TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: Die US-Notenbank schlingert in die Bedeutungslosigkeit.
03.11.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»
Rückblick auf die vergangene Woche
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat in der vergangenen Woche zwei wichtige Entscheidungen getroffen. Erstens: Der Leitzins wurde am Mittwoch wie erwartet um 25 Basispunkte gesenkt. Zweitens: Die Institution wird in ihrer Abteilung für Bankenaufsicht bis zum Ende des kommenden Jahres jeden dritten Mitarbeiter entlassen. Die Chefin der Sparte, Michelle Bowman, hat am Donnerstag erklärt, dass man auf natürliche Fluktuation, Ruhestand und Abfindungsangebote setze. Die Schrumpfung der Bankenaufsicht ist dabei nur ein erster Schritt. Insgesamt will die Fed in den kommenden Monaten zehn Prozent ihrer Stellen streichen. Damit folgt die US-Zentralbank den Forderungen von Donald Trump, dem die bisher unabhängige Fed ohnehin nur ein Dorn im Auge ist. Ginge es nach ihm, würde der Leitzins von nun aktuell vier Prozent ohne Zwischenschritte auf ein Prozent gesenkt werden. Die Fed wehrt sich noch dagegen. Das Gremium will seine Entscheidungen nicht aufgrund politischer Einwürfe fällen, sondern lieber statistische Marktdaten analysieren, um die angemessenen Maßnahmen zu treffen.
Das Problem dabei: Seit dem Beginn des Shutdowns fehlen der Notenbank wichtige Daten – darunter ausgerechnet verlässliche Zahlen zur Entwicklung der Inflation. Die zuständige staatliche Statistikbehörde befindet sich derzeit im Tiefschlafmodus. Doch bereits vor dem Inkrafttreten der aktuellen Haushaltssperre hat die Fed ihrem Inflations-Kompass nur noch bedingt vertrauen können. Denn die Messung des Anstiegs der Verbraucherpreise (CPI) in den USA beruht schon seit Monaten zu großen Teilen auf Schätzungen. Hintergrund: Eine der ersten Amtshandlungen Donald Trumps im Januar war es, dem Büro für Arbeitsmarktstatistik (BLS) das Budget drastisch zusammenzustreichen. Das BLS, das den CPI erhebt, muss deshalb seine Umfragen landesweit zunehmend einschränken. Große Städte fallen dabei durchs Raster. Um überhaupt noch Inflationsdaten liefern zu können, schätzt die Behörde inzwischen rund ein Drittel der Zahlen. Ohne verlässliche Erhebungsbasis. Einfach so. Man könnte zugespitzt auch sagen: Alle Spiel- und Spieler-Statistiken zum American Football sind derzeit genauer als der CPI, der eher so einem in Zahlen gefassten Bauchgefühl der noch nicht entlassenen Mitarbeiter der BLS entspricht.
Wobei ergänzt werden muss, dass Trumps DOGE-Truppe in der Bundesbehörde vor allem solchen Mitarbeitern die Kündigung nahelegt, die sich ausdrücklich nicht zur MAGA-Bewegung des Präsidenten bekennen. Der Shutdown macht es den Aufräumkommandos des Präsidenten derzeit besonders leicht. Wer kein Gehalt bezieht, ist in der Regel leichter zu motivieren, den Arbeitgeber zu wechseln. Zumal Donald Trump auf seinem privaten Verkündungskanal „Truth Social“ betonte, dass ausgefallene Gehälter nicht nachgezahlt werden sollen. Insofern ist der Shutdown für die Statistikbehörde derzeit nur eine Art Brandbeschleuniger für das BLS.
Auch wenn die Behörde ihre Arbeit irgendwann wieder aufnehmen wird, kann die Fed den CPI als Entscheidungsgrundlage deshalb kaum noch gebrauchen. Aber wozu auch? Fakten sind in den USA mittlerweile ohnehin deutlich weniger wert als Meinungen, Vermutungen und natürlich der Glaube. Da ist es nur konsequent, Zinsentscheidungen in Zukunft aufgrund eines Bauchgefühls zu treffen – oder sich gleich selbst abzuschaffen. Die Fed ist auf dem besten Weg dorthin.
Interessante Termine in den kommenden Tagen
Am Dienstag stellen Deutsche Bank und DWS in Frankfurt ihren „Altersvorsorge-Report 2025“ vor. Für den Report wurden Bürgerinnen und Bürger in Deutschland unter anderem gefragt, ob und wie sie privat für das Alter vorsorgen. Oder was sie daran hindert, es zu tun. Außerdem: Wie beurteilt die Bevölkerung aktuelle Vorhaben wie die Frühstart-Rente, und in welchem Maß sieht sie die Generationengerechtigkeit gewährleistet? Spannende Fragen. Man darf sich auf die Antworten freuen.
Am Mittwoch findet eine Anhörung vor dem Supreme Court zu Trumps Zöllen statt. Ein Berufungsgericht hatte dem US-Präsidenten zuletzt die Befugnis abgesprochen, unter Berufung auf ein Notstandsgesetz weitreichende Zölle auf Importprodukte zu verhängen. Auch für Zölle gegen die EU hat sich Trump auf dieses Gesetz gestützt. Trump fechtet die Entscheidung vor dem Supreme Court an. Die Anhörung beginnt um 10 Uhr Ortszeit/16 Uhr MESZ.
Am Donnerstag will der Bundestag über eine unterirdische CO2-Speicherung und die Abschaffung der Gasspeicherumlage für Gaskunden entscheiden. Die Themen sind komplex und in größerem Zusammenhang zu sehen: Die Nutzung fossiler Brennstoffe soll in den kommenden Jahren teurer werden. Die angestrebte Klimaneutralität schafft sich nicht von allein. Gleichzeitig muss die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für mehr Wirtschaftswachstum verbessern. Dazu gehört es zweifellos auch, die Energiekosten für Verbraucher und Industrie zu senken. Im internationalen Vergleich ist Deutschland einer der teuersten Orte. Gas und Öl werden noch immer gebraucht. Was also tun? Insofern wird die Entscheidung des Bundestags wegweisende Bedeutung für unser Land haben.
Am Freitag veröffentlicht das Kraftfahrt-Bundesamt seine aktuellen Statistiken zu Auto-Neuzulassungen im Oktober. Es wird interessant sein, wie sich der Trend hin zu Elektro weiterentwickelt. Im September waren nicht einmal mehr 40 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge reine Diesel- oder Benzin-getriebene Autos. Gleichzeitig sorgen die Bremskräfte der Automobilindustrie und vor allem die Unentschlossenheit der Bunderegierung in Bezug auf die Förderung der Elektromobilität für große Verunsicherung bei den Verbrauchern. Denn nicht einmal jede fünfte Neuzulassung ging zuletzt auf das Konto reiner Elektrofahrzeuge. Dafür war fast jeder dritte neu zugelassene PKW zuletzt ein Hybrid-Fahrzeug und jeder zehnte Wagen ein Plug-in-Hybrid – aus ökologischer und fiskalpolitischer Sicht die schlechteste aller Optionen.
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