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Interview

Wirecard: Tilp-Anwalt Maximilian Weiss im Interview - "Wir werden Zeuge eines der größten Wirtschaftsprozesse aller Zeiten"

Die Anwaltskanzlei Tilp hat bereits im Mai die erste Schadensersatzklage in Deutschland gegen Wirecard eingereicht. Tilp-Anwalt Maximilian Weiss nimmt nun auch den Vorstand unter dem zurückgetretenen Chef Markus Braun ins Visier.

24.06.2020 | 13:10 Uhr von «Wolfgang Ehrensberger»

1,9 Milliarden Euro fehlen in der Wirecard-Bilanz. Wie hoch schätzen Sie das insolvenzrisiko ein?

Maximilian Weiss: Zur Frage des Insolvenzrisikos äußern wir uns nicht. Wir gingen aber schon zuvor davon aus, dass das Geld nicht verschwunden ist - weil wir Grund zu der Annahme hatten, dass das Geld nie da war.

Werden Sie die Klage nach der jünsgten Zuspitzung ausweiten?

Wir klagen kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche gegen Wirecard ein. Daneben werden wir womöglich noch weitere Haftungsgegner ins Boot holen, etwa Ex-Vorstände. Schon jetzt sind wir aber sicher: Wir werden mit Wirecard Zeuge eines der größten Wirtschaftsprozesse aller Zeiten. Ich rechne mit Schadensersatzansprüchen von zwei Milliarden Euro.

Warum verklagen Sie nicht auch gleich EY, die Wirtschaftsprüfer von Wirecard?

Wir haben EY ebenso im Visier wie andere Haftungsgegner. Wir haben uns ein Jahr vorbereitet, dass bei Wirecard eine Bombe platzt. Jetzt gegen EY zu klagen, wäre aber verfrüht. Aber EY läuft uns nicht weg. Ein guter Jäger schießt, wenn alles passst.

Mit was ist der Fall Wirecard vergleichbar? Etwa dem Comroad-Skandal aus der Zeit des Neuen Marktes, wo Chef Bodo Schnabel wegen Betrugs zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde?

Comroad, Infomatec, EM.TV - es gab leider viel zu viele solcher Fälle zu Zeiten des Neuen Marktes. Immerhin hat sich seitdem einiges getan. Vor allem hat der Gesetzgeber das Haftungsregime zum Wohl der Aktionäre deutlich verschärft. Die Werkzeuge nutzen wir jetzt, um den Wirecard-Geschädigten möglichst viel Geld zurückzuholen.

Wirecard kämpft um seine Existenz

Der Bilanzskandal beim Zahlungsabwickler Wirecard nimmt immer größere Ausmaße an. Das Unternehmen erklärte zu Wochenbeginn, dass die in der Bilanz fehlenden 1,9 Milliarden Euro mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" nicht existierten. Wirecard verhandelte intensiv mit seinen Banken um die Fortführung der Kreditlinien, um den Geschäftsbetriebe aufrechterhalten zu können. Allein die Commerzbank, die LBBW und die ING sollen laut Finanzkreisen mit jeweils 180 Millionen Euro involviert sein. Eine Invsolvenz von Wirecard gilt als nicht ausgeschlossen. Die Wirecard-Aktie stürzte am Montag weiter fast 40 Prozent auf 16 Euro ab. In der Vorwoche hatte das Papier über 70 Prozent verloren, nachdem die Bilanzvorlage zum vierten Mal verschoben wurde, weil die Wirtschaftsprüfer EY eine 1,9 Milliarden-Lücke in der Bilanz entdeckt hatten.

Aufsicht räumt Fehler ein: "Eine Schande"

Der Fall wirft auch ein schlechtes Licht auf die Finanzaufsicht Bafin und die Wirtschaftsprüfer EY, die das Zahlenwerk erst nach einer externen Sonderprüfung genauer überprüften. Bafin-Chef Felix Hufeld räumte am Montag Fehler ein. Was dort passiert sei, sei ein "totales Desaster", sagte Hufeld. "Es ist eine Schande, dass so etwas passiert ist." Private und öffentliche Institutionen, inklusive seiner eigenen Behörde, hätten versagt, sagte Hufeld. Zur Frage, ob Wirecard seine Banklizenz behält, wollte sich die Bafin auf Anfrage nicht äußern. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sprach am Montag mit Blick auf Wirecard von einem "ernsten Problem für die Aktienkultur und die Corporate Governance in Deutschland".

Derweil könnte mit Wirecard nach der Lufthansa innerhalb kurzer Zeit ein weiterer Konzern aus dem DAX absteigen. Die nächste Index-Überprüfung der Deutschen Börse steht am 3. September an. Ein sofortiger DAX-Ausschluss ist beispielsweise bei einer Insolvenz möglich. Kursverfall, ein fehlendes Testat oder ein fehlender Jahresabschluss allein sind noch kein Grund. Die Deutsche Börse wollte sich auf Anfrag nicht konkret dazu äußern, wann Wirecard den DAX verlassen könnte.

Die vor allem in der "Financial Times" erhobenen Manipulationsvorwürfe hatten 2019 mehrfach drastische Kursstürze ausgelöst. Im September 2019 hat der Aufsichtsrat die Wirtschaftprüfung KPMG mit einer Sonderprüfung beauftragt. Das Ergebnis wurde Ende April 2020 vorgelegt. Die Prüfer beklagten fehlenden Datenzugang und nicht nachvollziehbare Zahlungen. Nach der erneuten Verschiebung der Bilanz am 18. Juni trat Wirecard-Chef Markus Braun am vergangenen Freitag zurück. Er hatte Manipulationen stets bestritten und sah sein Unternehmen als Opfer von Leerverkaufs-Attacken.

Klagewelle rollt

Die juristische Aufarbeitung des Skandals ist in vollem Gang. "Sicher ist bereits jetzt, dass wir mit dem Fall Wirecard Zeugen eines der größten Wirtschaftsprozesse aller Zeiten werden", sagte Anwalt Maximilan Weiss von der Kanzlei Tilp. Auch die Fondsgesellschaften DWS und Union Investment, die zeitweise zu den größten Wirecard-Aktionären gehörten, haben Klagen angekündigt. Die Staatsanwaltschaft München prüft nach Angaben von Montag eine Ausweitung ihrer Ermittlungen. "Wir prüfen alle in Betracht kommenden Straftaten", sagte eine Behördensprecherin.

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