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„Wir sind keine Umweltpolizei oder Umweltbehörde“

Dr. Anke Waclawik Leiterin der Abteilung Strategie, Risiko und Innovation bei der Bafin
BaFin

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) steht beim Umbau der Finanzwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit im Fokus. TiAM sprach mit Anke Waclawik, die die Abteilung Strategie, Risiko und Innovation bei der Bafin leitet, über Ziele, Mittel und Probleme der Aufsicht.

08.12.2022 | 12:55 Uhr von «Peter Gewalt»

TiAM FundResearch: Wo befinden wir uns auf dem Weg zum Umbau der Finanzwirt­schaft hin zu mehr Sustainable Finance?

Anke Waclawik: Der Umbau der Finanzwirtschaft hin zu mehr Sustainable Finance ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf. Alle Beteiligten müssen hier langfristig denken, ständig dazulernen und die neuen Erkenntnisse kontinuierlich umsetzen. Als besondere Herausforderung kommt hinzu, dass die Nachhaltigkeitsregulierung für die Finanzwirtschaft viel schneller und umfang­reicher gekommen ist als die für die Realwirtschaft. Die EU hat bereits umfangreiche Regulierungen im Bereich Sustainable Finance erarbeitet, die sukzessive nun in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Dafür brauchen die Finanzindustrie und die Aufsicht etwas Zeit. Positiv ist bereits jetzt, dass das Interesse an nachhaltigen Investitionen sowohl von Seiten der Finanzmarktakteure als auch der Anleger stetig zunimmt.

TiAM FundResearch: Welche Rolle muss die Finanzmarkt-aufsicht Ihrer Auffassung nach beim Thema Sustainable Finance
einnehmen?

Anke Waclawik: Das Thema Sustainable Finance hat für die Bafin seit Jahren einen hohen Stellenwert. Als Finanzaufsicht sind wir damit intensiv befasst, aus unterschiedlichen Perspektiven: sowohl bei der Aufsicht über die diversen Finanzmarktakteure als auch im Verbraucherschutz. Dabei haben wir uns mittelfristig das Ziel gesetzt, die finanziellen Risiken für die von uns beauf-sichtigten Unternehmen, die sich aus Nachhaltigkeitsaspekten ergeben, zu analysieren und soweit erforderlich abzuschwächen sowie eine irreführende Vermarktung zu bekämpfen.

TiAM FundResearch: Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Anke Waclawik: In der laufenden Aufsicht sind wir beispiels-weise nahezu täglich mit der Frage konfrontiert, ob die Unternehmen Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement angemessen berücksichtigen und die Offenlegungsverordnung ebenso einhalten wie die neuen Vorgaben zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden. Keine Aufgabe der Bafin ist es hingegen, festzulegen, was nachhaltig ist. Wir sind keine Umweltpolizei oder Umweltbehörde.

TiAM FundResearch: Welche Schritte beim Thema Sustainable Finance sind für die Bafin in naher Zukunft am drängendsten?

Anke Waclawik: Am drängendsten ist sicherlich das Thema Informationen und Daten. Die von uns beaufsichtigten Unternehmen müssen nun Daten erheben, die in der Vergangenheit irrelevant waren, beispielsweise den CO₂-Fußabdruck von Kreditnehmern oder das Energielabel von Gebäuden. Wir müssen als Aufsicht ebenfalls wissen, welche transitorischen und physischen Risiken in den Bilanzen der von uns beaufsichtigten Unternehmen schlummern. Und natürlich erwartet auch der Markt eine entsprechende Offenlegung.

TiAM FundResearch: Die Durchsuchung der DWS-Zentrale im Zusammenhang mit dem Verdacht des Greenwashing hat viel Aufsehen erregt. Begrüßen Sie diesen Warneffekt?

Anke Waclawik: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns nicht zu Einzelfällen äußern. Unabhängig davon muss es Ziel und Ergebnis einer funktionierenden Nachhaltigkeitsregulierung sein, dass Finanzmarktteilnehmer ihre Produkte so trans­parent machen, dass möglichst erst gar keine Verdachtsmomente für Greenwashing entstehen. Der Schutz der Anleger vor irre-führenden Produkten ist uns sehr wichtig. Inhaltlich zutreffende Berichterstattung kann dabei helfen, darf aber keine Vorver-urteilung sein. Insbesondere sollten einzelne Verdachtsfälle nicht die Glaubwürdigkeit sämtlicher nachhaltig ausgerichteter Finanzprodukte beschädigen.

TiAM FundResearch: Sie betonen, dass bei der Nachhaltigkeitsregulierung Wachsamkeit, aber auch Großzügigkeit gefragt ist. Es gibt Vorgaben, aber es fehlen oft noch kon­krete Bestimmungen zur Ausführung. Ist das ein Hinweis auf fehlende EU-Ausführungen oder ein normaler Zustand angesichts der Komplexität der Aufgabe?

Anke Waclawik: Beides. Das Thema Nachhaltigkeitsregulierung ist komplex und gleichzeitig vergleichsweise jung. Es betrifft sehr viele Bereiche. Neben dem ausgesprochen weiten Feld der Umweltbelange fallen auch soziale Themen und Aspekte der Unter­nehmensführung in den Zielkorridor der Regulatorik.

TiAM FundResearch: Wie wirkt sich das aus?

Anke Waclawik: Dies wirkt sich zum Beispiel im Risikomanagement, in der Unternehmensorganisation und in der Anlageberatung aus, zukünftig aber auch in der Liefer- beziehungsweise Wertschöpfungskette und in der Unternehmens- und der Bericht­erstattung über Finanzinstru-mente. Dadurch ist in den letzten Jahren eine beachtliche Anzahl neuer europäischer Verordnungen und Richtlinien, aber auch nationaler Regelwerke entstanden beziehungs-weise noch in Planung. Der aktuelle Status ist „work in progress“, und das wird für eine gewisse Zeit auch so bleiben, unabhängig von weiteren Ausführungsbestimmungen. Für die beaufsichtigten Unternehmen ergeben sich hieraus vielfältige, teils schwierige Herausforderungen, die die Bafin selbstverständlich angemessen berücksichtigen muss.

TiAM FundResearch: Ab 2023 sollen Finanzprodukte klassifiziert sein und Berater wissen, worauf sie achten müssen. Noch gibt es viele Unklarheiten. Erwarten Sie, dass die vollständige Anwen-dung der Offenlegungsverordnung tatsächlich wie geplant ab 1. Januar 2023 erfolgen wird?

Anke Waclawik: Davon gehen wir aktuell aus. Die delegierte Verordnung zur Offenlegungs­verordnung ist bereits im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und damit in Kraft getreten. Die bereits absehbare Erweiterung um Angaben zu taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten im Zusammen-hang mit Kernenergie und Erdgas nach dem Complementary Climate Delegated Act dürfte hierauf keine Auswirkungen haben.

TiAM FundResearch: Viele Finanzmarktakteure kritisieren die Regularien zur Offenlegung, Taxonomie und für MIFID-II-Verordnung als zu bürokratisch und widersprüchlich.

Anke Waclawik: Es ist absolut unerlässlich, dass widersprüchliche Punkte im Regulierungsrahmen aufgelöst werden, damit für alle Finanzmarktakteure ein klarer, sicherer, konsistenter und verlässlicher Rechtsrahmen besteht. Wir erwarten, dass hier auch in Zukunft intensive Diskussionen geführt werden müssen, und bringen uns als ­Bafin dafür auf nationaler und europäischer Ebene ein. Unabhängig von den ohne Frage noch bestehenden kleineren oder größeren Kinderkrankheiten ist die Nachhaltigkeitsregulierung eine essenziell notwendige Maßnahme, um die Transformation und den Wandel zur Nachhaltigkeit zu finanzieren und gleichzeitig die Ziele der Solvenzaufsicht – Resilienz der beaufsichtigten Unternehmen und Finanzstabilität – zu erreichen. ESG-Risiken sind Finanzrisiken.

TiAM FundResearch: Die Bafin hat die bisher im Entwurfs-stadium vorliegende Bafin-Richtlinie zu nachhaltigen Investment-fonds vorerst zurückgestellt. Was waren die Gründe, und wann kommt die Richtlinie?

Anke Waclawik: Hintergrund für diese Entscheidung war das aktuell sehr dynamische regulatorische, energiepolitische und geopolitische Umfeld. Mit unserer Verwaltungspraxis setzen wir auf Transparenz und bieten der Fondsindustrie eine verlässliche Planungsgrundlage für die Auflage zukunftsfähiger Produkte. Gleichzeitig schützen wir damit die Fondsanleger vor Greenwashing.

TiAM FundResearch: Frau Waclawik, vielen Dank für dieses Gespräch.



Zur Person Dr. Anke Waclawik:

Die Juristin und Diplom-Betriebswirtin ist seit 2002 bei der Bafin beschäftigt, zunächst in der Versicherungsaufsicht. Davor war Waclawik sieben Jahre im Gerling-Konzern und als Rechts­anwältin tätig.

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