Die Deutschen haben ein gespaltenes Verhältnis zur Aktie. Einerseits fordern sie mehr Unterstützung für die private Altersvorsorge. Gleichzeitig investieren zu wenige Bürger in Wertpapiere.
22.08.2024 | 06:15 Uhr
Finanzielle Altersvorsorge ist ein schwieriges Thema in Deutschland. Einerseits ist den meisten Menschen bewusst, dass ihr Einkommen im Alter mit sehr großer Wahrscheinlichkeit deutlich niedriger sein wird als während ihres Berufslebens. Andererseits sind das Wissen, die Bereitschaft und das Engagement, rechtzeitig und regelmäßig in renditestarke Wertpapiere zu investieren, in Deutschland erschreckend gering. Das zeigen aktuelle Umfragen und Statistiken. So gehören immer noch Tagesgeld und Festgeld seit Jahren zu den beliebtesten Geldanlagen. Laut einer Yougov-Umfrage im Auftrag der Postbank gaben dies 32 Prozent der Befragten an. Fast ebenso beliebt sind das eigene Girokonto und Bargeldreserven. Nur knapp 13 Prozent der Befragten legt eigenen Aussagen zufolge Geld in Aktien an.
Die aktuelle Bundesbankstatistik zum Geldvermögen der Deutschen bestätigt die Aussagen der Umfrage. Demnach sind rund 70 Prozent des liquiden Vermögens in Versicherungs- und Standardgarantiesystemen sowie Bargeld und Einlagen angelegt. 26 Prozent machen Investmentfonds und Aktien aus – wobei laut BVI deutlich mehr als die Hälfte des in Investmentfonds investierten Vermögens in festverzinsliche Papiere (Renten-, Geldmarkt und anteilig in Mischfonds) investiert ist.
Und so verwundert es nicht, dass die reale, also inflationsbereinigte, Gesamtrendite des Geldvermögens der privaten Haushalte laut Bundesbank im ersten Quartal 2024 nur 1,4 Prozent betrug. Die Anlageformen Bargeld und Einlagen sowie Ansprüche gegenüber Versicherungen jeweils für sich genommen wiesen dabei noch immer eine negative reale Rendite auf.
Wie widersprüchlich die Deutschen ihre Lage und ihr eigenes Verhalten sehen, wird an einer in einer anderen Studie deutlich: Laut der aktuellen Online-Umfrage „Trend des Monats“ im August 2024, die der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW) gemeinsam mit mehreren reichweitenstarken Finanzportalen durchgeführt hat, bezeichnen über 60 Prozent der Anlegerinnen und Anleger die deutsche Wertpapierkultur sowie die private Altersvorsorge entweder als „mangelhaft“ oder als nur „ausreichend“. Weniger als 20 Prozent halten sie für „gut“ oder gar „sehr gut“. 42,8 Prozent der Befragten halten ein starkes und langfristiges politisches Engagement für unerlässlich, um ein Bewusstsein für die Notwendigkeit und die Möglichkeiten von Wertpapieranlagen zu schaffen und incentivierte Lösungen anzubieten. Im internationalen Vergleich sei die Wertpapierkultur in Deutschland unterentwickelt. Die Politik müsse deshalb zeitnah einfache und wirksame Lösungen entwickeln, um breite Bevölkerungsschichten für Kapitalmarktanlagen zur privaten Vorsorge zu gewinnen.
Jeder fünfte Befragte gab an, dass sich die Wertpapierkultur in Deutschland zwar deutlich weiterentwickelt habe. Dennoch solle der Staat private Vorsorgeinitiativen mit Kapitalmarktlösungen aktiv fördern, um Wohlstand auch im Alter zu ermöglichen und Versorgungslücken zu vermeiden.
Mit anderen Worten: Der Staat soll es richten. Nicht einmal neun Prozent der Befragten nutzen bereits heute die Möglichkeiten der Wertpapiermärkte, auch um Vermögen aufzubauen und fürs Alter vorzusorgen. Dass die Bundesregierung das Thema Aktienrente mit einer Finanzierung, die auf Schulden baut, de facto gegen die Wand gefahren hat, ist in diesem Zusammenhang leider nicht hilfreich.
Diesen Beitrag teilen: