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(v. l.) Bernd Meyer (Berenberg), Ivan Domjanic (M & G), Michael Heise und Peter Gewalt
Assetklassen

„Credit ist jetzt wieder eine Konkurrenz zu Aktien“

Götterdämmerung an den Finanzmärkten? Zwei renommierte Anlagestrategen und ein bekannter Ökonom erklären, warum im neuen Jahr andere Anlageklassen das Rennen machen als im Katastrophen-Jahr 2022: Bernd Meyer von Berenberg und Ivan Domjanic von M & G im Gespräch mit Michael Heise von HQ Trust und Peter Gewalt, Chefredakteur der TiAM-Gruppe - Teil 1.

02.01.2023 | 07:30 Uhr von «Peter Gewalt»

Michael Heise: Das Börsenjahr 2022 begann mit großen Hoffnungen. Dann wurde es ein Jahr der Krisen. Geht das an den Märkten so weiter?

Bernd Meyer: Ihre Frage kann ich am besten mit einem klaren Jein beantworten. Die Märkte haben schon viel eingepreist, ob das schon in allen Segmenten ausreicht, muss sich noch zeigen. Hier kann man nicht pauschalisieren.

Heise: Dann lassen Sie uns das mal nach Anlageklassen und Regionen aufdröseln. Vor allem Anleihen scheinen attraktiv.

Meyer: Wie gesagt, wir müssen genau hinschauen. Ihre Beobachtung trifft vor allem auf den Credit-Bereich zu, in erster Linie auf Papiere mit Investment Grade, mit einigen Abstrichen auf Hochzinsanleihen. Hier ist möglicherweise schon mehr eingepreist als bei Aktien. Auch bei Aktien kann man nicht alles über einen Kamm scheren. In Europa und den Schwellenländern ist schon mehr eingepreist als in den USA, und dort muss man differenzieren zwischen einigen Mega Caps und dem Rest.

Heise: Schätzen Sie bei M&G die Lage ähnlich ein?

Ivan Domjanic: Für Investment-Grade-Credit bekommt man im Euroraum aktuell eine Ablaufrendite von knapp vier Prozent. Das ist attraktiv und war zu Jahresbeginn deutlich weniger. Aber auch im High-­Yield-Segment gibt es wieder Chancen mit Ablaufrenditen von über sieben Prozent in Euro. Natürlich muss man in diesem Bereich mit höheren Ausfallraten rechnen, gerade dann, wenn eine Rezession bevorstehen sollte. Wir sind bei High Yield daher im Moment auf der defensiven Seite. Alles in allem ist Credit aber wieder eine Konkurrenz zu Aktien geworden.

Heise: Wie sieht es in anderen Anleihesegmenten aus?

Domjanic: Was Staatsanleihen betrifft, so wird man mit den zwei Prozent, die es aktuell für Bundesanleihen gibt, nicht die durchschnittliche Inflation der nächsten Jahre ausgleichen können, denn die wird meiner Meinung nach in absehbarer Zukunft eher zwischen drei und vier Prozent liegen. Mit Unternehmens- und High-Yield-­Anleihen wäre ein Inflationsausgleich besser möglich.

Heise: Woran machen Sie fest, wo was eingepreist ist?

Meyer: Man kann es an den impliziten Realrenditen von inflationsindexierten US-Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit erkennen. Die sind von etwa minus 1,0 Prozent zu Jahresbeginn auf mittlerweile rund 1,6 Prozent gestiegen. Hier könnten wir zwischenzeitlich zwar ein Überschießen auf über zwei Prozent sehen, aber so viel Luft nach oben ist da nicht mehr.

Heise: Von einem Anlagenotstand kann also keine Rede mehr sein.

Meyer: Ein Anlagenotstand im Sinne von „Es gibt nur Aktien und dann lange, lange nichts“ ist zumindest nominell behoben, real natürlich noch nicht. Klar bekommen wir Renditen, aber die sind, wie gesagt, im Moment in vielen Bereichen noch niedriger als die aktuelle Inflation. Das fühlt sich für Anleger zwar besser an, muss aber nicht besser sein als in den letzten Jahren, als wir kaum Inflation hatten.

Domjanic: Hinzu kommt, dass das Bild bei Aktien durchwachsen ist. Bei vielen Wachstumstiteln etwa sind die Bewertungen zwar nach unten gekommen, im historischen Vergleich aber immer noch hoch. Anders sieht es bei Value aus. Substanzwerte sind im Moment niedriger bewertet als im 20-Jahres-Durchschnitt. Solche Diskrepanzen sind auch in den verschiedenen Aktiensegmenten zu beobachten. Eine gleichförmige Wertentwicklung von Aktien ist daher künftig weniger wahrscheinlich.

Heise: Sehen Sie noch die Gefahr eines großen Crashs im nächsten Jahr?

Domjanic: Man muss genau unterscheiden. Unprofitable Wachstumswerte sehen wir kritisch, obwohl diese im laufenden Jahr bereits stark abgestraft wurden. Wenn die Renditen weiter steigen und die Gewinn- und Wachstumserwartungen enttäuscht werden, was in einer Rezession wahrscheinlich ist, dann gibt es da weiteres Rückschlagpotenzial. Aus regionaler Sicht gibt es in Europa erhebliche Bewertungsabschläge im Vergleich zu den USA, die zum Teil gerechtfertigt sind, Stichwort Energiekrise. Unserer Meinung nach sind sie allerdings etwas übertrieben.

Heise: Eröffnen diese Bewertungsabschläge Chancen bei europäischen Unternehmen im Vergleich zu den Global Playern aus den USA?

Meyer: Wir müssen schauen, wo der Bewertungsabschlag europäischer Aktien herkommt. Er beträgt aktuell fast 35 Prozent gegenüber den USA. Nehmen Sie den S & P 500. Dessen durchschnittliches KGV über 30 Jahre liegt bei rund 17, in Europa liegt es bei etwa 14,5. Das ist ein viel geringerer Unterschied. Schaut man sich an, wie sich der MSCI Europe in diesem Jahr im Vergleich zum MSCI USA entwickelt hat, dann liegen beide Indizes auf Euro­basis zwischen minus sieben und minus acht Prozent Gesamtrendite – auf Euro-Basis weicht die Performance beider Indizes also kaum voneinander ab, und das nur, weil der US-Index mit einer Dollaraufwertung von zehn Prozent unterstützt wurde. In lokaler Währung haben US-Aktien massiv gelitten.

Heise: Die Performance von Aktien des Euroraums war im Vergleich zu den USA also gar nicht schlecht. Was sind die ­Ursachen, und wird das in nächster Zeit
so bleiben?

Meyer: Europäische Aktien zeigen eine großartige relative Gewinnentwicklung. In Europa sind die Gewinne erheblich stärker gestiegen als in den USA. Das liegt zum Teil an der Abwertung des Euro. Europäische Unternehmen haben dadurch starken Rückenwind und performen – trotz Krise, trotz massiver Abflüsse aus Fonds. Im nächsten Jahr kommt vermutlich eine gewisse Dollarschwäche, dann verliert Europa an relativem Rückenwind. Es dürften jedoch wieder Kapitalströme nach Europa fließen, weil internationale Investoren die niedrige Bewertung zur Kenntnis nehmen und ihre geringe Positionierung korrigieren. Auch weil es für europäische Aktien Aufwärtsrisiken geben könnte mit dem potenziellen Ende der Null-Covid-Politik in China sowie einer etwaigen Deeskalation in der Ukraine.

Heise: Blicken wir nach Deutschland. Hier scheinen sich alle einig zu sein, dass wir vor einer Rezession stehen. Sehen Sie das auch so?

Domjanic: Natürlich schwächen die Energiepreise den Standort. Das jetzt importierte LNG wird teurer sein als das Erdgas aus Russland – und die Preise oben halten. Anderseits entstehen gerade neue Anreize in Richtung erneuerbarer Energien, um diese schneller auszubauen. Langfristig könnte das sogar zu niedrigeren Energiepreisen in Deutschland führen, weil Erneuerbare vom technologischen Fortschritt abhängen und nicht von einem Rohstoff, der immer mal wieder knapp werden kann. Lang- bis sehr langfristig bin ich daher gar nicht so pessimistisch. Zwischenzeitlich könnte es aber turbulenter werden.

Heise: Die Energiepreise sind das eine, die Deglobalisierung das andere. Was kommt hier auf uns zu?

Meyer: Deutschland ist das offenste Land, wenn man die Summe aus Exporten und Importen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung als Maß zugrunde legt. Es ist eines der Länder, die sich am stärksten auf den globalen Handel fokussiert haben – und wenn der nicht mehr so gut funktioniert, muss es eine Anpassung geben. Ich denke schon, dass einige sehr energieintensi­ve Industrien tendenziell Deutschland verlassen werden. Die Anpassung wird schmerzhaft sein und Wohlstand kosten. Andererseits hat sich der Mittelstand in Deutschland in der Vergangenheit als sehr anpassungsfähig erwiesen, und der Privatsektor ist im Vergleich zu früheren Krisen relativ niedrig verschuldet. Auch die Banken sind infolge der Regulierungen nach der Finanzmarktkrise deutlich besser aufgestellt. Jetzt kommt zudem der Staat mit seiner Unterstützung bei Gas- und Strompreisen, was das Schlimmste abwenden kann.

Heise: Rezessionsgefahr hin oder her, es besteht ein gigantischer Investitionsbedarf: bei der Energieversorgung, aber auch bei den Lieferketten.

Meyer: Ja, das unterscheidet die aktuelle Situation von vergleichbaren in der Vergangenheit, wo realwirtschaftliche Exzesse in einer Rezession erst wieder ausgeglichen werden mussten. Im Gegensatz dazu erleben wir gerade einen exogenen Schock, der uns eine Rezession beschert, und wir müssen investieren, um den Schock hinter uns zu lassen. Damit müssten wir relativ gut aus der gegenwärtigen Situation rauskommen.

Domjanic: Ich bin nicht ganz so positiv, was die aktuelle Situation betrifft – und zwar deshalb, weil die Refinanzierungskosten deutlich gestiegen sind. Das werden die Unternehmen zu spüren bekommen. Möglicherweise nicht in den nächsten ein oder zwei Jahren, weil man sich für den Zeitraum die Finanzierung gesichert hat. Aber wenn in drei oder vier Jahren die Zinsen immer noch auf dem aktuellen Niveau liegen, dann werden die Kosten für die Refinanzierung höher sein. Zudem ist die Verschuldung weltweit immer noch hoch, und die Zinsen könnten noch weiter steigen.

Heise: Wie können sich Anleger an­gesichts der bereits angesprochenen Inflation positionieren?

Domjanic: Auf der Aktienseite können sie in Unternehmen investieren, die eine Preissetzungsmacht haben. Allerdings muss
man bei Wachstumsunternehmen auf die Bewertungen achten. Gesucht ist Qualitäts­wachstum zu einem vernünftigen Preis. Andererseits sind günstige Substanztitel, die reale Vermögenswerte in ihren Bilanzen haben, interessanter als High-­Growth-Titel, denn die Inflation wird meiner Meinung nach erhöht bleiben. Dann könnten auch die Anleiherenditen weiter steigen – wenn auch nicht so extrem wie in diesem Jahr. Das ist ein Vorteil für Value, weil dort Cashflows gleichmäßiger verteilt sind als bei Wachstumswerten. Also eine Doppelstrategie: Qualitätswachstum zu vernünftigen Preisen und Substanzwerte.

Heise: Gibt’s weitere Vorschläge?

Domjanic: In der aktuellen Situation haben reale Assets die Nase vorn. Das meint nicht automatisch alle Aktien. Ein unprofitables Wachstumsunternehmen ohne Betriebsvermögen ist kein reales Asset. Ist eine Marke ein reales Asset? Darüber kann man streiten, weil die Bewertung unklar ist. Wenn aber Maschinen da sind oder Produktionsanlagen, dann sind das echte Werte. Rohstoffe sind aktuell ebenfalls eine attraktive Alternative, zudem inflationsindexierte Anleihen aus den USA und – last but not least – mittelfristig Immobilien. Jetzt, da Inflation und Zinsen anziehen, gehen Immobilien zwar zunächst in die Knie, danach aber steigt die Miet­rendite, wenn die Mieten wegen der Inflation steigen. Aus meiner Sicht werden hier in den nächsten zwei, drei Jahren sehr gute Chancen entstehen.

Heise: Wenn Sie sich für Anleihen ­aussprechen, dann erwarten Sie ­zumindest keine drastischen Zins­anhebungen mehr?

Domjanic: Die Duration ist wieder attraktiver geworden. In unseren flexiblen Strategien haben wir die Duration daher wieder auf neutrales Niveau erhöht. Wir denken zwar nicht, dass die Zinsen wieder deutlich fallen, sodass man mit einer langen Duration davon profitieren kann. Der rasante Zinsanstieg, den wir in diesem Jahr gesehen haben, dürfte sich jedoch kaum fortsetzen. Wenn die Renditen in dem Tempo weiter steigen würden, hätten wir wirklich ein Problem. In den USA gibt es aber gerade am sehr langen Ende der Zinsstrukturkurve bei den 30-Jährigen noch Potenzial für weiter steigende Anleiherenditen.

Meyer: Für eine Long-Position in Duration ist es definitiv noch zu früh – unter anderem deshalb, weil wir nicht davon ausgehen, dass Staatsanleihen ihren Safe-Haven-Status kurzfristig zurückgewinnen und daher auch nicht stark zur Diversifizierung eines Portfolios beitragen. Angenommen, die Inflation geht nächstes Jahr zurück, die Fed macht eine Kehrtwende und wir kommen raus aus der Rezession, dann fallen die Renditen ein wenig und Anleihen performen ein wenig, aber Aktien sollten besser performen. Dann kehrt die Inflation voraussichtlich mit der Wirtschaftserholung zurück, weil Rohstoffe noch knapper werden, und Anleiherenditen steigen wieder. Das heißt, wir bleiben möglicherweise in diesem Umfeld einer eher positiven Korrelation zwischen Staatsanleihen und Aktien. Damit ist der Diversifikationseffekt, der zehn, zwanzig Jahre gut funktioniert hat, nicht mehr da. Wenn aber Staatsanleihen nicht mehr negativ zu Aktien korreliert sind, dann kann man auch Unternehmensanleihen nehmen. Diese bieten dank deutlich ausgeweiteter Risikoaufschläge ebenfalls Renditen, die die Inflation übersteigen dürften.

Heise: Wie sieht Ihre Prognose für Aktien bis Ende nächsten Jahres aus?

Meyer: Wenn wir bis Sommer nächsten Jahres in einer Situation sind, in der wir aus einer Rezession rauskommen oder in der der Markt einpreist, dass wir aus der Rezession rauskommen, in der die Inflation runterkommt und die Zentralbanken eine Pause bei den Zinsen einlegen, dann können wir den DAX auch wieder bei über 15 000 Punkten sehen. Ob das dann im zweiten oder im dritten Quartal geschieht, wird sich zeigen. Beim S & P bin ich etwas vorsichtiger. Er dürfte aber über 4000 Punkten stehen. Zumal der Markt gegen Ende nächsten Jahres schon wieder auf 2024 schaut.

Domjanic: So konkret kann ich an dieser Stelle nicht werden. Aber was die Tendenz angeht, kann ich mir vorstellen, dass es in den nächsten Monaten eine zähe Seitwärtsphase mit großen Unterschieden gibt. Es gibt Marktbereiche, die das Potenzial haben zu steigen. Andere erscheinen nach wie vor teuer, und ihre Neubewertung könnte aufgrund des steigenden Renditeniveaus möglicherweise noch nicht abgeschlossen sein. Die Zeiten, in denen die Liquiditätsschwemme der Zentralbanken alles nach oben gespült hat, sind definitiv vorbei. Selektives Vorgehen wird meiner Meinung nach in Zukunft wieder deutlich wichtiger sein.

Hier lesen Sie Teil 2

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