Robeco: PFAS 2.0 – neue Vorschriften werden mehr als nur Chemikalien betreffen

Robeco: PFAS 2.0 – neue Vorschriften werden mehr als nur Chemikalien betreffen
Regulierung

Mit der Verschärfung der Vorschriften und Sammelklagen beginnt eine neue Phase mit neuen Instrumenten und neuen Investitionen im Kampf gegen Ewigkeitschemikalien.

25.03.2024 | 08:54 Uhr

In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde die PFAS-Belastung1 durch Kontaminationen in Trinkwasser und Boden mit ernsten Gesundheitsproblemen wie Geburtsschäden und Krebs in Verbindung gebracht. Die Verschärfung der behördlichen Vorschriften und die kostspieligen Sammelklagen der vergangenen Jahre spornen zu Investitionen in die Prüfung, Behandlung und Entfernung von PFAS aus der Wasserversorgung und der Umwelt im Allgemeinen an.

Ein teures Problem

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) umfassen eine Gruppe Tausender künstlich hergestellter Chemikalien. Von kleinen Haushalten bis hin zur Großindustrie sind PFAS-haltige Waren und Verfahren in Hülle und Fülle vorhanden – von antihaftbeschichteten Pfannen und schmutzabweisenden Textilien bis hin zu Feuerlöschschäumen und chemischen Emulgatoren – was ihnen den Titel „allgegenwärtige Chemikalien“ beschert hat. Ihre Kohlenstoff-Fluor-Bindungen gehören zu den stärksten in der Chemie, wodurch sie im Körper und in der Natur nur schwer abgebaut werden können. Ihre Beständigkeit hat ihnen einen weiteren Titel eingebracht: „Ewigkeitschemikalien“.

Im Jahr 2023 erklärten sich die großen Hersteller per- und polyfluorierter Alkylsubstanzen bereit, Sammelklagen wegen PFAS-Verschmutzung von Hunderten kommunalen Wasserversorgern wegen in Höhe von bis zu 13,7 Mrd. USD beizulegen. Weitere Klagen stehen noch aus.2 Um die neuen Normen zu erfüllen, werden die Sanierungskosten für Wasserversorger allein für Trinkwasser in den kommenden 20 Jahren auf rund 50 Milliarden USD geschätzt.3 Präsident Bidens parteiübergreifendes Infrastrukturgesetz von 2021 sieht eine Finanzierung in Höhe von 10 Mrd. USD vor, um Wasserversorger bei der Beseitigung von PFAS und anderen schädlichen Schadstoffen in der Wasserversorgung zu unterstützen.

Die bisherigen Vergleiche und Schätzungen der Sanierungskosten beziehen sich ausschließlich auf die Wasserversorger. Die Kosten für die Beseitigung von PFAS, die aus Deponien und kontaminierten Industriestandorten in Böden und Abfallströme gelangen, werden nicht berücksichtigt. In einem Bericht aus dem Jahr 2021 schätzte das US-Verteidigungsministerium, dass 31 Mrd. USD an Bundesmitteln erforderlich sind, um die Sanierung von Altlasten auf Militärgeländen zu unterstützen.4

„Die Sanierungskosten für Wasserversorger allein für Trinkwasser werden in den kommenden 20 Jahren auf rund 50 Milliarden USD geschätzt“

Abb-1


Ein erhebliches Problem

Das Problem ist nicht auf das Militär oder die Chemikalienhersteller beschränkt. Von der Halbleiterindustrie bis hin zur Automobilherstellung sind viele Branchen auf PFAS für ihre Produkte angewiesen. Die gesetzlichen Bestimmungen veranlassen viele Unternehmen dazu, Alternativen mit denselben leistungsstarken Eigenschaften auf den Markt zu bringen. Das könnte allerdings schwierig werden, da die Liste der verbotenen PFAS-Klassen, Chemikalienmischungen und Konzentrationen künftig noch erweitert werden könnte. Außerdem ist es für die Unternehmen schwierig festzustellen, in welchem Umfang PFAS als Einsatzstoffe in den Herstellungsprozessen der Produktlieferketten genutzt werden. Je nachdem, wie weit die Aufsichtsbehörden die PFAS-Beschränkungen vorantreiben, werden die Kosten für den Nachweis und Sanierung (und für Klagen) drastisch ansteigen.

„Von der Halbleiterindustrie bis hin zur Automobilherstellung sind viele Branchen auf PFAS für ihre Produkte angewiesen“

Regulatorische Entwicklungen

Im Dezember 2023 veröffentlichte die US-Umweltschutzbehörde (EPA) ihren zweiten strategischen Fahrplan mit neuen Normen für die Behandlung und Entsorgung von PFAS in der Umwelt. Diese gelten für Unternehmen, die PFAS erzeugen, oder für Branchen, die PFAS-haltige Produkte herstellen. Anfang 2023 schlug die EPA neue Beschränkungen für sechs PFAS in öffentlichen Wassersystemen vor.5 Nach ihrer Verabschiedung dürften sie die Investitionen der Wasserversorger auf Bundesebene ankurbeln.

Auch in Europa wird das Problem bekämpft. Die EU hat neue Grenzwerte für PFAS festgelegt, die in den Mitgliedstaaten 2026 in Kraft treten werden. Zudem hat die Europäische Chemikalienagentur einen Vorschlag zum Verbot aller ultragiftigen Chemikalien, darunter mehr als 10.000 PFAS-Verbindungen, ausgearbeitet.

Abb-2


Derzeitige PFAS-Bewirtschaftungsstrategien

Nachweis von PFAS – Von den Tausenden existierenden PFAS-Verbindungen können kommerzielle Labore in der Regel nur etwa 30 bis 50 nachweisen. Die Prüfungen reichen von gezielten Analysen, mit denen das Vorhandensein bestimmter bekannter PFAS-Verbindungen gemessen werden kann, bis hin zu nicht gezielten Analysen, mit denen nachgewiesen werden kann, ob eine Probe PFAS-frei ist. Letzteres erlaubt eine viel größere Bandbreite an Prüfungen, die erforderlich sind, um die Zunahme reglementierter PFAS-Verbindungen sowie restriktivere Konzentrationen zu berücksichtigen. Derzeit ist der Prüfmarkt noch klein, aber es wird wohl schnell wachsen, da Vorschriften erlassen werden, die nicht nur Wasserversorger, sondern alle Unternehmen mit Verunreinigungen in Boden, Luft oder Wasser betreffen.

Abtrennung von PFAS – Zu den herkömmlichen Verfahren zur Entfernung von PFAS aus kontaminiertem Wasser und Böden gehören Aktivkohlefiltration, Anionenaustauschharz, Nanofiltration, Umkehrosmose und Schaumfraktionierung. Viele Versorger haben damit begonnen, in die Modernisierung ihrer Infrastruktur zu investieren, die je nach Umfang und zulässiger Schadstoffmenge eine strengere Behandlung vorsieht. Wie bei der Prüfung und Messung bedeutet die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschriften, dass Unternehmen, die PFAS herstellen oder verwenden, höchstwahrscheinlich in PFAS-Behandlungstechnologien investieren müssen, um die Verschmutzung von Gewässern und Deponien zu verhindern.

Beseitigung von PFAS – Herkömmliche Behandlungsmethoden können PFAS zwar aus Wasser und Böden entfernen, hinterlassen aber dennoch gefährliche Konzentrate. PFAS können weiter aufbereitet und vernichtet werden, aber die angewandten Methoden unterscheiden sich in Bezug auf Kosten, Wirksamkeit und Skalierbarkeit. Ein gängiger Ansatz ist die Verbrennung oder Lagerung von PFAS-haltigen Abfällen, um ein weiteres Austreten in Böden und Gewässer zu verhindern. Die Verbrennung hinterlässt aber nicht nur umweltschädliche Nebenprodukte, sondern ist auch kosten- und energieintensiv. Daher suchen Forschende händeringend nach Lösungen, die in Bezug auf Kosten, Energie und Umweltabfälle nachhaltig sind.

Mögliche Wachstumschancen

Die Furcht vor behördlicher Rüge, Geldstrafen, kostspieligen Prozessen und Rufschädigung sollte die Unternehmen dazu veranlassen, den Nachweis und die Beseitigung von PFAS-Nebenprodukten in ihren Lieferketten zu beschleunigen. Während die derzeitigen Prüf- und Behandlungstechnologien einen Ausgangspunkt bieten, werden die eskalierenden rechtlichen Rahmenbedingungen und Prozesse auch die Nachfrage nach weiteren Innovationen jenseits der konventionellen Ansätze vorantreiben.

Die Strategie Sustainable Water Equities investiert in ein diversifiziertes Spektrum von Unternehmen, die an der Wertschöpfungskette der PFAS-Sanierung beteiligt sind. Diese reichen von den Herstellern von Instrumenten und Analysemethoden für Prüfungen bis hin zu den Technologien, die die Entfernung des Stoffes aus Trinkwasser, Böden und anderen Feststoffen unterstützen. Dazu gehören auch Abfallentsorger, die für die Vernichtung und Lagerung von PFAS zuständig sind, sowie Umweltdienstleister, die bei der Erschließung kosteneffizienter Sanierungslösungen helfen.

„Die Strategie Sustainable Water Equities investiert in ein diversifiziertes Spektrum von Unternehmen, die an der Wertschöpfungskette der PFAS-Sanierung beteiligt sind“

Außerdem ist das Investmentteam stets auf der Suche nach vielversprechenden Technologien und neuen Wachstumsfeldern. Die elektrochemische Oxidation, die die starken molekularen Verbindungen von PFAS aufbricht und eine kostspielige Verbrennung überflüssig macht, ist zwar noch nicht kommerziell nutzbar, könnte aber den nächsten großen Durchbruch darstellen.

Zusätzlich zu den Investitionen in nachhaltiges Wasser setzt Robeco auch aktive Beteiligungen ein, um Gewässer und die Umwelt PFAS-frei zu halten. Der Ausstieg aus gefährlichen Chemikalien ist ein gezieltes Thema für die Bemühungen von Robeco im Rahmen des mehrjährigen Engagements 2024 mit Unternehmen.

Fußnoten

1Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen
2Wall Street Journal, 26. Dezember 2023. „Who pays to get forever chemicals out of drinking water.“
3Bericht der Water Coalition Against PFAS, Juli 2023. „Correcting PFAS Myths: Misperceptions risk higher clean-up costs for water ratepayers.“
4https://www.ewg.org/news-insights/news-release/2023/05/pentagons-contamination-time-bomb-cleanup-backlog-outpaces
5https://www.epa.gov/sdwa/and-polyfluoroalkyl-substances-pfas


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