
Die anfänglichen Befürchtungen hinsichtlich der Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die Schwellenländer waren beträchtlich.
09.07.2025 | 07:52 Uhr
Aber jetzt, wo sich der Staub gelegt hat, scheinen die Schwellenländer gut positioniert zu sein, um in dieser neuen Realität höherer Zölle zu gedeihen, so Xavier Hovasse und Naomi Waistell, Co-Manager des Carmignac Portfolio Emergents Fonds.
Die alten globalen Strukturen zerbröckeln
Vorbei
sind die Zeiten, in denen Asien lediglich der ausgelagerte Produzent
des Westens war, Europa die Heimat von Luxus und Tourismus und die USA
die Quelle der Tech-Revolution. Es ist noch gar nicht so lange her, da
mussten Anleger nur in den USA und Europa investieren, um eine solide
Rendite zu erzielen. Schwellenländer waren nicht einmal eine Überlegung
wert, denn dort herrschten unterdurchschnittliche Marktaussichten,
politische Risiken und selbstzerstörerische Staats- und
Unternehmensführungen.
Doch damit ist jetzt Schluss. Die Wiederwahl
von Donald Trump hat die Anleger weltweit wachgerüttelt und macht die
Schwellenländer wieder groß.
Vorbei sind die Zeiten, in denen Asien lediglich der ausgelagerte
Produzent des Westens war, Europa die Heimat von Luxus und Tourismus und
die USA die Quelle der Tech-Revolution. Es ist noch gar nicht so lange
her, da mussten Anleger nur in den USA und Europa investieren, um eine
solide Rendite zu erzielen. Schwellenländer waren nicht einmal eine
Überlegung wert, denn dort herrschten unterdurchschnittliche
Marktaussichten, politische Risiken und selbstzerstörerische Staats- und
Unternehmensführungen.
Doch damit ist jetzt Schluss. Die Wiederwahl
von Donald Trump hat die Anleger weltweit wachgerüttelt und macht die
Schwellenländer wieder groß.
Trumps zweite
Amtszeit begann nicht nur mit einem Paukenschlag, sondern warf auch ein
halbes Jahrhundert globaler Normen über den Haufen. Der risikofreie
Zinssatz, lange Zeit ein Privileg und Luxus der USA, ist verschwunden.
Das politische Risiko ist jetzt auch ein US-Phänomen, da einige
Institutionen in Frage gestellt und damit geschwächt wurden. Kurz
gesagt, die USA verhalten sich jetzt wie ein Schwellenland.
Normalerweise sind in einem ruhigen Marktumfeld risikofreie Anlagen wie
US-Treasuries oder der US-Dollar die Anlageklassen und Währungen mit der
besten Performance. Wir erleben jedoch das genaue Gegenteil: Die
Treasury-Renditen steigen, die US-Aktienmärkte taumeln, und der Dollar
schwächelt; er ist gegenüber allen Schwellenländern im Jahr 2025
gefallen, siehe Grafiken unten. Die Anleger verkaufen die USA.
Das
Ergebnis ist die Anlegerüberlegung, mehr Kapital außerhalb der USA und
in Schwellenländer zu investieren. Trumps Haltung war dafür sicherlich
ein Auslöser, aber es gibt noch einen bedeutenderen Anlass: das
Wiedererstarken Chinas.
US-Dollar-Index vs. JP Morgan Schwellenländer FX-Index seit 2010

US vs. Schwellenländer Renditen lokaler Anleihen

Quellen: Bloomberg, 19/06/2025
Chinas Entwicklung
Vor zehn Jahren war China für seine schnell wachsende Wirtschaft und seine Stärke im verarbeitenden Gewerbe bekannt, aber mit einer oftmals fragwürdigen Produktqualität, die meist nicht mit der US-amerikanischen oder europäischen vergleichbar war.
Doch das hat sich inzwischen geändert. China verfügt heute als Ergebnis seines hervorragenden Bildungssystems über weltweit führende Wissenschaftler und Ingenieure und hat seine industriellen Kapazitäten und Fähigkeiten erheblich verbessert. Das Land ist nicht mehr das Zentrum für die Herstellung von Turnschuhen und Jeans, denn diese Produktionen wurden inzwischen nach Kambodscha oder Vietnam ausgelagert. Stattdessen ist China inzwischen weltweit führend in den Bereichen erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge und künstliche Intelligenz (KI).
Interessanterweise wird die globale Produktionskette für erneuerbare Energien inzwischen von China dominiert, so dass China umso mehr profitiert, je mehr erneuerbare Energien im Westen produziert werden. Außerdem ist China jetzt der größte Autoexporteur der Welt, so verkauft BYD in Europa mittlerweile mehr Autos als Tesla. Chinas Autodominanz bedroht die Existenz der deutschen Autoindustrie, da die deutschen Hersteller bei der Reichweite von E-Autos und den Ladegeschwindigkeiten deutlich hinterherhinken1.
“Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem die Welt erkennt, dass China nicht mehr nur ein kostengünstiges Produktionszentrum ist; es ist jetzt viel anspruchsvoller und kann die globale Produktion in fast jeder Hinsicht dominieren, sogar in der Biotechnologie, im Gesundheitswesen und in der Petrochemie.”
Der KI-Sprung
Vor zwei Jahren wurde Nvidia von einem langweiligen Halbleiterausrüstungsunternehmen zum wertvollsten Unternehmen der Welt. Das Thema KI wurde in der Breite bekannt und interessant. Natürlich ging man davon aus, dass die USA die KI-Technologie auf natürliche Weise dominieren würden, so wie zuvor Microsoft und Google die Technologiebranche beherrschten, und OpenAI schien in ihre Fußstapfen zu treten.
Zwei Jahre später hat DeepSeek diese Annahme über den Haufen geworfen und scheint ein ernsthafter Konkurrent im Rennen um einen Spitzenplatz bei KI-Anwendungen zu sein.
Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verfügt China über ein unglaubliches Bildungssystem, in dessen Mittelpunkt Wissenschaft und Mathematik stehen, sowie eine Regierung, die in großem Umfang investiert. Die Exportkontrollen für Halbleiterchips aus den USA, die Chinas KI-Kapazitäten begrenzen sollten, sind gescheitert. Der CEO von Nvidia, Jensen Huang, warnte kürzlich, dass chinesische KI-Firmen inzwischen "beeindruckend" seien und in hohem Tempo eigene Halbleiterproduktionsanlagen aufbauen. China wurde unterschätzt, und es ist naiv zu glauben, dass das Land in diesem Bereich nicht autark sein kann.
In fast jeder Branche ist China aufgrund seiner langfristig orientierten Investitionen in Menschen und Kapital unglaublich gut positioniert. Darüber hinaus ist das Land der wichtigste Handelspartner für fast alle Schwellenländer.
Unser Engagement in China konzentriert sich weitgehend auf die Bereiche Technologie und Konsum, da der Anteil des Konsums am BIP unter den größten Ländern der Welt am niedrigsten ist. Hier ist eine Neuausrichtung fällig.

Quellen: ITIF (IT & Innovation Foundation), China-Bericht Hamilton-Index 2023.
“Während sich ein Großteil des Interesses an Asien auf China konzentriert, floriert die Region als Ganzes weiter. Asien ist für uns nach wie vor eine bevorzugte Region mit einem erheblichen Engagement in den Sektoren E-Commerce, Fintech und Gesundheitswesen.”

Quellen: World Fab (Prognosen für 2024), Allianz Research, 2024.
Indischer Schwung Wo steht Indien in dieser Trump-2.0-Welt? Kein mexikanisches Patt Einige
Schwellenländer profitieren von den Handelskriegen; beispielsweise ist
Mexiko für das "Nearshoring" der USA attraktiv und unterhält inzwischen
auch gute politische Beziehungen dorthin. Die mexikanische Präsidentin
Claudia Sheinbaum hat diese in letzter Zeit gestärkt, indem sie bei der
Erhöhung der Sicherheit an der Grenze zwischen den USA und Mexiko
kooperierte und letztlich Trump half, seine Agenda voranzubringen. Ein brasilianischer Boom? Ebenfalls
optimistisch sind wir in Lateinamerika für Brasilien und zunehmend auch
für Argentinien. Brasilianische Aktien sind unserer Ansicht nach sehr
günstig, insbesondere Versorger, da das Land einen hohen
Infrastrukturbedarf hat. Von den größten Ländern der Welt hat Brasilien
mit über 7 % den höchsten Realzins, was sowohl den brasilianischen Real
als auch auf Real lautende Schuldtitel attraktiv
macht.Energieversorgungsunternehmen bieten zusätzlich zu den
brasilianischen Renditen auf Staatsanleihen eine Aktienrisikoprämie von 5
%, so dass sich die realen Renditen insgesamt auf fast 12 % p.a.
belaufen. Die
Zinsen müssen sinken, aber mit den Wahlen im nächsten Jahr und einem
möglichen Regierungswechsel besteht die Chance auf eine bessere
steuerliche und wirtschaftliche Entwicklung. Wir glauben, dass die
Aussichten für Brasilien sehr positiv sind, da die Ölproduktion steigt,
die landwirtschaftliche Produktion wächst, die Vermögenswerte
unterbewertet sind und die Bevölkerung einen starken Unternehmergeist
hat. In
Argentinien hat sich die Haushaltslage des Landes unter der Führung des
umtriebigen Javier Milei von einem hohen Defizit zu einem Überschuss
entwickelt, und die Staatsanleihen haben sich eindrucksvoll erholt.
Natürlich bestehen Risiken, und im Herbst stehen die Zwischenwahlen an,
aber wir bleiben bei unserer vorsichtig optimistischen Sichtweise.
Wir
sehen Indien in einer ähnlichen Situation, in der sich China vor 20
Jahren befand. Indiens Wirtschaftsmodell stützt sich auf langfristige
Perspektiven, politische Stabilität und das Mantra "Made in India".
Eckpfeiler der Führungspolitik von Premierminister Narendra Modi sind
die gut ausgebildete, größtenteils englischsprachige Bevölkerung und
eine von der Regierung geschützte Industrie. Die indische Wirtschaft
wird in den nächsten 10 bis 15 Jahren jährlich um 6 bis 7 % wachsen2 und schon kurzfristig ist das Land ein Nutznießer der Spannungen zwischen den USA und China.
Wir
sind der festen Überzeugung, dass Indien langfristig erfolgreich sein
wird. Es gibt eine Reihe gut geführter, investitionsfähiger Unternehmen
in Indien, die nicht die gleichen Überkapazitätsprobleme wie China
haben.Lateinamerika, der Gewinner von Trumps Politik
Sheinbaum
ist politisch gemäßigter als ihre Vorgängerin, was sich positiv auf die
Wirtschaft und die Vermögenspreise auswirken dürfte. Wir konzentrieren
uns daher auf inländische Unternehmen, die vom Nearshoring profitieren,
Industrie-REITs und lokale Banken.
Mit dem Rückenwind von Trumps zweiter Amtszeit weisen die Co-Fonds-Manager darauf hin, dass jetzt ein überzeugender Zeitpunkt für Investitionen in Schwellenländer mit einer Fülle von dynamischen, globalen und marktführenden Unternehmen in vielen Ländern und Sektoren ist. China ist ein wesentlicher Bestandteil und gerade dabei, sich zu erholen. Regionen wie Indien, Asien und Lateinamerika bieten ebenfalls weiterhin Investitionsmöglichkeiten zu attraktiven Bewertungen.
1Quellen: Unternehmensdaten, Bloomberg, CICC, BoAML, 2025. 2Quelle: Prognosen des IWF World Economic Outlook (WEO), 2025.
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