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Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

Der steinige Weg zur EU-Kapitalmarktunion

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: die Komplexität der Simplifizierung.

20.10.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

Bundeskanzler Merz hat am vergangenen Donnerstag den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Börse und eine stärkere europäische Finanzaufsicht gefordert. Wow. Da hat einer aber mal die richtigen Worte gefunden. Jetzt müssen nur noch Taten folgen. Denn wie schön wäre es, wenn die Europäische Union hier endlich geeint wäre. Oder wenigstens einig. Wir Europäer bringen die besten Voraussetzungen mit, eine sehr viel wichtigere Rolle auf der Welt zu spielen, als wir es derzeit tun. Wir haben, gemessen an der Kaufkraft, den größten Binnenmarkt weltweit. Und wir haben starke, innovative Unternehmen, viele darunter auch von internationalem Rang. Aber es könnten noch viel mehr sein. Und sie könnten auch deutlich konkurrenzfähiger sein gegenüber den zunehmend aggressiven Wettbewerbern China und USA, wenn sie finanzstärker wären und nicht täglich mit einem Wirrwarr an unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Ländern der EU zu kämpfen hätten. Doch sowohl einzelne Mitgliedstaaten mit ihren nationalen Egoismen als auch die EU mit ihrer komplexen Struktur machen es den Unternehmen auf diesem Kontinent leider unnötig schwer. 

Ein heißes Thema in diesem Zusammenhang ist die immer noch unvollendete EU-Kapitalmarktunion. Die wichtigsten beiden Ziele dieser Idee sind erstens, eine einheitliche rechtliche Basis für alle Unternehmen in der EU zu schaffen und ihnen zweitens uneingeschränkte Kapitalverkehrsfreiheit zu gewähren. Freies Kapital für freie Unternehmen. Es wäre ein großer Schritt auf dem Weg zu einem geeinten, starken Europa. Und ein sehr wichtiger. Denn unsere Uneinigkeit führt dazu, dass ausländische Konkurrenten im EU-Binnenmarkt Vorteile gegenüber EU-Unternehmen haben. Um das einmal an einem praktischen Beispiel deutlich zu machen: Selbst große europäische Banken können nicht frei Kapital zwischen ihren nationalen Töchtern hin- und her transferieren, etwa um Kapital aus einer starken Region zu nutzen, um in einer anderen Region in die dortige Tochter zu investieren. Sie sind also selbst dann, wenn sie viele europäische Beteiligungen und/oder Töchter haben, im Vergleich zu großen chinesischen oder US-Instituten im Nachteil. Die Folge: Der zersplitterte EU-Bankenmarkt sorgt dafür, dass Europa seine PS einfach nicht auf die Straße bekommt. Im Hintertreffen sind europäische Unternehmen auch an den Börsen in Europa. Es gibt zu viele davon. Die meisten Länder gönnen sich eine eigene Börse – oder sogar mehrere davon. Deutschland ist ein gutes Beispiel dafür. Neben Frankfurt buhlen etwa auch Stuttgart, München oder Berlin um Anlegergeld. Die Folge: Die Liquidität der einzelnen Börsen ist insbesondere im Vergleich zur starken Konkurrenz in den USA viel zu niedrig. Aussichtsreiche, hoch bewertete europäische Startups gehen deshalb lieber in New York an die Börse als in Frankfurt – von Paris, Mailand oder Madrid ganz zu schweigen.

Insofern kommt Merz´ Vorschlag zur rechten Zeit. Jetzt geht es darum, dass Deutschland nun auch aktiv vorangeht und etwa die BaFin in Frankfurt dazu bewegt, ihren Widerstand gegen eine stärkere europäische Finanzaufsicht aufzugeben. Dann würden vielleicht auch kleinere EU-Länder wie Luxemburg, Zypern und Irland folgen, die sich bisher vor allem aus nationalem Egoismus gegen eine einheitliche Aufsicht sträuben – allerdings aus genau gegenteiligen Gründen als die BaFin. Während die deutschen Aufseher die Vorgaben der europäischen ESMA bisher übergenau umsetzen und oft noch verschärfen, punkten die Finanzstandorte Luxemburg, Zypern und Irland damit, EU-Regulierungsvorgaben zu Finanzgeschäften eher weit auszulegen und großzügig zu beaufsichtigen.

Es wäre ein riesiger Schritt nach vorne, wenn diese Ungleichheiten ein Ende hätten. Europa kann sich angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen nationale Egoismen nicht mehr leisten. Immerhin hat man das in Brüssel erkannt. Man hat verschiedene Arbeitsgruppen ins Leben gerufen. Unter dem Stichwort „Simplification“ sollen Wege gefunden werden, die Bankenregulierung und die Aufsicht zu vereinfachen. Involviert sind die Europäische Kommission, die EZB und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA). Ergebnisse liegen noch keine vor. Simplifizierung ist leider ein komplexes Thema. 

Interessante Termine in den kommenden Tagen 

Am Dienstag treffen sich in China die Spitzenkader der regierenden KP zum zweiten Mal in dieser Woche im Rahmen des „Vierten Plenums der Kommunistischen Partei Chinas“. Heute fiel der Startschuss für die Veranstaltung. Hinter verschlossenen Türen beraten die Funktionäre über den kommenden Fünf-Jahres-Plan (FJP), den der Volkskongress später im März bei seiner jährlichen Tagung durchwinken wird. In den 15. FJP schreibt die Führung der Volksrepublik ihre wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ziele für die Jahre 2026 bis 2030 hinein. In Zeiten von Handelskonflikten, der Klimakrise, wirtschaftlichen Problemen und Forderungen, Chinas Konsum zu verbessern, stehen die Kader unter genauer Beobachtung. Das Treffen ist bis Donnerstag angesetzt. 

Am Mittwoch ist großer Quartalszahlen-Tag. Unter anderem veröffentlichen Unternehmen wie Tesla, IBM, SAP, Carrefour, Hermes, Barclays und UniCredit ihre Ergebnisse im dritten Quartal 2025. 

Am Donnerstag geht der Quartalsbericht-Marathon in die nächste Runde, unter anderem mit Zahlen aus den Unternehmen Beiersdorf, MTU, Vinci, Renault, Unilever und Roche. Darüber hinaus wird der EuGH in Luxemburg ein Urteil verkünden, das in der Reisebranche große Beachtung finden wird: Es geht um die Klage von zwei Pauschalreisenden aus Polen, die von ihrem Reiseanbieter die vollständige Rückzahlung des Reisepreises und darüber hinaus eine Entschädigung verlangen. Hintergrund: Während ihres All-Inclusive-Aufenthalts in einem 5-Sterne-Hotel an der albanischen Mittelküste fanden umfangreiche Abriss- und Bauarbeiten auf dem Hotelgelände statt. Auch das Angebot von Mahlzeiten war eingeschränkt. Das mit dem Streit befasst polnische Gericht hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Auslegung der EU-Pauschalreise-Richtlinie gebeten. Sollten die Kläger Recht bekommen, hätte dies weitreichende Folgen für die Tourismus-Branche. 

Am Freitag veröffentlichen S&P Global und die Hamburg Commercial Bank (HCOB) aktuelle Zahlen zum Composite PMI. Dieser Index wird monatlich veröffentlicht und gilt als wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Aktivität in der Eurozone – sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor. Grundlage des Index sind Umfragen unter Führungskräften, wobei jede Antwort nach der Unternehmensgröße und dessen Beitrag zur Gesamtproduktion des jeweiligen Sektors gewichtet wird. Die Befragten geben an, wie sich bestimmte Geschäftsfaktoren im laufenden Monat im Vergleich zum Vormonat verändert haben. Die Ergebnisse können frühzeitig Hinweise auf Trends in wichtigen volkswirtschaftlichen Kennzahlen wie dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), der Industrieproduktion, der Beschäftigung und der Inflation geben. Die gute Nachricht lautet: Seit Mitte des Jahres deutet der Index auf eine leichte allgemeine Expansion der privaten Wirtschaft hin. Am Freitag wird sich zeigen, ob der Trend weiter anhält.

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