Carmignac: Aus der Not eine Tugend machen

"Die Restrukturierung des zypriotischen Bankensektors wurde unabwendbar, nachdem die Staatsverbindlichkeiten Griechenlands, in denen Zyperns Institute stark engagiert waren, einbrachen", sagt Didier Saint-Georges, Mitglied der Investmentkomittees.

11.04.2013 | 16:32 Uhr

Dies bot der Europäischen Union eine hervorragende Gelegenheit, um der Akzeptanz des Moral Hazard einen Riegel vorzuschieben. Die Sanierungslösung – unter Einbezug der Privatgläubiger, ja sogar der Anleger des Banksektors in einem Mitgliedsland der Eurozone – trifft diese Akteure hart. Ist sie aber nicht doch gerechtfertigt, zumal diese Anleger mehrheitlich im Ausland ansässig sind, das Banksystem auf dem Modell eines Offshore-Zentrums basiert, das Land selbst so zahlungsunfähig ist wie seine Finanzinstitute und seine Wirtschaftsleistung nur gerade 0,1% des Bruttoinlandsprodukts Europas ausmacht? Die Märkte scheinen dieser Auffassung zu sein: Der Interbankenmarkt signalisiert bisher jedenfalls keine starke Zunahme der Spannungen in der Eurozone. Einen Ansteckungseffekt gab es bisher nicht, und die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) mussten kaum verbal eingreifen. Dennoch bestätigte das Beispiel Zypern einmal mehr, dass die Lösung von Krisen in der Eurozone höchst chaotisch gehandhabt wird. Dies stimmt alles andere als zuversichtlich, zumal die politisch verfahrene Situation in Italien erneut Fragen zur bedingten Unterstützung durch die EZB aufwirft. Gleichzeitig rückt die sich akzentuierende Verlangsamung des Wirtschaftwachstums in Europa die Entschuldung der südlichen Länder der Währungsunion mit jedem Tag in weitere Ferne (siehe dazu unseren Monatsbrief „All you need is growth“ vom März 2013). Somit haben im ersten Quartal zahlreiche Ereignisse dazu beigetragen, den Druck auf Europa weiter zu verstärken. Dennoch räumen wir ein, dass die im vergangenen Sommer eingeführten Maßnahmen zur Reduktion des systemischen Risikos ihren ersten Test bisher erfolgreich bestanden haben. Dieser beruhigende Umstand lässt es umso angebrachter erscheinen, sich für die Entwicklung der Lage in den Vereinigten Staaten, in Japan oder in China zu interessieren, wo die Akteure ebenfalls oft unter dem Zwang der Tatsachen handeln.

Die hohe Abgabe, die auf nicht versicherten Einlagen von über 100.000 EUR in zypriotischen Banken erhoben wird, sowie diverse im Land eingeführte Kapitalkontrollen schaffen einen gefährlichen Präzedenzfall. Die Perspektiven einer technokratischen Übergangsregierung in Italien lassen zudem befürchten, dass die von Mario Monti lancierten Reformen auf Eis gelegt werden. Diese Entwicklungen verdüstern den Horizont für die Eurozone zusätzlich. Dennoch rechtfertigen sie unseres Erachtens auf kurze Sicht keinen Anstieg der Risikoabneigung. Einerseits, weil ein derartiger Vertrauenseinbruch den in den großen Ländern Südeuropas vorgenommenen Anpassungen (beispielsweise liegt das Haushaltsdefizit Italiens nun trotz der Rezession unter 3%) nicht Rechnung tragen würde; andererseits, weil die Märkte wissen, dass Mario Draghi dem Bankensektor im Bedarfsfall genügend Liquidität zur Verfügung stellen würde, um Spannungen, wie sie im Frühling 2012 beobachtet wurden, im Keim zu ersticken.

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