Pictet AM: "Deglobalisierung - nur ein Mythos?"

Emerging Market Monitor „Asia’s repressible regionalism“ - Patrick Zweifel, Chefökonom von Pictet Asset Management, nimmt den “Mythos Deglobalisierung” kritisch unter die Lupe und erwartet, dass der Welthandel auch weiterhin das Wachstum in Asien voranbringen wird.

04.07.2023 | 14:35 Uhr

„Woher kommt der Mythos der Deglobalisierung? Pessimistische Kommentatoren konzentrieren sich auf die Tatsache, dass der Welthandel mit Waren im Jahr 2008 seinen Höhepunkt erreicht hat. Dabei lassen sie jedoch zwei Faktoren außer Acht: Erstens hat China im Zuge seiner Entwicklung einen Großteil seiner Fertigungsprozesse internalisiert. Früher musste ein Produkt der Unterhaltungselektronik vielleicht über die Grenze nach Taiwan und zurück transportiert werden, manchmal sogar zwei-, drei- oder mehrmals. Das zweite Versäumnis besteht darin, dass die Dienstleistungsexporte zwar an Bedeutung gewinnen, aber im Allgemeinen nicht in der Globalisierungsbilanz erfasst werden - der weltweite Handel mit Dienstleistungen hat sich seit 2008 fast verdoppelt.

Im Grunde schrumpft der Welthandel nicht, er verändert sich - zum Vorteil der asiatischen Volkswirtschaften. Das aufstrebende Asien hat jetzt alles, was es für ein nachhaltiges Wachstum braucht: Handel, Kapital, Wissen und Arbeit. China allein produziert 30% der weltweiten Industriegüter, während der Anteil Asiens bei 41% liegt, gegenüber 34% für die G7-Länder. Asiens Dominanz bei Industriegütern dürfte sich dank der engen Integration seiner Volkswirtschaften - nicht zuletzt durch Handelsabkommen wie ASEAN, die Transpazifische Partnerschaft und das RCEP - nur noch verstärken. Eine weitere Globalisierung könnte durch eine weitere Innovation ausgelöst werden - künstliche Intelligenz - und China ist bei dieser Technologie führend.

Gemeinsam können die asiatischen Länder sicherstellen, dass ihr Wachstum selbsttragend ist. Wachstumspotenzial bedeutet, dass Kapital in Strömen fließen wird - 2001 entfielen 10,2% der weltweiten Kapitalströme auf Asien, bis 2030 wird dieser Anteil auf 23,6% steigen. Im gleichen Zeitraum werden die Kapitalströme in die USA von 23,6% auf 18,5% zurückgehen. Wir schätzen, dass Asien, einschließlich Japan, bis 2030 33% des weltweiten BIP erwirtschaften wird, gegenüber 26% im Jahr 2000, während der Anteil der USA im gleichen Zeitraum von 32% auf 20% sinken wird. Und mit der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung Asiens wird es auch eine größere Rolle auf den globalen Finanzmärkten spielen. Das bedeutet eine zunehmende Einbeziehung in globale Anleiheindizes. Und es wird wahrscheinlich die Bildung eines faktischen Renminbi-Blocks nach sich ziehen. Im Jahr 2006 war die Korrelation zwischen der chinesischen Währung und den Währungen der anderen asiatischen Volkswirtschaften praktisch gleich Null. In letzter Zeit ist sie auf 20% angestiegen. Insgesamt macht der RMB-Block nun ein Viertel des weltweiten BIP aus, was der Eurozone entspricht, und mit der fortschreitenden Integration und Entwicklung der asiatischen Region wird dieser Anteil wahrscheinlich noch wachsen.“

Weitere Details finden Sie in der Originalpublikation in englischer Sprache hier.

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