Die EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („Offenlegungsverordnung“) enthält eine Reihe von Offenlegungsvorschriften, die die Transparenz und Glaubwürdigkeit im Sustainable Investing erhöhen sollen.
19.08.2024 | 08:30 Uhr
Wir erläutern, was dies in der Theorie für Assetmanager bedeutet und wie es sich in der Praxis verhält.
„Verordnung“
wird in vielen Bereichen von Wirtschaft und Politik als Schimpfwort
empfunden, doch Nachhaltigkeitsvorschriften sind dringend notwendig, um
den Übergang zu einer saubereren, grüneren und gerechteren Wirtschaft zu
beschleunigen. Die EU hat keine Zeit bei der Ausarbeitung von
Rechtsrahmen verschwendet, um ihre Unternehmen, Industrien und
Handelspartner zu nachhaltigen Gewinnen und Wachstum zu führen.
Der
EU-Aktionsplan für nachhaltige Finanzierungen ist nur ein Teil des
übergeordneten Plans. Sein oberstes Ziel ist es, Kapital für nachhaltige
Investitionen und Entwicklung in allen 27 EU-Ländern bereitzustellen.
Dies wird durch mehrere grundlegende Initiativen, darunter die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor sichergestellt.
Mit
der Offenlegungsverordnung soll gewährleistet werden, dass Kapital, das
für nachhaltige Investitionen bestimmt ist, in echte nachhaltige
Produkte fließt. Dazu wird über die Offenlegungsverordnung von
Assetmanagern verlangt, dass sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihren
Anlageprodukten sorgfältig abwägen, alle nachhaltigkeitsbezogenen
Aussagen anhand objektiver Kriterien prüfen und diese Ergebnisse
veröffentlichen.
Mehr
Daten und Offenlegung sollen die Anleger nicht nur vor „Greenwashing“
schützen, sondern ihnen auch mehr Informationen zur Verfügung stellen,
um die Vorzüge und Nachteile konkurrierender Anlageprodukte zu
vergleichen.
Das bekannteste Merkmal der Offenlegungsverordnung ist mittlerweile ihr Klassifizierungssystem. Assetmanager sind verpflichtet, alle Anlageprodukte gemäß Artikel 6, 8 oder 9 einzustufen.
Portfoliomanager
könnten versucht sein, diese neuen Klassifizierungen im Marketing als
Kennzeichnungen einzusetzen, um ihre Attraktivität zu erhöhen. Solche
Kennzeichnungen bedeuten jedoch, dass die Produkte anhand strenger
standardisierter Kriterien bewertet wurden, was bei der
Offenlegungsverordnung nicht der Fall ist. Obwohl sie eine
Berichterstattung über gemeinsame Themenbereiche vorschreibt, gibt es
noch immer eine große Bandbreite an Variabilität zwischen den
Nachhaltigkeitsmerkmalen. Im Kern handelt es sich bei der
Offenlegungsverordnung um eine Transparenzmaßnahme, die Anlegern die
Möglichkeit bietet, einen Blick in ein Produkt zu werfen, um
nachzuvollziehen, wodurch es als nachhaltig gilt.
Ein weiterer häufiger Fehler ist die Annahme, dass Produkte gemäß Artikel 6 von nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungen ausgenommen sind. Die Offenlegungsverordnung verlangt von allen Finanzmarktteilnehmern, zu bewerten und offenzulegen, ob sie Nachhaltigkeitsstrategien in ihre Produkte integrieren, wie sich das Nachhaltigkeitsrisiko auf die Rendite auswirkt und ob sie die negativen Auswirkungen ihrer Produkte auf konkrete EU-definierte Indikatoren, die sogenannten wichtigsten nachteiligen Auswirkungen, berücksichtigen.1
Im Vergleich zu Artikel 6 sind in den Artikeln 8 und 9 mehr Messungen und Berichte über verschiedene Nachhaltigkeitskennzahlen vorgesehen. Bei Produkten nach Artikel 8 muss nachgewiesen werden, dass sie Nachhaltigkeit bewerben, während bei Produkten nach Artikel 9 nachgewiesen werden muss, dass sie direkt zu ihr beitragen. Außerdem müssen beide Klassen nachweisen, dass sie sich an eine gute Unternehmensführung halten und berichten, inwieweit sie den Definitionen für „nachhaltige Tätigkeiten“ der EU-Taxonomie entsprechen.
Über diese Anforderungen hinaus sind Portfolios gemäß Artikel 9 verpflichtet, über etwaige negative Auswirkungen ihrer zugrunde liegenden Wertpapiere auf 18 (von 64) wichtige nachteilige Auswirkungen zu berichten, die Bereiche wie CO2-Emissionen, Abfallentsorgung, Menschenrechte und Geschlechtervielfalt umfassen. Im Gegensatz dazu muss bei Produkten nach Artikel 8 nur erklärt werden, ob sie wichtige nachteilige Auswirkungen bei ihren Anlagen berücksichtigen.
Ein
weiterer Unterschied besteht darin, dass Produkte gemäß Artikel 9
vollständig in Unternehmen investiert werden müssen, die als nachhaltig
gelten, während Produkte nach Artikel 8 nur den Anteil nachhaltiger
Investitionen angeben müssen, den sie zu tätigen beabsichtigen.
Abbildung 1 – Wie Robeco die Klassifizierung eines Produkts nach der Offenlegungsverordnung bestimmt
Source: Robeco, April 2023
Was
eine „nachhaltige Investition“ genau bedeutet, ist aber nicht klar
definiert. Eine Investition in einen Windpark mag im Rahmen einer
Strategie für saubere Energie nachhaltig sein, aber durch seine
schlechte Bilanz in Bezug auf die Arbeitssicherheit kann sie für ein
Portfolio, das sich auf eine starke Performance bei sozial orientierten
Faktoren konzentriert, inakzeptabel sein. Dieser Mangel an Klarheit
führt zu Problemen und verlangsamt die Fortschritte im Sinne der
Offenlegungsverordnung.
Es wurden Änderungen vorgeschlagen, die strengere technische Standards und mehr Strenge bei Bewertungen
wichtiger
nachteiliger Auswirkungen beinhalten (d. h. nicht nur, ob, sondern wie
wichtige nachteilige Auswirkungen auf Investitionen angewendet werden).
Es kann allerdings Jahre dauern, bis diese geprüft, genehmigt und
umgesetzt sind (sofern sie überhaupt genehmigt werden).
Das
Klassifizierungssystem der EU-Taxonomie könnte eine schnellere Lösung
bieten, da sowohl bei den Klassen nach Artikel 8 als auch nach Artikel 9
die Manager bereits angeben müssen, inwieweit ihre Produkte mit der
Taxonomie übereinstimmen.2 Das kann aber
erst dann gemessen werden, wenn die Unternehmen, in die investiert wird,
ihre nachhaltigen Tätigkeiten selbst klassifizieren und berichten. Die
Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen,
eine separate Richtlinie für nachhaltige Finanzierungen, die auf die
Offenlegung der Nachhaltigkeit von Unternehmen abzielt, verlangt von
größeren Unternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern) bereits in diesem
Jahr, dass sie die Ausrichtung ihrer Geschäftstätigkeit nach der
Taxonomie melden.
Angesichts
der damit verbundenen Kosten haben kleinere Unternehmen jedoch noch
einige Jahre Zeit, um die Anforderungen zu erfüllen. Außerdem befindet
sich der soziale Teil der EU-Taxonomie, der definiert, welche
Tätigkeiten positive soziale Auswirkungen aufweisen, noch in der
Entwicklung. Aufgrund dieser Lücken in der Berichterstattung ist es
unwahrscheinlich, dass die Taxonomie bis zum Jahresende als
beschleunigte Lösung eingesetzt wird.
Die
Ungewissheit darüber, wie sich die Vorschriften entwickeln werden, hat
viele Manager veranlasst, weitere Aktionspläne gemäß
Offenlegungsverordnung vorerst auf Eis zu legen. Trotz der Pause sorgen
die Vorschriften für viele Gespräche und Engagement. Zudem ist es
besser, Fortschritte in einem solchen Umfang und mit so vielen
Auswirkungen schrittweise zu erzielen.
Wir
glauben, dass der externe Druck der Interessengruppen in Verbindung mit
den technologischen Fortschritten bei der Datenerfassung und
-verarbeitung die Unternehmen und die Investmentbranche im Laufe der
Zeit zu einer stärkeren Integration und Offenlegung von
Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen bewegen wird.
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1Die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen sind definiert als „negative, wesentliche oder wahrscheinlich wesentliche – Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die durch von dem Rechtsträger getroffene Anlageentscheidungen oder von diesem gegebene Empfehlungen verursacht oder verstärkt werden oder damit unmittelbar zusammenhängen.“
2Die Angleichung an die EU-Taxonomie wird anhand des prozentualen Anteils der gesamten Portfoliobestände gemessen, deren zugrunde liegende Geschäftsvorgänge nach den technischen Kriterien der EU-Taxonomie als „nachhaltige Tätigkeiten“ gelten.
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