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„Chinesische Aktien sind eine verlockende Gelegenheit“

Patrick McKenna ist für das Portfoliomanagement von Mediolanums Multi-Manager-Strategien zuständig.
Interview

Patrick McKenna ist für das Portfoliomanagement von Mediolanums Multi-Manager-Strategien zuständig. Im Interview spricht über die aktuellen Chancen in Schwellenländern und warum man China nicht abschreiben darf.

08.11.2023 | 12:15 Uhr

TiAM FundResearch: Aktien aus Schwellenländern gehören auch 2023 nicht zu den Gewinnern. Sind EM-Aktien, insbesondere chinesische, jetzt unterbewertet?

Patrick McKenna: Die USA haben sich in diesem Jahr aufgrund des Anstiegs der großen Technologiewerte besonders gut entwickelt. Wir gehen davon aus, dass die Marktrallye auf andere Sektoren übergreifen wird. Es wurde viel über Chinas kränkelnde Wirtschaft nach der Covid-Pandemie geschrieben, aber für langfristige Anleger sind chinesische Aktien attraktiv, da sie an der diesjährigen Marktrallye nicht teilgenommen haben. Der Hauptgrund dafür ist, dass die wirtschaftliche Erholung in China im Vergleich zu Europa und den USA enttäuschend ausgefallen ist. Allerdings hat die chinesische Regierung reagiert und bereits einige wirtschaftliche Anreize eingeführt.

Sollte man China also noch nicht abschreiben?

Nein, für langfristig orientierte Anleger, die an das Wachstumspotenzial Chinas glauben und davon ausgehen, dass das Land im nächsten Jahrzehnt die USA überholen und zur größten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen wird, ist eine strategische Position in chinesischen Aktien heute eine verlockende Gelegenheit.

Sollten Anleger angesichts des Handelskriegs mit den USA und dem IRA wirklich dort investieren?

Die jüngste Sitzung des Politbüros der chinesischen Regierung hat positive Signale zur Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen ausgesandt. Wachstumsrisiken wie die schwache Nachfrage und die hohe Jugendarbeitslosigkeit wurden anerkannt und gezielte Maßnahmen zur Ankurbelung des Konsums, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Bewältigung von Immobilienrisiken versprochen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Politik dem Wirtschaftswachstum Priorität einräumt.

Die Reindustrialisierung in den USA ist also keine Gefahr für China?

Sicherlich können die USA einige Erfolge bei der Reindustrialisierung vorweisen. Aber die wirtschaftliche Prosperität sowohl Chinas als auch der USA ist entscheidend für das globale Wirtschaftswachstum. Die USA sind zum Beispiel führend im Bereich der künstlichen Intelligenz, während China führend im Bereich der Hochtechnologie und der fortgeschrittenen Fertigung ist. Es wird Spannungen und Rhetorik geben, da beide die Nummer eins sein wollen, aber auf lange Sicht werden beide gebraucht, und sie brauchen einander. Anleger sollten darauf achten, dass sie die längerfristigen Trends der einzelnen Märkte in ihren Portfolios nutzen.

Die chinesische Mittelschicht gilt seit jeher als einer der Wachstumsmotoren. Ist das trotz der Probleme in China immer noch so?

Die Ersparnisse und Bareinlagen der chinesischen Haushalte sind auf Rekordniveau, aber das Verbrauchervertrauen ist nicht so stark wie erwartet. Der Aufholeffekt nach der Wiedereröffnung war nicht so stark wie im Westen. Die Ersparnisse waren hier Einkommen und nicht das Ergebnis staatlicher Subventionen, so dass die Verbraucher zurückhaltender mit ihren Ausgaben waren. Dies galt jedoch nicht für die wohlhabenden Chinesen, die im Zuge der Wiederöffnung des Landes mit Begeisterung konsumierten. Europäische Luxusunternehmen wie LVMH verdanken einen Großteil ihrer Gewinne der extrem starken Nachfrage aus China. Der internationale Tourismus normalisierte sich jedoch nur langsam. Die Inlandsflüge haben sich schneller wieder normalisiert, während die internationalen Flüge immer noch unter dem Niveau vor dem COVID liegen, obwohl sie von Monat zu Monat zunehmen.

Sie zeichnen kein so düsteres Bild von China. Dennoch haben sich viele Investoren von China abgewandt.

Obwohl die negativen Nachrichten aus China in letzter Zeit die globalen Anleger verunsichert haben, bleiben wir in Bezug auf China konstruktiv. In unserem Best Brands Chinese Road Opportunity Fund investieren wir bevorzugt in attraktive Themen, die das Potenzial haben, die Wirtschaft zu übertreffen, wie z.B. Digitalisierung, erneuerbare Technologien, Elektrofahrzeuge, Automatisierung, Biotechnologie, Sparanlagen - Privatkundengeschäft, Metaverse / generative KI. Denn wir glauben, dass die chinesischen Politiker innovative Lösungen und Wege finden müssen, um das Konsumklima und den Wohlstand in China zu verbessern. Daran führt kein Weg vorbei.

Welche Regionen sind aus Investorensicht derzeit besonders attraktiv und welche nicht?

Aus fundamentaler Sicht sind die asiatischen Märkte unterschiedlich bewertet, da die Halbleiterindustrie, die den koreanischen und taiwanesischen Markt dominiert, zusammen mit dem globalen KI-Thema einen Aufschwung erlebt. Die Wachstumsaussichten für Indonesien verbessern sich ebenfalls, da das Land in der Metallwertschöpfungskette aufsteigt. Die Wertschöpfungskette reicht nun von Erzen über verarbeitete Metalle bis hin zu Elektrofahrzeugen. Außerhalb Asiens haben sich die Wachstumsaussichten in Lateinamerika, insbesondere in Brasilien und Mexiko, aufgrund von Nearshoring-Trends und einer Zunahme ausländischer Direktinvestitionen deutlich verbessert, da die Unternehmen ihre globalen Lieferkettenstrategien anpassen.

Was halten Sie von der Golfregion?

Die Länder des Golfkooperationsrates (GCC) haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ihr Anteil am MSCI EM stieg von 1,5% vor fünf Jahren auf über 8% im Jahr 2023. Die Länder profitierten von höheren Ölpreisen und einem Tourismusboom.

Emerging-Markets-Anlagen bleiben also ein Muss für Anleger?

Insgesamt bieten Aktien aus Schwellenländern interessante Anlagemöglichkeiten. Günstige demografische Entwicklungen und die Urbanisierung unterstützen das langfristige Wachstum, insbesondere durch jüngere, gebildete und technologieaffine Konsumenten. Und immer mehr Länder entwickeln sich sehr positiv. So wird beispielsweise Indien von Anlegern zunehmend als interessanter Wachstumsmarkt entdeckt.

Zur Person:

Patrick McKenna ist für das Portfoliomanagement von Mediolanums bewährten Multi-Manager-Strategien zuständig. Zudem arbeitet er eng mit dem Team für die Managerauswahl zusammen und ist in alle Aspekte des Investmentprozesses eingebunden sein – von der Asset-Allokation über die Fondsauswahl bis hin zur Portfoliokonstruktion.

Vor seinem Wechsel im Jahr 2020 zu Mediolanum war McKenna für den britischen Vermögensverwalter Saunderson House tätig. Dort leitete er die Managerauswahl und das makroökonomische Research für Europa-, Asien- und Schwellenmarktaktien. In seinen Verantwortungsbereich fiel zudem die Erstellung von Modellportfolios, wobei er eng mit der Leitung der Investment-Abteilung zusammenarbeitete.

McKenna begann seine Karriere im Bankwesen bei Goldman Sachs, bevor er zu Aon wechselte, wo er über fünf Jahre lang im delegierten Investmentteam arbeitete. Dort verwaltete er institutionelle Portfolios für ein breites Kundenspektrum, von kleinen leistungsorientierten Pensionsplänen bis hin zu großen staatlich unterstützten Investitionsprogrammen. Darüber hinaus war er während seiner Zeit bei Aon für die Konstruktion und Verwaltung von Multi-Manager-Aktienfonds mit High-Conviction-Ansatz verantwortlich.

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