETFs, die die Wertentwicklung von Indizes nachvollziehen. Entweder durch physische, oft aber auch durch synthetische Replikation. Diese klare Trennung löst sich seit einiger Zeit immer deutlicher auf, seit aktive ETFs den Markt erobern. Die aktiv gemanagten, börsengehandelten Fonds locken die Kundschaft mit einem schlagenden Argument: Sie bieten die Vorteile klassischer Fonds, sind aber preiswerter. Dieses Argument überzeugt immer mehr Anleger. Innerhalb eines Jahres hat sich das verwaltete Vermögen der in Deutschland vertriebenen aktiven ETFs von 29,5 auf etwa 49 Milliarden Euro erhöht. Das ist ein Anstieg von rund 68 Prozent, Stand Juli 2025. Verschiedenen Schätzungen zufolge könnte das Volumen seitdem auf 63 Milliarden Euro weiter angestiegen sein.
Es ist eine geradezu atemberaubende Wachstumstory – mit viel Potenzial. Denn noch immer ist der Marktanteil der smarten Produkte sehr klein: Annähernd 4,8 Billionen Euro wurden Ende September 2025 laut dem Branchenverband BVI von deutschen KVGs verwaltet, der Großteil davon in traditionellen Fonds. ETFs – ob passiv oder aktiv – machen bislang weniger als zehn Prozent des Marktes aus.
Auch wenn das im Vergleich zum Gesamtvolumen klassischer Fonds gering erscheint, ist die Wachstumsdynamik bemerkenswert und birgt das Potenzial, die Produktpalette deutscher Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) nachhaltig zu verändern. Denn für fast alle Fondsanbieter ist dieser Markt ein Wachstumstreiber. Folglich wollen viele Häuser möglichst schnell viele eigene Produkte auflegen, um den Trend nicht zu verpassen. Allein seit Ende September dieses Jahres sind an deutschen Börsen mehr als 20 aktiv gemanagte ETFs neu gelistet worden. Es ist geradezu erfrischend, zu sehen, mit wieviel Experimentierfreude die Emittenten versuchen, unterschiedliche Anlegerbedürfnisse zu adressieren. Von defensiven Aktienstrategien über quantifizierte globale Aktienallokationen bis hin zu spezialisierten Rentenkonzepten ist so ziemlich alles dabei. Es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf die Produkte zu werfen. Der eine oder andere Newcomer ist definitiv eine Erwähnung wert…
Ein Beispiel für einen aktiven Aktienfonds, der im November auf Xetra gelistet wurde, ist der CT QR Series European Equity Active ETF. Dieser ETF von Columbia Threadneedle kombiniert quantitative Auswahlprozesse mit aktivem, fundamentalem Investmentansatz, um Aktien aus entwickelten Märkten Europas auszuwählen und dabei ESG-Kriterien zu berücksichtigen. Er zielt darauf ab, in wechselhaften Marktphasen weniger volatil zu sein als reine Indexprodukte. Ein Pendant dieses Ansatzes mit globalem Fokus ist der CT QR Series US Equity Active ETF, der speziell auf den US-Aktienmarkt ausgerichtet ist und institutionelle wie private Anleger adressiert.
Neben klassischen regionalen Aktienstrategien kommt Bewegung in algorithmisch gesteuerte Produkte. So will etwa Quoniam Asset Management für seine Muttergesellschaft Union Investment den Markt für aktiv gemanagten ETFs mit einer Quant-Strategie aufrollen, die bereits bei institutionellen Kunden zum Einsatz kommt. Die ersten beiden Fonds unter dem neuen Label UniActive Q setzen auf das dort erprobte algorithmisch unterstützte Auswahlverfahren. Laut Quoniam ist das Herzstück der Strategie ein wissenschaftlich fundierter, datengetriebener Investmentprozess, der systematische Prognosemodelle, maschinelles Lernen und ökonomische Logik miteinander kombiniert.
Während der UniActive Q Global Enhanced Equities ETF weltweit in Aktien investiert, lanciert die Union-Tochter mit dem UniActive Q Corporate Bonds Euro Enhanced ETF zugleich einen aktiv gesteuerten Unternehmensanleihefonds. Der ETF versucht, mittels selektiver Kreditentscheidungen und Duration-Management attraktive Renditen bei zugleich kontrolliertem Risiko zu erwirtschaften. Solche aktiv verwalteten Rentenprodukte standen in Deutschland bislang eher am Rand des ETF-Sortiments, erhalten jedoch nun verstärkt Aufmerksamkeit.
Neue Renten-Produkte gibt es auch aus dem Hause Goldman Sachs AM, die den Ausbau ihres aktiven ETF-Geschäfts in Europa weiter vorantreiben. Der US-Vermögensverwalter hat drei aktiv gemanagte Renten-ETFs neu an der Deutschen Börse gelistet. Die Fonds investieren in Staatsanleihen weltweit, in der Eurozone sowie in Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern. Zwei der Fonds setzen auf Staatsanleihen aus Industrieländern, der dritte auf Anleihen aus Emerging Markets, die traditionell höhere Renditechancen, aber auch höhere Risiken bieten.
Verwaltet werden die ETFs vom globalen Fixed-Income-Team des Hauses, das zu den größten seiner Art zählt. Die Neuauflagen sind Teil einer breiter angelegten Offensive: Goldman Sachs hat 2025 sein Angebot an aktiven UCITS-ETFs deutlich erweitert – über Anleihen wie über Aktien hinweg. Mit inzwischen 68 ETF-Strategien weltweit und der angekündigten Übernahme des US-Anbieters Innovator Capital Management positioniert sich der Konzern zunehmend als Schwergewicht im wachsenden Markt aktiver ETFs.
Eine Duftmarke in Sachen Produktinnovation setzt erneut HANetf. Der umtriebige Emittent bringt zusammen mit dem US-Spezialisten King Ridge Capital den ersten europäischen ETF auf den Markt, der gezielt in Katastrophenanleihen investiert. Damit hält eine Anlageklasse Einzug in den ETF-Handel, die bislang vor allem institutionellen Investoren vorbehalten war. Der KRC Cat Bond UCITS ETF investiert aktiv weltweit in sogenannte Cat Bonds, über die Versicherer und Rückversicherer Risiken aus Naturkatastrophen wie Hurrikanen, Erdbeben oder europäischen Orkanen an den Kapitalmarkt weiterreichen.
Die Attraktivität dieser Papiere liegt vor allem in ihrer weitgehenden Unabhängigkeit von klassischen Finanzmärkten. Historisch zeigen Cat Bonds kaum Korrelation zu Aktien oder herkömmlichen Anleihen, die laufenden Erträge liegen derzeit im hohen einstelligen Prozentbereich. Die meist kurzen Laufzeiten begrenzen zudem das Zinsänderungsrisiko. King Ridge Capital steuert das Portfolio nach einem strikt analytischen Ansatz und achtet dabei auf breite Risikostreuung, Verlust-Wahrscheinlichkeiten, Struktur der Auslösekriterien und Liquidität.
Erstaunlich für ein Fixed Income-Produkt: Der ETF wird hierzulande nur in einer thesaurierenden Version angeboten.
Neben Aktien und Anleihen erlebt auch das sogenannte „Multi-Asset“-Segment Zuwachs: Diversifizierte ETFs, die Aktien, Anleihen und teilweise Rohstoffe kombinieren, werden zunehmend in aktiv gemanagten ETF-Formaten angeboten. Diese Produkte sprechen Anleger an, die eine breitere Allokation in einem einzigen, handelbaren Instrument suchen – ein Trend, der in den USA und Großbritannien bereits deutlich weiter fortgeschritten ist. Auch hier setzt HANetf ein Zeichen. Auf seiner Plattform lanciert ODDO BHF Asset Management seine erste Reihe aktiver ETFs, darunter den ODDO BHF Global Balanced Allocation Active UCITS ETF, der als flexibel gesteuerte Multi-Asset-Lösung besonders hervorsticht.
Der neue Misch-ETF basiert auf einer Strategie, die sich bereits in den traditionellen Fonds des Hauses bewährt hat. Die Besonderheit: Der Fonds verzichtet bewusst auf feste Anlageschwerpunkte. Stattdessen wird das Portfolio dynamisch über verschiedene Anlageklassen gesteuert, darunter Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffe. Die Umsetzung erfolgt über eine sorgfältige Auswahl globaler ETFs und ETCs.
Angesichts zuletzt höher schnellender Aktienkurse bekommen immer mehr Anleger das Gefühl, Gewinne mitnehmen zu müssen und sicher am Geldmarkt zu parken. Das lässt sich daran ablesen, dass Geldmarktfonds neuerdings wieder zu den gefragtesten Anlageinstrumenten gehören. Insofern kommt der neue aktiv gemanagte ETFs aus dem Hause Amundi wohl zur rechten Zeit. So richtet sich der Amundi EUR Cash Active UCITS ETF an Anleger, die kurzfristige Liquidität mit sehr defensivem Risikoprofil suchen und diese flexibel über die Börse steuern wollen. Der europäische Branchenprimus will damit an seine starke Position im Renten- und Geldmarktmanagement ausbauen. Mehr als 180 Milliarden Euro verwaltet Amundi bereits in Geldmarktstrategien, insgesamt liegt das Anleihevermögen bei über 840 Milliarden Euro.
Diese Expertise soll nun in einem aktiv gemanagten ETF gebündelt werden, der zu wettbewerbsfähigen Kosten Zugang zum Geldmarkt bietet. Der neue Fonds ergänzt das bestehende Angebot aktiver Amundi-ETFs, das bislang vor allem auf verantwortungsbewusste Anlagestrategien ausgerichtet war.
Auch kleinere, spezialisierte Anbieter entdecken den ETF als Vertriebsform für ihre Strategien. Die Frankfurter Active Core Asset Management hat ihren eNova Active Core EUR Ultra Short Term um eine eigene ETF-Anteilsklasse erweitert und macht damit einen bislang klassischen Publikumsfonds erstmals als aktiv gemanagten ETF handelbar. Die Strategie ist bewusst defensiv ausgerichtet. Investiert wird geldmarktnah in kurzlaufende, bonitätsstarke Staatsanleihen und Anleihen staatlicher Emittenten aus der Eurozone. Der Fonds thesauriert und erfüllt die Anforderungen nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung.
Zielgruppe sind Anleger, die Liquidität parken wollen, ohne vollständig auf aktives Management zu verzichten. Technisch umgesetzt wird die ETF-Struktur über Hauck & Aufhäuser Fund Services, die die regulatorische und administrative Infrastruktur bereitstellen. Weitere etablierte Marktteilnehmer sind als Authorized Participant und Market Maker eingebunden, die Erstnotiz erfolgte auf Xetra. Das Beispiel zeigt, wie sich der Markt für aktive ETFs zunehmend öffnet – auch für unabhängige Boutiquen, die ihre bestehenden Konzepte über die ETF-Struktur einem breiteren Anlegerkreis zugänglich machen.
Fazit: Die genannten Beispiele geben einen Eindruck davon, wie dynamisch der Markt für aktiv gemanagte ETFs mittlerweile ist. Fragt man unter Vermögensverwaltern und Finanzberatern herum, beruht der Erfolg der aktiven ETFs nicht allein auf dem günstigen Preis und der Performance der Strategien, sondern auch auf der wachsenden Akzeptanz dieses Instruments durch Privatanleger. Positiv ist auch die Innovationsfreude der Anbieter, die sich vermehrt trauen, auf diesem teilweise noch unbearbeiteten Feld auch neue Strategien auszurollen und Marktlücken zu schließen, die klassische Fonds noch offenlassen.
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