Ohne ESG-Expertise werden Asset Manager von institutionellen Investoren zunehmend von Mandaten ausgeschlossen, so das Ergebnis einer Studie von LGT Capital Partners. Der starke Nachhaltigkeits-Trend erhöht allerdings auch die Gefahren für „Green Washing“.
28.10.2019 | 14:20 Uhr von «Christian Bayer»
Für Asset Manager wird die Fähigkeit, die Anforderungen ihrer Kunden hinsichtlich
der Umsetzung von ESG-Kriterien zu erfüllen, zunehmend zu einer existenziellen
Frage. Das zumindest ist das Resultat einer Umfrage des liechtensteinischen
Finanzdienstleisters LGT Capital Partners (LGTCP) unter gut 200
institutionellen Investoren. 47 Prozent dieser Investoren gaben an, schon Asset
Manager aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Berücksichtigung von
ESG-Kriterien ausgeschlossen zu haben. Noch kritischer sind institutionelle
Investoren, die ihr Geld schon mindestens sieben Jahre nachhaltig anlegen. Unter
diesen Anlegern gaben sogar 76 Prozent an, Portfoliomanager schon wegen eines
fehlenden glaubhaften ESG-Ansatzes ausgeschlossen zu haben.
Deutliche
Unterschiede gibt es in der Einschätzung der befragten Investoren, ob
nachhaltige Investments der Rendite schaden. 62 Prozent der Befragten, die mehr
als sieben Jahre ESG-Kriterien berücksichtigen, sind der Überzeugung, dass die
Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten das Rendite-Risiko-Profil
verbessert. Unter den institutionellen Investoren, die bisher die Kriterien
noch nicht berücksichtigen, stimmen dem nur 25 Prozent zu. Zwischen
institutionellen und privaten Anlegern wurde in der LGTCP-Studie eine
Gemeinsamkeit festgestellt. Bei beiden Gruppen steht der Bereich Umwelt
(„Environmental“) im Vordergrund. Soziale Aspekte („Social“) und Richtlinien
der ethischen Unternehmensführung („Governance“) werden tendenziell noch wenig
berücksichtigt.
Es spricht einiges dafür, dass die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen,
die sogenannten „Social Development Goals (SDG)“, zum neuen Standard für
nachhaltiges Investieren werden. Die 17 UN-Ziele wurden vor drei Jahren
definiert, 193 Länder haben sich bereits den Vorgaben angeschlossen. Dazu
zählen beispielsweise die Bekämpfung von Armut und Hunger, die Versorgung mit
sauberem Wasser und die Beförderung von Maßnahmen zum Klimaschutz. Aktuell
bewerten nur 10 Prozent der in der LGTCP-Studie befragten Investoren, wie ihr
Anlageverhalten sich auf die SDG-Ziele auswirkt. 40 Prozent der Asset Manager wollen
laut Umfrage die Bewertung in den kommenden zwei Jahren nachholen.
Der Hirschel & Kramer Responsible Investment Brand Index 2019 untersucht,
welche Asset Manager in ihrer Marke nachhaltige Investmentansätze
bereits glaubhaft transportieren. Von 220 untersuchten europäischen Asset Managern
haben sich zwei Drittel dazu verpflichtet, sich für den Fortschritt
nachhaltigen Investierens einzusetzen. Bei 75 Prozent spiegelt sich dieses
Engagement allerdings nicht in ihrer Marke. "Während die verwalteten
ESG-Vermögen wachsen, die öffentliche Wahrnehmung steigt, das Medienvolumen
wächst und die regulatorische Nachfrage zunimmt, hat die Branche kaum
Fortschritte gemacht, um ihre guten ESG-Absichten durch die Marke zum Ausdruck
zu bringen", so Jean-François Hirschel, CEO und Gründer des
Beratungsunternehmens H-Ideas.
Der Trend Richtung nachhaltiges Investieren dürfte unumkehrbar sein. In der
konkreten Umsetzung liegt der Teufel allerdings im Detail. Das zeigt
beispielsweise der erste Green Bond des Bundes, der im kommenden Jahr emittiert
werden soll. Bemängelt wird u. a. die Tatsache, dass durch die Anleihe keine
neuen Klimaprojekte finanziert werden, sondern nur bestehende Projekte
umgeschuldet werden sollen. Kritiker sehen darin einen Fall von „Green
Washing“, also einer PR-orientierten Maßnahme, um sich ein grünes Mäntelchen
umzuhängen. Marcio da Costa, Spezialist für Green Bonds beim Asset Manager
Bantleon, sieht die Emission grundsätzlich positiv:
„Auf jeden Fall verbessert die grüne Bundesanleihe die Diversifikationsmöglichkeit in Bezug auf die Emittenten und Anleihenlaufzeiten am Green-Bond-Markt. Die Auswahl an Green-Bond-Investitionen ist wegen des noch tiefen Anteils der grünen EUR-Anleihen am gesamten Euro-Anleihenmarkt (etwa 1,6 Prozent) noch eingeschränkt.“ Kritisch sieht da Costa die spezielle Ausgestaltung dieser Anleihe. Der Bond soll nämlich in eine herkömmliche Staatsanleihe und eine grüne Anleihe, die identisch ausgestaltet sind, aufgeteilt werden. Die grüne Anleihe soll zur Erhöhung der Liquidität jederzeit in eine herkömmliche deutsche Staatsanleihe getauscht werden können. „Investoren mit sehr strikten Investmentrichtlinien könnte es gar verboten sein, in solche konvertierbaren Anleihen zu investieren“, befürchtet da Costa.
Die 10 besten Ökologie-/Nachhaltigkeits-Aktienfonds der letzten 5 Jahre
Quelle: BÖRSE ONLINE
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