Interview

„Die Pandemie sorgt dafür, dass wir produktiver werden”

Michael Jensen, Managing Director der Moventum Asset Management S.A., über Lernfähigkeit in der Corona-Krise, renditestarke Fonds und versäumte Chancen.

08.02.2021 | 07:30 Uhr von «Matthias von Arnim»

Herr Jensen, ein oft gesagter Spruch der vergangenen Monate lautet: „Nach Corona wird es nicht mehr so sein wie vor Corona“. Stimmen Sie dem auch im Zusammenhang mit der Finanzwelt zu?

Michael Jensen: Veränderung ist völlig normal. Dafür braucht es keine Corona-Krise. Wer will, dass Alles so bleibt, wie es schon immer war, sollte einen Bogen um den Finanzmarkt machen. Die grundsätzlichen Regeln bleiben allerdings dieselben. Die Bewegungsgesetze der Marktwirtschaft werden durch das Virus ja nicht ausgehebelt. Mit Corona sind hierzulande die gesellschaftlichen Gegensätze nicht erst eingezogen. Sie waren bereits vorher da und stiften auch ihren gewollten gesellschaftlichen Nutzen. Und auch aktuelle sozioökonomische Entwicklungen sollte man nicht dem Virus in die Schuhe schieben. Das Auseinanderdriften der Gesellschaft hat nichts mit Corona zu tun. Es ist nun einmal so, dass in außergewöhnlichen Situationen die Extreme einfach nur besser sichtbar werden. Das ist, als ob Sie Fingerabdrücke sichtbar machen. Die Abdrücke sind da. Schütten Sie Talkumpuder drüber und pusten mal kräftig, können Sie sie auch sehen.

Haben Sie denn gar keine persönlichen Veränderungen in den vergangenen Monaten erlebt?

Michael Jensen: Doch, natürlich. Ich reise weniger und nutze die gewonnene Zeit auch dazu, mich tiefer in komplexe Themen einzulesen, abseits von Großraumbüros und anderen „Störfaktoren“. Das genieße ich. Unterm Strich werde ich dadurch effektiver. Auch in unserer Firma haben wir uns neu organisiert, mit regelmäßigen täglichen Online-Meetings und einigen neuen Strukturen, die sich positiv auf unsere Arbeitsergebnisse auswirken. Und ich denke, dass es vielen meiner Kollegen in der Finanzbranche auch so geht, dass der Stress-Level sinkt und die Qualität der Arbeit steigt. Das nehme ich als durchaus positiven Effekt wahr. 

Es liegt ja durchaus im Bereich das Möglichen, dass wir mithilfe von Impfstoffen die Pandemie in absehbarer Zeit in den Griff bekommen. Bleiben Sie und Ihre Kollegen dann immer noch zu Hause? Es könnte das Ende der Wall Street und der Londoner City bedeuten, wie wir sie in den vergangenen Jahrzehnten kannten.

Michael Jensen: Wie gesagt: Ich glaube nicht, dass das Virus unsere Welt grundlegend verändern wird. Vielleicht werden die Arbeits- und Urlaubsgewohnheiten etwas modifiziert. Man arbeitet zum Beispiel mehr von zu Hause aus und trifft sich zwei- oder dreimal pro Woche im Büro, um kreativ zu sein, Strategien zu besprechen und sich besser zu organisieren. Dafür muss man sich auch mal in direktem Gespräch mit Kollegen befinden, mit einem Kaffee in der Hand und auf dem Flur. Spontanität lässt sich nicht auf Knopfdruck befehlen. Das liegt nun mal in der Natur der Sache. Da sind Zoom- und MS-Team-Meetings langfristig nur eine Krücke. Deshalb werden weder die Wall Street noch die Londoner City aussterben. Aber diese Bilder, wie sie in Filmen wie „Wall Street“ zu sehen sind, wo wild gestikulierende Broker knallharte Deals durchziehen und der smarte Mann mit Hosenträger und Zigarre hinter dem Eichenschreibtisch mit einem Anruf Milliarden an Dollars hin- und her bewegt, haben sich ja schon längst überholt. Die Insignien des Geldadels verlieren an Bedeutung. Man braucht kein schickes Büro für den Börsenhandel. Im Gegenteil. Das ist viel zu teuer.

Werden die Fondsmanager besser, wenn Sie von zu Hause arbeiten?

Michael Jensen: Das erwarte ich nicht. Die Kapitalmärkte sind effizient und die Technik so weit vorangeschritten, dass Sie als Einzelner den Markt nicht „austricksen“ können. Aber Ich glaube, dass man in Zukunft effektiver die gleiche Performance erzielt. Und das kommt langfristig den Anlegern zugute.

Das würde aber voraussetzen, dass die Homeoffices technisch in den kommenden Jahren massiv aufgerüstet werden. Nicht jeder hat einen Bloomberg-Monitor und drei große Monitore zu Hause. Oder?

Michael Jensen: Da haben Sie Recht. Die technische Aufrüstung des eigenen Homeoffice ist die eine Sache. Die größere Herausforderung ist der Aufbau einer zukunftstauglichen Netzinfrastruktur in diesem Land. Das haben die Regierungen in den vergangenen Jahren schlichtweg verschlafen. Wenn ich sehe, was da an den Schulen derzeit passiert, schlage ich nur die Hände über dem Kopf zusammen. Vom Aufbau einer richtigen Mobilfunktionalität ganz zu schweigen.

Man spricht in diesem Zusammenhang von Milliardensummen, die investiert werden müssten. Woher soll das Geld kommen?

Michael Jensen: Geld ist doch genug da. Und wenn es fehlt, kann man sich an den Finanzmärkten bedienen. Deutschland ist in der einmaligen Situation, dass wir uns Geld leihen können und dafür sogar noch Geld obendrauf bekommen. Wir könnten quasi ohne große nominale Neuverschuldung für die nächsten 20 bis 25 Jahre wichtige Investitionen in unser Land tätigen. Dasselbe könnten wir sogar mit der Altersversorgung machen. Das Umlageverfahren, so, wie es heute praktiziert wird, ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Ein Staatsfonds nach norwegischem Vorbild wäre zum Beispiel eine viel bessere Lösung.

Das würde bedeuten, dass der deutsche Staat am Aktienmarkt agiert. Wie stellen Sie sich das vor? Sollen staatliche Vermögensverwalter aktiv ins Börsengeschehen eingreifen?

Michael Jensen: Warum nicht? Die Alternative wäre, in passive Instrumente zu investieren. Das hätte aber zwei erhebliche Nachteile. Erstens: Der Staatsfonds würde sich vermeidbaren Risiken aussetzen. Denn die Index-ETFs, die beispielsweise den S&P 500 oder andere große Indizes abbilden, bergen mittlerweile erhebliche Klumpenrisiken. Nur wenige Aktienwerte sind für die Performance verantwortlich. Zweitens: Mit einem Staatsfonds könnten Sie gezielt so investieren, dass die Anleger von wichtigen Zukunftstrends profitieren, die dieses Land voranbringen.

Welche Trends wären das zum Beispiel?

Michael Jensen: An erster Stelle derzeit wäre wohl das Thema Digitalisierung – in der Wirtschaft, in der Medizin und auch im Verwaltungsapparat. Dann insgesamt das Thema Infrastruktur.

Wie sieht es mit dem Thema Nachhaltigkeit aus?

Michael Jensen: Da muss man genauer hinschauen. Es gab in den vergangenen Jahren bei diesem Thema einen Hype, der nicht immer nachvollziehbar ist. Insbesondere die Reguliereng ist ein riesiges Problem. Im Moment weiß doch eigentlich überhaupt niemand, was der Begriff Nachhaltigkeit genau bedeutet, siehe den Streit auf EU-Ebene wegen der Definition der Atomkraft. Aber jeder Fonds, der sich ein grünes Etikett aufklebt, sammelt plötzlich mehr Geld ein. Das wird noch lustig, wenn irgendwann alle Fonds behaupten ESG-konform zu sein. Mein Rat: Wer etwas für die Umwelt tun will, sollte darauf achten, wo und was er einkauft und wie man sich und seine Umwelt behandelt. Man muss ja zum Beispiel nicht alles in Plastik verpacken. Aber wenn es um Vermögensaufbau geht, sollte man immer das große Ganze im Blick behalten. Nicht alles, was grün scheint, ist auch grün. Was unterm Strich zählt, ist die Performance und Werterhaltung Darauf sollten auch die Manager eines Staatsfonds achten.

Wer sollte Ihrer Meinung nach einen Staatsfonds managen?

Michael Jensen: Erfahrene Profis natürlich. Wenn Dilettanten am Werk sind, kann das böse enden. Das hat man zuletzt bei einigen Versorgungskassen gesehen, die Pleite gegangen sind.

Herr Jensen, vielen Dank für dieses Gespräch.

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Dienstag, 02.03.2021

BNP Paribas REIM: Megatrends & Nachhaltigkeit – Wachstumstreiber des Immobilienmarktes der Zukunft

Megatrends, die den Immobilienmarkt von morgen beeinflussen, verändern die Welt …rapide, grundlegend und langfristig. Sie sind die Wachstumstreiber von morgen und bieten unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit durch aktives Asset-Management Chancen für zukünftige Investments in Immobilien. Um eine stabile Wertentwicklung zu erreichen, müssen Offene Immobilienfonds relevante Megatrends wie Digitalisierung, demografischer Wandel und veränderte Lebensstile berücksichtigen. Als Asset Manager für eine Welt im Wandel, bildet Nachhaltigkeit die Grundlage unserer Anlageentscheidungen.

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Mittwoch, 03.03.2021

Eyb & Wallwitz: Phaidros Funds Balanced - Was bedeutet "Intelligent Investieren“?

Dr. Ernst Konrad, geschäftsführender Gesellschafter und Lead Portfolio Manager bei Eyb & Wallwitz, erläutert am Beispiel des Phaidros Funds Balanced, was Eyb & Wallwitz unter „Intelligentem Investieren“ versteht. Welche Rolle spielen hierbei Vernunft und Emotionen? Und wie findet man hier eine erfolgreiche Balance aus beidem, was zu nachhaltiger Performance führt? 

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Dienstag, 09.03.2021

Morgan Stanley: Emerging Leaders für die nächste Dekade

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Mittwoch, 10.03.2021

Capital Group: Disruptive Unternehmen – die defensiven Aktien von morgen?

Wer auf Dauer erfolgreich investieren will, muss vor allem Verluste vermeiden. Aber jetzt könnte uns eine lange Zeit der Unsicherheit bevorstehen, was für klassische defensive Aktien nicht einfach ist. In unserem Webinar untersuchen wir, ob Anleger mit defensiven Aktien weiterhin ihre Ziele erreichen können. Oder werden wir in diesen Zeiten des Umbruchs vielleicht eine neue Generation von defensiven Aktien sehen? Christophe Braun, Investmentdirektor für Aktien bei Capital Group, wird die zurzeit größten Herausforderungen für klassische defensive Aktien analysieren – und über die defensiven Aktien von morgen sprechen. Freuen Sie sich auf eine spannende Diskussion.

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Donnerstag, 11.03.2021

UBS: Zukunft ist jetzt - Concentrated Alpha + ESG

Durch die Auswirkungen von QE und der aktuellen Zinspolitik der Zentralbanken sind die niedrigen, bereinigten Renditen von Staatsanleihen weltweit sichtbar. Was können wir tun? Viele Anleger haben ihre Gelder in der Vergangenheit in Unternehmensanleihen und High Yield Bonds investiert. Der UBS European Opportunity Sustainable und der UBS European Opportunity Unconstrained bieten Anlegern mit einem hohen Active Share Portfolioansatz eine risikoadjustierte Alternative, mit der Anleger für die Zukunft gut aufgestellt sind. Portfoliomanager Max Anderl erklärt seinen nachhaltigen, ganzheitlichen, konzentrierten Investmentprozess.

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