Herber Rückschlag für Facebooks geplante Kryptowährung: Immer mehr Unternehmen kehren dem Vorhaben mittlerweile den Rücken. Zudem verstärkt sich der Gegenwind aus der Politik. Damit stellt sich die Frage, ob Libra überhaupt das Licht der Welt erblickt.
14.10.2019 | 15:30 Uhr von «Christian Bayer»
Wichtige Firmen, die beim Kryptowährungsprojekt von Facebook mit an Bord waren,
springen nun ab. Nachdem PayPal den Anfang machte und seinen Rückzug erklärt
hatte, verabschieden sich nun eBay, Visa, Mastercard und der
Online-Zahlungsdienstleister Stripe. Der Zeitpunkt kam nicht von ungefähr. Am
heutigen Montag tagt die in Genf ansässige Libra Association zu
organisatorischen Fragen über die weitere Entwicklung des Projekts. Besonders
schmerzhaft dürfte für Facebook der Rückzug von Visa und Mastercard sein. Die
Firmen hätten der Kryptowährung eine wichtige Schnittstelle zum traditionellen Zahlungsdienstleistungssektor
geboten.
Am 23. Oktober wird sich Facebook-Chef Zuckerberg in einem Ausschuss des
US-Repräsentantenhauses über Libra äußern. Klar ist, dass der Druck seitens der
Politik in den USA auf Unternehmen immer stärker geworden ist, das Projekt
fallenzulassen. So kündigten US-Senatoren in einem offenen Brief an die CEOs
von Unternehmen, die Facebook bei der Umsetzung unterstützen wollten, an, dass diese
mit massiver Kontrolle ihrer kompletten Zahlungsaktivitäten rechnen müssten. Starken
Regulierungsdruck kündigte auch die Bank of England an und äußerte die
Befürchtung, dass möglicherweise durch Libra die Stabilität des Finanzsystems
in Frage gestellt werden könnte. In Deutschland sieht Bundesfinanzminister
Scholz die Souveränität der Staaten bei der Ausgabe von Währungen durch Libra in
Gefahr. Politiker fürchten zudem, dass die Kryptowährung verstärkt zur
Geldwäsche und Terrorfinanzierung genutzt werden könnte. Facebook versucht die kritischen
Stimmen zu entkräften. Libra soll, zur Gewährleistung von Stabilität, über
Staatsanleihen und einen Korb von Hart-Währungen abgesichert werden. Zudem
wolle man sich sinnvollen Regulierungsbestrebungen nicht verschließen, so
Facebook.
Der ehemalige PayPal-Chef David Marcus, der bei Facebook für die Entwicklung
des Libra-Projekts verantwortlich ist, versucht weiter Optimismus zu verbreiten
und äußerte, dass durch den Abgang der Partner keine voreiligen Schlüsse zum
Schicksal von Facebooks Kryptowährungs-Plan gezogen werden könnten. In einer
Studie der DZ-Bank weist die Genossenschaftsbank darauf hin, dass es noch
völlig unklar ist, welche Rolle Libra im Finanzsystem spielen wird und welche
Gefahren daraus resultieren können. Wenn Facebook als weiterer Konkurrent zu
bisherigen Zahlungsdienstleistern, nur eben auf Basis einer Kryptowährung,
auftreten würde, wäre der Einfluss auf das Finanzsystem gering. Am stärksten
wäre die Gefahr, wenn Libra verstärkt im Alltag genutzt und nationale Währungen
durch Umtausch in die Kryptowährung an Bedeutung verlieren würden. In diesem
Fall könnte aus Sicht der DZ-Experten die Steuerungsfunktion der Notenbanken in
der Geldpolitik leiden.
Während Politiker vorrangig die Regulierung von Libra im Auge haben, denken Notenbanken über die Emission von eigenen Crypto-Coins nach. In einer Untersuchung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die selbst zu den stärksten Gegnern von Kryptowährungen gehört, wird darauf verwiesen, dass die Mehrheit der Notenbanken an entsprechenden Projekten arbeitet. Allerdings ist ungewiss, ob die Pläne tatsächlich realisiert werden. Gegenwind für Libra dürfte auch aus China bekommen. Die chinesische Regierung würde wohl nicht tatenlos zusehen, dass eine Kryptowährung mit globaler Bedeutung unter Führung US-amerikanischer Unternehmen eingeführt wird. Die Frage, ob Libra ein Erfolg wird oder Facebook mit diesem Projekt als Tiger gesprungen und als Bettvorleger enden wird, ist offen. Klar ist, dass momentan Akteure aus Wirtschaft, Politik und Notenbanken vor dem Hintergrund unterschiedlicher Interessen miteinander konkurrieren, und das mit offenem Ausgang.
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