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Uwe Rathausky: „Vereinzelt sehen wir schon wieder Einstiegskurse"

Uwe Rathausky
Fonds

Der Zollkonflikt bringt die Börsen weltweit unter Druck. Uwe Rathausky, Mitgründer der GANÉ AG, spricht im Interview über die Folgen für die Märkte sowie den GANÉ Value Event Fund und GANÉ Global Equity Fund, die er mit seinem Kollegen Henrik Muhle managt

08.04.2025 | 09:45 Uhr von «Peter Gewalt»

Herr Rathausky, Trump hat die Welt mit Zöllen überzogen – wie beeinflussen diese Themen ihr Handeln derzeit beim GANÉ Value Event Fund und beim GANÉ Global Equity Fund, etwa bei der Titelauswahl oder regionalen Gewichtung?

Uwe Rathausky: Derzeit überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und die Volatilität ist enorm hoch. In solchen Momenten gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren, eine langfristige Perspektive einzunehmen und zu schauen, ob die den einzelnen Investments zugrunde gelegten Annahmen weiterhin Gültigkeit besitzen.

Besitzen Ihre Annahmen denn weiterhin Gültigkeit?

Im Grunde schon. Wir haben bereits vor einiger Zeit das Portfolio angepasst. Zum Beispiel mit Ausrichtung auf US-Unternehmen, die wie Paycom, Ulta Beauty, Ferguson und Berkshire Hathaway fast ausschließlich in den USA tätig sind. Oder Unternehmen, die wie Geberit, RTL und Ionos kaum oder gar kein Geschäft in den USA machen. Firmen, die wie Sika und Roche in den USA für den lokalen Markt produzieren oder wie Munich Re und Allianz nicht in den Zielbereich des Protektionismus fallen, sind ebenfalls ganz bewusst im Portfolio vertreten.

Kann man damit quasi zollfrei in Aktien investieren?

Nein, das geht aus verschiedenen Gründen nicht. Sollte der Zollstreit zu einem Handelskrieg eskalieren, dann sind die genannten Unternehmen von den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, möglicherweise von einer Rezession, ebenso betreffen. Und je größer die Panik an der Börse ist, desto weniger unterscheidet der Kapitalmarkt nach mittelbarer und unmittelbarer Betroffenheit. Hinzu kommt, dass wir in manchen Fällen die unmittelbaren Auswirkungen bewusst nicht vermeiden möchten. Im Konsumgüterbereich finden wir einzelne Investments, die wie Nike und Hugo Boss von den Zöllen direkt betroffen sind, dafür aber bereits sehr stark abgestraft wurden. Sie sind frei von Finanzschulden, anpassungsfähig und werden historisch betrachtet zu einem Schnäppchenpreis gehandelt.

Welche Unternehmen meiden Sie?

Einerseits ist es gerade in solchen Marktphasen wichtig, in robuste Geschäftsmodelle mit krisenresistenter Kapitalausstattung und hohen Margen und Rentabilitäten zu investieren. Wer ein schwaches Geschäftsmodell und eine anfällige Bilanz besitzt, dem wird der Wind nun eisig entgegenschlagen. Die Frage ist aber auch, ob wir nun in ein neues Zeitalter eintreten. Eines der Fragmentierung, in dem nationale Interessen wichtiger sein werden als die globale Zusammenarbeit, wie wir sie bisher gekannt haben. Ich sage nicht, dass es so kommt, aber es würde für viele Unternehmen, ihre Margen und Bewertungen bedeuten, dass es keine Rückkehr zum Mittelwert, keine „Mean Reversion“ geben wird. Deswegen ist es für uns sehr wichtig, dass wir nicht den alten Denkmodellen nachhängen. Wir müssen in den jetzigen Verwerfungen und in den gefallenen Kursen unterscheiden zwischen echten und vermeintlichen Chancen.

Wie halten Sie es mit Technologieunternehmen?

Wir sind weiterhin investiert, aber nicht mehr so hoch gewichtet wie früher. Die ehemals „Glorreichen 7“ sind signifikant reduziert. Vereinzelt sehen wir aber schon wieder Einstiegskurse. Die operative Dynamik im Technologiebereich wird anhalten, angetrieben von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Allerdings besteht derzeit eine große Unsicherheit, ob sich der Zollstreit weiter ausweitet auf Bereiche wie Informationstechnologie und Datentransfer. Bisher stehen ja „nur“ bewegliche Wirtschaftsgüter im Fokus.

Rechnen Sie demzufolge mit einer weiterhin erhöhten Volatilität an den Börsen angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen?

Ja. Die Unsicherheit, also das Maß an Ungewissem ist enorm. Negative wie positive Nachrichten dürften in der nächsten Zeit täglich die Nachrichtenlage bestimmen.

Wie hoch ist Ihre Aktien- und Anleihequote im GANÉ Value Event Fund. Und weshalb?

Wir haben die Aktienquote antizyklisch etwas erhöht. Sie beträgt derzeit 70 Prozent. 30 Prozent sind liquide Mittel und Geldmarktersatzanleihen mit höchster Bonität und kurzer Laufzeit. Auf der Anleiheseite sind wir mit einer annualisierten Durchschnittsverzinsung von 4,1 Prozent, einem Rating von AA- und einer mittleren Laufzeit von 1,5 Jahren im Risk-Off-Modus.

Warum die Vorsicht bei Anleihen?

Die Risikospreads sind historisch niedrig, so dass wir bei längeren Laufzeiten und Abstrichen in der Bonität kaum mehr Rendite, sondern überwiegend mehr Risiken einkaufen würden. Bei Aktien finden wir dagegen einige Unternehmen, die uns stabile Ausschüttungsrenditen aus Aktienrückkäufen und Dividenden von fünf bis zehn Prozent jährlich bieten.

Welche Unternehmen sind das?

Prosus, Ulta Beauty, Paycom, Munich RE, Allianz und RTL zum Beispiel. Daneben sind Alphabet und Adobe große Rückkäufer eigener Aktien. Ihre Ausschüttungsrendite reicht fast an die fünf Prozent heran.

Wie unterscheidet sich die Aktienauswahl zwischen dem GANÉ Value Event und dem GANÉ Global Equity Fund? Gibt es Überschneidungen bei den Titeln?

Ja, es gibt einige Überschneidungen, aber auch Unterschiede. Die Basis bildet unser Value Event-Ansatz und unser GANÉ-Scoring-Modell. Wir unterscheiden drei Arten von unternehmensspezifischen Events: Veränderungen in der Kapitalstruktur, in der Aktionärsstruktur und operative Katalysatoren. Im Mischfonds sind wir diversifiziert über verschiedene Arten von Events, um sowohl Rendite- wie auch Volatilitätsziele zu berücksichtigen. Im Aktienfonds konzentrieren wir uns dagegen auf die dritte Event-Kategorie, auf Unternehmen mit langfristiger Margendynamik und einer hoher Kapitalrentabilität, nehmen dafür aber mehr Volatilität in Kauf.

Welche Ziele haben Sie mit dem GANÉ Value Event Fund und Ihrem Unternehmen?

Wir haben das Glück, dass wir seit 2007 unser Hobby zum Beruf machen können. Seither möchten wir über unsere Leistung wahrgenommen werden. Wir stellen unsere langfristige Performance und die Betreuung der Kunden in den Vordergrund, um als verlässlicher Partner wahrgenommen zu werden. Daran wird sich nichts ändern. Und das ist für uns viel wichtiger als explizite Ziele zu formulieren. Wir sehen ja gerade, wie dynamisch sich die Dinge in der Welt verändern und wie wenig man sich auf Vereinbarungen verlassen kann. In der großen Politik genauso wie im Kleinen.

Letzte Frage: Würden Sie in Rüstungsaktien investieren, wenn es denn nachhaltigkeitstechnisch für Ihre Artikel-8-Fonds erlaubt wäre?

In den letzten Jahren gab es einen großen Hype um ESG-Themen, der teilweise an der Lebensrealität vorbei ging; und jetzt erleben wir in den USA eine vollkommene Kehrtwende, die sich auch auf den Rest der Welt auswirken wird. Deswegen ist nicht auszuschließen, dass Rüstungsaktien demnächst ein grünes Siegel bekommen werden. Für uns spielt das aber keine Rolle. Wir sind traditionell in den Asset-light-Bereichen Software, IT, Konsum, Pharma und Finanzen investiert. Industrien wie Chemie, Maschinenbau oder Automotive meiden wir meist. Rüstungsunternehmen gehören also unabhängig von Artikel 8 nicht zu unseren Zielunternehmen.

Herr Rathausky, vielen Dank für das Gespräch.

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