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Die Bewertung der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten wird nach und nach transparenter.
Regulierung

Offenlegungs-VO: Update der ESG-Bewertung sorgt für mehr Transparenz

Anfang des Jahres hat die EU-Kommission neue Vorschriften zur Klassifizierung nachhaltiger Anlagen gefordert. Jetzt zeigt sich: Schon die Ankündigung hat für eine schärfere Trennung zwischen Artikel-8- und Artikel-9-Fonds gesorgt.

11.08.2023 | 06:45 Uhr

Vielleicht hat sich die EU-Kommission bei dem Versuch verhoben, die Bewertung der ESG-Kriterien Environment (Umwelt), Social (Soziales & Gesellschaft) und Governance (Unternehmensführung) im Rahmen der EU-Taxonomie so unter einen Hut zu bringen, dass sich die einzelnen Komponenten nicht widersprechen. Die Finanzbranche kritisiert zu Recht, dass sie unter hohem Regulierungsdruck agieren muss. Die Emittenten müssen ihre Finanzprodukte klassifizieren. Und die Vermögensverwalter, Berater und Vermittler müssen Brücken bauen zwischen dem Nachhaltigkeitswillen ihrer Kunden und den als nachhaltig klassifizierten Produkten. Doch es mangelt in weiten Teilen an belastbaren Definitionen und Daten.

Der Europäischen Kommission sind die Probleme bewusst. Schritt für Schritt gehen die Experten in den zuständigen Ausschüssen die offenen Baustellen an. Das ist lobenswert, stößt aber zuweilen auf Widerstand. Viele in der Finanzbranche sind mittlerweile so frustriert über die Brüsseler Regulierungs-Volten, dass sie bei jeder weiteren Maßnahme nur noch entsetzt aufstöhnen. So sorgte Anfang des Jahres die Ankündigung der Kommission für Aufregung, bis Mai die Definition für Artikel-9-Fonds noch restriktiver zu gestalten. Zudem forderte die Kommission eine striktere Umsetzung der bereits vorhandenen Nachhaltigkeits-Kriterien ein. Die Folge war eine massive Welle von Abstufungen von Artikel-9 auf Artikel-8-Fonds durch die Fondsgesellschaften, die damit einer Zwangsumbewertung ihrer Fonds entgehen wollten. Einer Morningstar-Studie zufolge schrumpfte das Vermögen, das in Artikel 9-Fonds investiert war, innerhalb kurzer Zeit um 40 Prozent.

Marktbereinigung sorgt für mehr Klarheit

Nun lässt sich feststellen: Die jüngsten Ergänzungen der europäischen Offenlegungsverordnung SFDR („Sustainable Finance Disclosure Regulation“) haben zwar dazu geführt, dass viele Fonds Anfang des Jahres mit Blick auf die geforderten Nachhaltigkeitsvorgaben heruntergestuft wurden. Gleichzeitig hat der Anteil nachhaltiger Investitionen der nach Artikel 9 der SFDR als „dunkelgrün“ bezeichneten Fonds in dieser Zeit aber zugenommen. Die SFDR, die darauf abzielt, Nachhaltigkeitsnachweise von Finanzprodukten zu verbessern und dadurch Greenwashing zu verhindern, hat somit offensichtlich doch für mehr Klarheit bei Anlegern gesorgt, die nun gezielter und bewusster in nachhaltige Fonds investieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse von Ökonominnen und Juristen des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE anhand von Daten der WM Gruppe.

Die Abbildung zeigt die Anzahl der Investmentfonds pro SFDR-Kategorie für vier Zeitpunkte und ihre Übergänge zwischen den Zeitpunkten für die Stichprobe von Fonds. Quelle: Daten der WM Gruppe, eigene Berechnungen, iGrafik.de.

Mehr Transparenz für nachhaltige Finanzprodukte

„Wir stellen fest, dass sich die Einstufung der Fonds in die SFDR-Klassen im Laufe der Zeit geändert hat, wobei im ersten Quartal 2023 insbesondere bei Indexfonds viele Herabstufungen von Artikel 9- zu Artikel 8-Fonds zu beobachten sind“, sagt Loriana Pelizzon, Leiterin der SAFE-Forschungsabteilung „Financial Markets“. Laut SFDR werden nach Artikel 8 sogenannte „hellgrüne“ Finanzprodukte eingestuft, die unter anderem ökologische oder soziale Merkmale oder eine Kombination aus diesen Merkmalen bewerben. Nach Artikel 9 klassifizieren sich „dunkelgrüne“ Finanzprodukte, mit denen nachhaltige Investitionen angestrebt werden.

Die SAFE-Analyse zeigt weiter, dass der Anteil nachhaltiger Anlagen für die Gruppe der Artikel 8-Fonds im Laufe der Zeit konstant zwischen 37 und 39 Prozent blieb. Dieser Anteil stieg für Artikel 9-Fonds im März 2023 auf 84 Prozent. „Wir beobachten auch, dass es nach und nach mehr Fonds gibt, die ihren Anteil an nachhaltigen Anlagen melden. Das kann zwar zu unterschiedlichen Nachhaltigkeitsanteilen führen, wird aber für mehr Transparenz am Markt sorgen“, so Pelizzon.

Die ESMA sorgt mit ihren Anregungen für Bewegung

Die Anforderungen der SFDR unterliegen einer laufenden Überwachung und Bewertung durch die Regulierungsbehörden, was Klarstellungen und Änderungen der Verordnung nach sich zieht. Zu diesen Maßnahmen zählten zuletzt technische Regulierungsstandards für die SFDR, die seit Jahresanfang 2023 gelten und Inhalt, Methodik und Darstellung der Nachhaltigkeitsangaben auf Unternehmens- und Produktebene festlegen. „Gemessen an unseren Ergebnissen, nämlich der Herabstufungen von Artikel 9- zu Artikel 8-Fonds sowie eines höheren Anteils nachhaltiger Anlagen in der Gruppe der Artikel 9-Fonds, kommen wir zu dem Schluss, dass die jüngsten Ergänzungen und Klarstellungen der SFDR das Profil der SFDR-Klassifizierungen tatsächlich geschärft und ihre Genauigkeit erhöht haben“, sagt Rechtswissenschaftler Nikolai Badenhoop aus dem SAFE-Forschungscluster „Law & Finance“.

Fazit: Die ESG-Regulierung von Finanzprodukten bleibt Stückwerk. Es gibt bis heute keine exakte Definition, was genau in welchem Maße als nachhaltig gelten darf. Vielleicht ist das auch gar nicht möglich. Aber die EU-Kommission bleibt am Ball und versucht Stück für Stück, den Gordischen Knoten zu lösen. Die Erfahrung der vergangenen Monate zeigt: Schon die Ankündigung, vorhandene Regeln strikter auszulegen, kann zuweilen Wunder bewirken.

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