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Kursrutsch bei Rüstungswerten – Chance oder Falle?

Marc Decker
Aktien

Nach deutlichen Rücksetzern bei europäischen Rüstungsaktien sieht Marc Decker von der Quintet Private Bank keine fundamentale Schwäche im Sektor. Vielmehr spreche die geopolitische Lage für anhaltend hohe Nachfrage – und für Chancen für langfristige Investoren.

03.12.2025 | 11:45 Uhr

Europas Rüstungswerte unter Druck – aber nur auf den ersten Blick 

Europäische Rüstungsaktien wie Rheinmetall, Renk und Hensoldt haben in den vergangenen Wochen teils kräftige Kursverluste hinnehmen müssen. Seit ihren Oktober-Höchstständen gaben sie um bis zu 40 Prozent nach – nachdem sie zuvor um 90 bis 160 Prozent gestiegen waren. Marc Decker, Co-Leiter Aktien bei der Quintet Private Bank, erklärt, die starke Kursrallye im Vorfeld habe den Sektor „anfällig für Korrekturen“ gemacht. An den fundamentalen Perspektiven ändere der Rücksetzer jedoch wenig. Die geopolitische Lage und aktuelle NATO-Beschlüsse sprächen weiterhin „für eine dauerhaft hohe Nachfragedynamik“. Aus Marktsicht sei die jüngste Schwäche daher eher als Einstiegsgelegenheit zu werten. 

Hoher Nachholbedarf bei Munition und Gerät 

Besonders Deutschland hinkt den NATO-Vorgaben bei der Munitionsbevorratung massiv hinterher. Laut Decker stehen derzeit rund 20.000 verfügbare 155-Millimeter-Granaten einem Zielwert von 230.000 gegenüber. Selbst bei maximaler Produktion werde es „fünf bis sieben Jahre dauern“, diese Lücke zu schließen. Ähnlich angespannt sei die Lage bei komplexen Waffensystemen und Großgerät. Für die Industrie bedeute das verlässliche Planbarkeit über das gesamte Jahrzehnt: Die Nachfrage werde nach Deckers Einschätzung hoch bleiben. 

Hohe Margen in Schlüsselbereichen – volatile geopolitische Lage 

Während Kleinmunition kaum Profit bringe, erzielten Hersteller bei Großkalibern operative Margen von bis zu 30 Prozent – Werte, die im klassischen Industriebereich selten seien. Gleichzeitig bleibe die geopolitische Lage volatil. Strategische Kurswechsel in Washington und das Scheitern diplomatischer Initiativen machten eine rasche Entspannung unwahrscheinlich, so Decker. 

Bewertung: Europa teuer, USA stabiler 

Beim Blick auf die Bewertung zeigt sich ein klares Gefälle zwischen den Märkten. Der MSCI Europe Aerospace & Defence werde aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 34,8 gehandelt. US-Konzerne („Defense Primes“, ohne Boeing) lägen mit rund 26,5 deutlich darunter. Einzelne US-Werte wie Lockheed Martin oder Northrop Grumman bewegten sich laut Decker in langfristig stabilen Bewertungsbandbreiten und wirkten „im Vergleich sogar günstig“. Während die USA seit Jahren von konstanten Verteidigungsbudgets profitierten, stehe Europa erst am Anfang eines strukturellen Investitionszyklus: Bis 2028 sollen über 800 Milliarden Euro in Verteidigung fließen. 

Privatanleger verstärken Kursschwankungen 

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sei viel Kapital von Privatanlegern in Rüstungsaktien geflossen – direkt oder über Fonds und ETFs. Dieser Trend habe sich im laufenden Jahr noch verstärkt. Ein hoher Anteil solcher „schwachen Hände“ führe dazu, dass bereits leichte Stimmungsschwankungen „überproportionale Kursausschläge“ erzeugten. Die jüngsten Rücksetzer seien daher kaum fundamental begründet. Was bedeutet das für Anleger? Für langfristig orientierte Anleger sieht Decker in der aktuellen Korrektur ein attraktives Einstiegsfenster. 

Seine Einschätzung: 

  • US-Werte für Anleger, die vor allem Stabilität suchen 
  • Europäische Titel für Investoren mit höheren Wachstumsambitionen 
  • Gestaffelte Käufe oder Sektor-ETFs zur Risikostreuung 

Der strukturelle Nachholbedarf, geopolitische Unsicherheit und hohe Margen machen laut Decker Rüstungsunternehmen zu „strategischen Gewinnern der kommenden Jahre“. Voraussetzung seien jedoch Geduld und ein klares Risikobewusstsein. (jk)

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